Montag, 27. Juli 2020

Ich darf toben, schreien, wüten

Heute bin ich müde, erschöpft. Nicht nur körperlich sondern geistig. Heute kann ich das Licht nicht hochhalten. Ich stelle es auf den Boden. Es leuchtet ja dennoch. Halten schaff ich gerade nicht.

Ich höre Musik, was ich tatsächlich so gut wie nie mache. Eher ruhige und getragene Akustik. Wunderschöne Gitarrenklänge, das sanfte Zupfen an den Saiten.

Ich lehne mich an an Mutter Erde, lass mich halten und tragen, schließe die Augen und ruhe. Atmen, auftanken, sein. Heute kann da draußen passieren was will, ich klink mich aus, bin nicht da. 🙈🙉🕳

Gestern Nacht war die Wut so präsent und nicht nur meine. Es arbeitete ordentlich im Kiefer, in den Zähnen - unseren Waffen. Da floss was ab, kam etwas in Bewegung, was so lange gestaut war. Ich weinte, gähnte, machte intuitive Grimassen, wie progressive Muskelentspannung im Gesicht. So viel heiliger Zorn und Lebensenergie haben wir uns verboten. Wir durften so oft unsere Zähne nicht zeigen, nicht beißen und knurren, nicht unser Revier, unsere Grenzen verteidigen. Das will jetzt geschehen, das soll jetzt geschehen und bei so vielen steigt der innere Druck. Die Explosion naht immer mehr. Eine kollektive... Wie immer sie aussehen mag. Bei vielen fliegt der Hut schon und es werden immer mehr. 💥👒💥

Die Wut, die wir ablehnen oder unterdrücken, steht uns nicht als Lebenskraft zur Verfügung. Unterdrückte Wut ist gehemmte Lebensenergie.

Wenn ich nicht so müde wäre, wäre jetzt der passende Zeitpunkt mal wieder eine Brandrede zu halten. 😉 Für mich wurde einmal mehr klar, dass es gerade bei ganz vielen darum geht, laut sein zu dürfen, die Stimme für sich zu erheben, vielleicht auch Aufsehen in der Öffentlichkeit zu erregen, mal zu toben und zu schreien, seinen Platz offensichtlich einzunehmen, seine Meinung kundzutun auch auf die Gefahr hin, dass einen nicht jeder dafür feiert. Nele Zeidler hat gerade heute einen ganz wunderbaren Beitrag dazu geschrieben. Sichtbar werden mit all der Wut. Mutig zur eigenen Wut stehen. Sie will nicht wegtransformiert werden, nicht wegmeditiert, sie will genutzt werden, eingesetzt, ausagiert. Nicht gegen etwas oder jemanden, sondern FÜR mich. HIER ist meine Grenze und da kommt keiner drüber, die überschreitet niemand. 💥🛑💥✋💥

Kali will wirken, Lilith will brausen, Mars will rütteln und schütteln, der Widder will mit dem Kopf durch die Wand. Überall schreit es nach Befreiung, nach Befreiungsschlägen. Den inneren Durchbruch kann jeder nur für sich feiern. Den blinden Gehorsam kann jeder nur für sich beenden und sich mutig nach seinen eigenen Werten fragen und ausrichten. Die Krone kann sich jeder nur selbst aufsetzen. 👑 Ich trage meine Krone heute mal wieder im Liegen. ;) Geht auch gut. Königinnen müssen auch mal ruhen. Wenn ihr euer Feuer anzünden wollt, die Fackel steht da. Bedient euch. 😉

Foto: Canva
Text und Gestaltung: Anja Reiche