Was für ein Morgen! Seit kurz vor fünf liege ich wach im Bett und in
mir rattert es. In der letzten Augustwoche steht ein Aufenthalt in
meiner alten Heimat an. Eine liebe Freundin heiratet. Was im Hintergrund
immer mitschwingt: Fahre ich zu meinen Eltern?
Normalerweise
schlafen wir immer mindestens ein, zwei Nächte bei meinen Eltern. Bis
auf einmal, da waren wir wirklich nur kurz zu Besuch und sind nicht über
Nacht geblieben. Ein schlechtes Gewissen hatte ich trotzdem irgendwie.
Nun sind wir eine ganze Woche in Bayern und wie einige von euch
mitbekommen haben, arbeitet das Mutter-Thema wieder ziemlich in mir die
letzten Tage. Generell ist meine Familie immer wieder Thema und ich löse
und löse mich immer mehr aus alten Verstrickungen. Mal kann ich ihnen
begegnen, mal nicht. Gerade nicht so richtig...
Die Vorstellung
in wenigen Tagen in dieses Haus zu gehen, ist keine schöne. So viele
Konflikte schwelen und es fühlt sich für mich immer so an, wie wenn ich
meine Energie extrem nach unten schrauben muss, damit ich da überhaupt
sein kann, damit ich mich irgendwie an ihr Schwingungsniveau anpasse.
(Es handelt sich um ein 4-Generationen-Haus - meine Oma, meine Eltern,
mein Bruder mit Frau und Kindern - und jeder liegt mit jedem irgendwie
im Clinch und zwar so richtig heftig.)
Die Frage, ob wir nun zu
meinen Eltern fahren oder nicht, wenn wir schon in Bayern sind, hat sich
mir die letzten Tage immer öfter gestellt, so auch heute morgen im
Bett. Zu allem Überfluss hat meine kleine Nichte, die ja ebenfalls mit
im Haus wohnt, auch noch in der Woche Geburtstag. Noch ein Grund mehr da
unbedingt hin zu "müssen". Ich will sie ja schließlich nicht
enttäuschen, denn sie liebt mich und meinen Partner abgöttisch und ich
liebe die beiden Kleinen auch total. Dennoch fühlt sich alles schwer an
und gruselig.
Und vorhin überrannte mich dann DIE Erkenntnis,
die mir ganz viel Druck und Last nimmt. Eigentlich ist es eher eine
Erlaubnis als eine Erkenntnis. In fast jedem Bereich meines Lebens folge
ich nur noch der Freude. Gerade was den beruflichen Weg angeht ist das
mein absolutes Mantra und total selbstverständlich für mich geworden.
Auch was meine Freunde und die Familie meines Partners angeht folge ich
nur noch meiner Freude, nehme Einladungen und Termine nur noch an, wenn
ich wirklich Lust dazu habe und wenn nicht, dann bleibe ich fern, ohne
Ausreden zu erfinden, sondern sage einfach: "Das war nicht dran! Ich
hatte keine Lust." Fertig!
Nur bei meiner eigenen Familie habe
ich mir das irgendwie die ganze Zeit nicht erlaubt. Da war noch diese
feste Überzeugung "Das gehört sich doch!". Wenn wir schon 500 km nach
Bayern fahren, dann müssen wir doch wenigstens mal kurz Hallo sagen. Da
war noch immer ein schlechtes Gewissen und Verantwortung für die Gefühle
der anderen. Gerade meinen Papa will ich auf keinen Fall enttäuschen.
Und dann war da dieser Satz in meinem Kopf, vorhin, im Bett: Ich erlaube
mir auch da meiner höchsten Freude zu folgen!!! Boom! Was für ein Satz
in diesem Zusammenhang. Und plötzlich sind die Antworten ganz klar. Es
ist nämlich so gar nicht meine höchste Freude dahin zu fahren, zu
Menschen, die mir jedes Mal aufs Neue sagen, dass meine Haare zu kurz
sind, dass ich zu dünn bin und wieder nicht verstehen, dass ich keinen
Alkohol mehr trinke, die alles verurteilen, was nicht ihren eigenen
Maßstäben entspricht, bei denen mein eigenes Wesen so überhaupt keinen
Platz hat, bei denen es überhaupt kein Verständnis für meine jetzige
Lebensweise gibt, zu Menschen, die nur von mir wollen und nie fragen,
was ich eigentlich will, Menschen die nur um sich selbst kreisen.
Mit diesem Satz, mit dieser Erlaubnis ist so vieles von mir abgefallen.
So viel Druck, so viel Schwere, so viel Verantwortung, die nicht die
meine ist. Plötzlich zwinge ich mich zu nichts mehr, bin voll in meiner
eigenen Verantwortung. Ich tue auch hier nur noch das, was meiner
höchsten Freude entspricht. Plötzlich ist die Sache ganz einfach.
Plötzlich gibt es kein hin und her mehr zwischen all meinen Gedanken und
zwischen müssen, sollte, könnte. Die Sachlage ist auf einmal glasklar.
Es ist nicht meine höchste Freude dahin zu fahren. Geburtstag hin oder
her, auch der fühlt sich schwer an. Und damit ist die Entscheidung
gefallen. Damit brauche ich keine Ausreden und andere Begründungen.
Damit gibt es kein falsches Pflichtbewusstsein, denn ich bin nur meiner
eigenen höchsten Freude verpflichtet. Fertig!
Dieser Satz darf
noch tiefer dringen und steht mir jetzt bei einer jeden Entscheidung zur
Seite, egal um was es geht. Bin ich in meiner höchsten Freude, wenn ich
dies oder jenes tue, diesen oder jenen treffe, dieses oder welches
kaufe oder nicht kaufe? Und dann ist die Antwort leicht. So herrlich
leicht!
Danke Leben für diesen Satz!!!!!
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Foto: Anja Reiche |