Meine Freunde, meine Soulfamily sind auf der ganzen Welt verteilt. Ja, wir können meistens nicht mal eben einen Kaffee zusammen trinken, aber die Verbindung besteht. Wir machen zur gleichen Zeit, die gleichen Prozesse durch. Wir kommen völlig "unabhängig" voneinander bei den gleichen Erkenntnissen raus. Wir denken aneinander zur gleichen Zeit, melden uns immer im "richtigen" Moment beieinander. Wir sind nie getrennt. Wir sind übers Feld verbunden und zwar so nah und eng, dass körperliche Nähe sogar eher "trennend" wirken kann, störend, weil das Materielle manchmal ablenkt.
Ich hatte mit meinem Partner anfangs eine Fernbeziehung. 500 km haben uns "getrennt" und gleichzeitig so tief verbunden. Dadurch, dass wir nicht so viel gemeinsam erleben konnten, "mussten" wir uns austauschen, mussten uns erzählen, was passiert ist den Tag über, wie es uns geht, was uns durch den Kopf geht. Wir haben stundenlang telefoniert und sogar über das Sprechen hinaus eine Verbindung gespürt, hingespürt, wie es dem anderen gerade geht, da wo er ist. Diese Verbindung ist tatsächlich ins Wanken gekommen, als wir dann zusammengezogen sind.
Plötzlich glaubt man zu wissen, wie es dem anderen geht, weil man die Dinge ja miteinander erlebt. Der Austausch droht wegzufallen. Das Materielle, das körperliche, räumliche Zusammensein rückt in den Vordergrund. Das zwischen den Zeilen lesen ist scheinbar nicht mehr nötig. Alle anderen Wahrnehmungskanäle zu nutzen, wenn man räumlich nah ist, ist eine Entscheidung und aus meiner Sicht unfassbar wichtig.
Wir haben uns durch die Fernbeziehung in einer Tiefe kennengelernt, die wahrscheinlich nicht so stattgefunden hätte, wenn wir uns jeden Tag hätten sehen können.
Als vor einigen Jahren ein ganz enger Freund von mir im Sterben lag, haben wir uns ganz wach und bewusst verabschiedet. Uns war klar, dass er zwar körperlich gehen wird, aber dass er nie wirklich weg sein wird. Es fühlte sich an, wie wenn er auf eine lange Reise gehen würde. Wir werden uns wieder sehen, dass wissen wir beide. Und gleichzeitig ist es nicht wichtig, ob wir uns überhaupt wiedersehen werden. Er ist DA und auch wenn er weg ist, hat das keine Nachteile für mich, keine negativen Auswirkungen. Mir fehlt nichts. Mir kann nie etwas fehlen. Es ist immer alles da. Alles, was wir wirklich zum Leben brauchen, ist immer da.
Mir hilft es enorm über das Materielle hinauszudenken und diese Form der "Beschränkung" zu überwinden. Und gleichzeitig weiß ich, dass alles Materielle, das ich tatsächlich brauche, immer da sein wird. Eine Umarmung, ein Mensch zum Reden, eine Schulter zum Anlehnen. Einer geht, ein anderer kommt. Das Leben ist Wandel und wir immer versorgt.
Wir können mit einem Menschen im gleichen Raum sein, ihn sogar körperlich berühren und Lichtjahre von ihm entfernt sein. Berührung findet auf einer anderen Ebene statt. Wahrnehmung und den anderen sehen, findet auf einer anderen Ebene statt.
Was passiert, wenn du die Menschen mal jenseits der Materie wahrnimmst? Jenseits der herkömmlichen fünf Sinne? Jenseits von dem, was du siehst und hörst? Und egal, ob derjenige gerade körperlich da ist oder nicht. Was spürst du?
Foto: Canva Text und Gestaltung: Anja Reiche |