Mittwoch, 22. Juli 2020

Die Macht, die ich dem Mob gegeben habe

Gestern war mal wieder sterben angesagt. So richtig fett. Ich musste einkaufen. An sich nichts Schlimmes. Ich war jetzt schon so oft ohne Maske unterwegs und hab wirklich gute Erfahrungen gemacht. Eigentlich war ich damit nun schon recht entspannt. Nicht gestern. Gestern war so krass. Schon den ganzen Tag führte ich innere Dialoge, drehte mich im Kreis, sagte mir immer wieder, dass ich alles richtig mache, dass ich rechtlich auf der sicheren Seite bin. Mir am Montag ein Attest zu holen, ist irgendwie nichts geworden. Mein Darm spielte so verrückt, dass ich den Arzttermin nicht wahrnehmen konnte. Mein Weg scheint wohl komplett ohne Attest vorgesehen zu sein. Keine Maske, kein Attest, nur meine Wahrheit.

Bei all dem gedanklichen Im-Kreis-Drehen, das also gestern in mir stattgefunden hat, wurde ich wütend. Diese unbändige Wut, die einem brennende Tränen in die Augen treibt. Ich hatte keine Lust mehr darauf, geächtet zu werden, aufzufallen, in der Rechtfertigungsposition zu sein, die Aussätzige, die Verkannte, die mit Blicken getötet wurde, die Missachtung erfährt. (Mir ist klar, dass ich mir die Position selbst gebe, aber die Gefühle und Gedanken waren nun mal da.)

Mit dieser verzweifelten Wut bin ich also los. Das Herz klopfte bis zum Hals, der Mund trocken, die Hände zitterten, die Nerven auf Anschlag. Mir war schlecht, aber ich wusste, dass ich genau diese Gefühle jetzt brauchte, das es wichtig war, mich davon nicht abhalten zu lassen, sondern genau damit in den Laden zu gehen. Ich würde bis aufs Letzte für mich einstehen. Koste es, was es wolle. Am Eingang sagte ich mir innerlich tatsächlich "Gott, steh mir bei!". Ich weiß nicht, wann oder ob ich diesen Satz überhaupt schon mal gebraucht habe. Es musste also wirklich schlimm um mich stehen. ;)

Nach und nach packte ich meine Sachen in den Einkaufswagen, begegnete Menschen, dem Marktleiter. Alle mit Maske. Keiner sagte etwas. Keiner schaute mich scharf an. Keiner tuschelte hinter meinem Rücken. An der Kasse wurde ich wieder vom Marktleiter selbst bedient. Absolut normal und freundlich. Kein genervter Unterton, kein schiefer Blick. Von vorne bis hinten wirklich freundlich und zuvorkommend. Ich zahlte und verließ den Markt. Draußen kamen mir sofort die Tränen. Ich atmete aus. Fühlte. Bei soviel Aufruhr in mir musste ich ziemlich viel atmen. Ich zitterte, war fertig.

Zuhause setzte ich mich erstmal hin und ließ alles über mir zusammenbrechen. Ließ mich komplett reinfallen in die Gefühle, in den Schmerz, in alles. Und dann kamen sie, die inneren Bilder, die Erinnerungen daran, tatsächlich durchs Dorf getrieben zu werden, angeschrien, angespuckt und verteufelt zu werden, als das Übel überhaupt angesehen zu werden, auf dem Weg zum Schafott. Eine junge Frau, die den Schmerz nicht ertragen hat, die Wut, die Enttäuschung, die Ungerechtigkeit. Die Menge aufgewiegelt gegen mich mit Lügen, die so fürchterlich an den Haaren herbeigezogen waren. Ich hatte damals keine Chance.

Der ganze verdammt heftige Schmerz wurde gestern hochgespült und ich bin einfach nur froh, dass ich jetzt in der Lage bin, das alles zu fühlen und abfließen zu lassen, anzuschauen und zu erlösen. Selbst der Moment, in dem ich da kniete und das Messer auf meinen Hals herabsauste war präsent und selbst das fühlte ich durch. Es war ok.

Ich erkannte meine eigene Opferhaltung. Ich erkannte die Angst der Menge, die einfach nur ein Ventil brauchte, einen Schuldigen, dem sie ihre heftigen Gefühle, ihre eigene Ohnmacht, ihre Unsicherheit und überhaupt alles zuschieben konnten, mit dem sie nicht klar kamen. Sie brauchten einen Sündenbock und ich hatte mich wohl bereit erklärt. Mir wurde bewusst, wie viel Macht ich diesem Mob über mich gegeben hatte. Und diese abgegebene Macht wirkte auch gestern und die letzten Tage bei dieser Maskengeschichte.

Nicht nur der "Obrigkeit" haben wir ordentlich unsere Macht abgegeben, sondern auch "den anderen". Was sollen denn "die anderen" denken? Nur "die anderen" nicht gegen sich aufbringen. Dieses alte Muster sitzt manchmal so tief. Der Mob sitzt uns heute noch im Nacken. Die Regierung zeigt auf irgendwen und schreit: "Das sind die Schuldigen! Die bedrohen euch." Und der Mob rennt los. Clever gemacht. Hat früher schon gut funktioniert. Ein Teil des Volkes wird aufgewiegelt und instrumentalisiert und es braucht noch nicht mal mehr Polizei. Der Druck der Bevölkerung wirkt extrem effektiv.

Ich habe gestern meine Macht vom Mob abgezogen. Hab sie wieder zu mir zurückgeholt. Der Mob kann nur existieren, wenn ich ihn erschaffe, wenn ich ihm Macht überschreibe. Der berühmte Luftballon, der nur existieren kann, weil meine Luft da drin ist, meine Energie. Gebe ich sie da nicht rein, gibt es keinen Luftballon. Es ist so wichtig zu wissen, dass wir auch den Mob selbst erschaffen. Nicht nur den Regierenden haben wir unsere Macht überlassen, sondern wohl auch "dem Volk", das nicht unserer Meinung ist. Geschehen wahrscheinlich vor zig Inkarnationen. Es ist so wichtig zu wissen, wohin wir überall Macht abgegeben haben. Und es ist so wichtig, sie wieder zu uns zurückzuholen.

Diese Entscheidungen von mir kann ich nicht oft genug mit euch teilen und wiederholen:

"Ich gehe voll und ganz in meine Verantwortung. Ich nehme alle Macht zu mir zurück, die ich in diesen Zustand reingesteckt habe. Ich erschaffe neu, aus mir heraus das, was der göttlichen Ordnung entspricht, der höchsten Liebe, dem Plan meiner Seele. Ich wähle die Erlösung der Situation. Ich wähle die erlöste Form und mache nur noch erlöste Erfahrungen."

Der Mob hat definitiv ausgemobbt.

Foto: Canva
Text und Gestaltung: Anja Reiche