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Montag, 11. August 2025

Voll und ganz über mich entscheiden können

Voll und ganz über mich entscheiden können und dürfen, das war und ist in meiner Ursprungsfamilie nicht vorgesehen. Es wird erwartet, dass ich die Bedürftigkeiten und Wünsche zur Schmerzvermeidung der anderen berücksichtige.

Ich darf schon machen, was ich will, aber dann sind sie halt beleidigt oder angefressen, voller unausgesprochener Vorwürfe und Schmerz. Ich kann nicht wirklich frei wählen. Manche Fragen dulden kein Nein. Manche Antworten dürfen nicht sein.

Dass in diesem Verhalten ich nicht vorkomme, ich keine Rolle spiele, hab ich schon sehr oft formuliert. Dass dieses Verhalten, diese Haltung beinhaltet, dass ich nicht voll und ganz über mich selbst entscheiden kann, kam heute erst so richtig bei mir an.

In dieser Familie ist es nicht vorgesehen, dass ich für mich wähle und diese Entscheidungen unabhängig von der Familie sein können. Es kommt in ihrer Vorstellung nicht vor, dass sie in meinen Entscheidungen keine Rolle spielen. Es kommt nicht vor, dass ich komplett über mich selbst verfüge, tatsächlich meine eigenen Wege gehe und ein komplett eigenes Leben habe. Völlig losgelöst von ihnen.

Diese Formulierung von Cindy heute, dass sie voll und ganz über sich entscheiden will und zwar in jeder Sekunde, hat's bei mir nochmal riiiiichtig klingeln lassen. Ich durfte nie wirklich, wahrhaftig und aufrichtig über mich entscheiden. Ich hab das im Kontakt mit meiner Familie nie erlebt, dieses Gefühl, dass ich nur mir gehöre, dass es mal nur um mich und mein Wohlergehen, meine Integrität, meine Wahl ging, ohne emotionale Aufladung mit ihren Themen, ohne versuchte Einflussnahme, ohne Bedenken, ohne Stories, die fühlbar mitschwangen, ohne Bewertungen. Ich hab nie wirklich offene Fragen gestellt bekommen, die zu einer/meiner Antwort einluden. Sie waren immer suggestiv, eingefärbt, aufgeladen, voreingenommen, ein bestimmtes Ergebnis inkludiert oder eben die vorgefertigte Meinung.

Frei wählen können und erleben, dass es wirklich und aufrichtig akzeptiert wird. Wirklich sein gelassen werden. Nur mir gehören bzw. dem Leben. Wirklich, ohne Kontrollfragen auf Schubladentauglichkeit oder Norm, das eigene Leben zugetraut und gegönnt bekommen. Wirklich frei gelassen werden, ohne das noch unterschwellig oder offenkundig was von mir gewollt wird, ohne Ansprüche, Erwartungen und Filter.

Voll und ganz über mich entscheiden dürfen, über mich selbst verfügen, zu jeder Zeit, egal, was das bedeutet, egal, worauf meine Wahl fällt. Entscheidungen erwachsen und reif akzeptiert bekommen, allen voran mein Nein. So ist es eigentlich gedacht in Beziehung. So fühlt es sich richtig an. Das hat da immer gefehlt. Jetzt hat die Lücke einen Namen. Danke.


 

Dienstag, 5. August 2025

Und unter all dem ist meist das Eigentliche

Wenn du als Kind – auf welche Weise auch immer – Gewalt erfahren hast, verbal, emotional, körperlich, Missbrauch, Unterdrückung, Demütigung, Grenzüberschreitung, die Beschneidung des wahren Wesens, Schmerz, der durch andere verursacht wurde, dann kann folgende Dynamik in dir entstehen:

Da gibt es den Anteil, der den Schmerz behalten will. Er will ihn den Tätern vor die Nase halten und sagen: „Seht her, das habt ihr mit mir gemacht! Wegen euch leide ich. Wegen euch bin ich kaputt.“
Würde er den Schmerz hergeben, würde es ihm endlich gut gehen, wäre sein Leben leicht und schön, hätte er das Gefühl, dass die Täter ungeschoren davongekommen sind, dass sein Leid vergebens war. Sein Schmerz ist ein Mahnmal. Ein Monument. Er will Rache. Er will Anerkennung für sein Leid. Er ist wütend.

Dann gibt es den Anteil, der glaubt, dass er all den Schmerz verdient hat, dass etwas an ihm so grundfalsch oder schlecht ist, dass es kein Wunder ist, dass die anderen so mit ihm umgehen. Er fühlt sich unwürdig, nichtig, wie das Letzte, das nichts Gutes verdient hat. Er glaubt, der Fehler läge bei ihm. Er glaubt, dass er auf irgendeine Art an all dem selber schuld ist. Dieses Falsche, das er selbst zwar nicht kennt, das aber da sein muss, weil die anderen es sehen und bestrafen, muss verborgen werden. Sowohl vor sich selbst, als erst recht vor anderen. Der Schmerz um dieses Falschsein ist zu groß. Er muss verdrängt werden. Dieser Anteil neigt zur Selbstbestrafung. Er glaubt an seine Schuld und Schuld fordert Strafe. Er ist voller Scham über seine Unzulänglichkeit.

Gleichzeitig gibt es einen Teil, der genau weiß, dass das Falsche nicht da ist, dass mit ihm alles richtig ist, dass er unschuldig ist und dass er ungerecht behandelt wird, dass hier etwas grundlegend nicht stimmt. Dieser Anteil will, dass der Schmerz aufhört. Er weiß, dass es so hier nicht gedacht ist, dass er Besseres verdient hat. Er strebt nach Leichtigkeit, nach dem Ausdruck von seinem wahren Wesen, danach, das, was er in Wahrheit ist, endlich auch zu erfahren. Er will Gerechtigkeit und das, was ihm zusteht. Er strebt nach der Liebe, die er ist und sucht Wege.

All diese Anteile – und vielleicht noch mehr - sind gleichzeitig aktiv und erzeugen nicht nur eine innere Zerrissenheit, einen Grundkonflikt im Selbst, sondern sie erzeugen auch im Außen ein stetes Hin und Her und Auf und Ab in den Erfahrungen, je nachdem, welcher Anteil gerade im Vordergrund aktiv ist.

Aus meiner Erfahrung beginnt die Heilung mit dem Erkennen der Anteile und der Dynamik, mit dem Erfassen, dass es diese Anteile gibt und zwar alle zu recht. Jeder Anteil hat seine Berechtigung und darf mitfühlend gesehen, anerkannt und bezeugt werden.

Und unter all dem ist meist das Eigentliche: eine große Traurigkeit und ein großer Schmerz darüber, dass es nicht lebbar ist, was möglich wäre. So war es. So ist es vielleicht noch. Das gilt es ebenfalls anzuerkennen und zu fühlen, der Urschmerz: Das wahre Wesen, das nicht gelebt werden kann. Der Schmerz darüber, dass du nicht das erfährst, was deinem Wesen entspräche. Die Integrität, die nicht gewahrt werden kann.

Autsch!
Atmen.
Damit sitzen.

So fühlt sich das an.

(Das Beschriebene beruht sowohl auf eigener Erfahrung als auch einem Mitfühl-Erfahren von wundervollen Mitreisenden. Keine Theorie. Gelebtes, erschlossenes Leben. Kein Anspruch auf Vollständigkeit und wie immer das Bedürfnis, es mit euch zu teilen.)



Montag, 28. Juli 2025

Die Chancenlosigkeit meinerseits ist real

Ich glaube, an dem Punkt war ich noch nie. Ich stelle fest, dass der andere innerlich nicht da ist und es kommen einfach die natürlichen körperlichen Reaktionen bei mir. Übelkeit. Ich möchte weg. Ich möchte nicht angefasst werden. Rückzug. Abstand. Mich selbst aus diesem Raum rausnehmen und in "Sicherheit" bringen. Sonst habe ich immer versucht auf alle möglichen Arten den Erwachsenen im anderen anzusprechen, habe versucht, den anderen wieder mit sich in Kontakt zu bringen oder wenigstens begreiflich zu machen, dass er gerade nicht da ist.

All diese Muster sind seit meiner Kindheit gelaufen. Automatisch. Ich wollte ja nicht gehen. Ich wollte Kontakt. Brauchte als Kind Kontakt. Deswegen kam es wohl nie wirklich zu dem Punkt, an dem ich einfach ohne etwas tun zu wollen, das fühle, was es in mir meldet, wenn mein Körper mir signalisiert, dass da niemand ist. Eben nur dieses Biofeedback. Nicht die Not und Panik aus der Kindheit, wenn ich gemerkt habe, dass da niemand ist, sondern diese ganz normale körperliche Reaktion auf innere Abwesenheit eines Menschen.

Etwas in mir hat in den letzten Tagen begriffen, dass die Chancenlosigkeit meinerseits real ist. Dass dieses Tun von mir, nichts bringt. Und dieses Etwas hat aufgehört zu handeln. Der Anteil in mir hat die Hände in den Schoß sinken lassen und sitzt da jetzt einfach. Schaut. Nimmt wahr und akzeptiert das Außen. Fühlt den Nichtkontakt und kann dann FÜR SICH etwas tun. Schweigen. Weggehen. Stop sagen. Was auch immer gerade stimmig ist FÜR MICH.

Etwas in mir hat aufgehört zum anderen durchdringen zu wollen, irgendwo da drin den Erwachsenen finden zu wollen und mit dem sprechen wollen. Das, was ich mein Leben lang bei nahen Bezugspersonen erreichen wollte, hat aufgehört. Die Ohnmacht ist akzeptiert. Und vor allem kann ich in mir noch tiefer verstehen, warum ich mit so vielen Menschen tatsächlich überhaupt gar nicht erst rede oder eben nicht mehr rede. Dieser Anteil hatte noch Hoffnung und meiner schweigenden Erwachsenen oft noch erzählen wollen, dass wir damit unhöflich sind, oder ungerecht oder wir doch eben mal nett sein könnten. Dieser Anteil hat jetzt begriffen. Das Muster hat sich ausgespielt.

Es fühlt sich noch ungewohnt an. Der Anteil ist noch etwas lost und weiß nicht recht wohin stattdessen, was er jetzt mit sich anfangen soll. Da ist einfach nur ganz laut dieses leicht überraschte: "Ach so ist das. Das bringt alles wirklich nichts."

Ganz durch ist es noch nicht. Vielleicht gibt es auch noch mehr Traurigkeit über die Nichtverbindung zu fühlen, alte Gefühle aus der Kindheit, die unter all dem Machen noch schlummern. Ich werde es sehen. Wie immer. Ich bin ja da, bei mir, in mir, wach.



Donnerstag, 26. Juni 2025

Losgelöst von allem außer Gott

Dieses Loslösen von allem Irdischen bedeutet nicht, nichts mehr zu besitzen. Es bedeutet, dass nichts mehr mich besitzt. Ich kann Dinge haben, bin aber frei darin.

Die Dinge definieren mich nicht. Ich definiere mich nicht über sie. Ob sie da sind oder nicht, verändert nichts an meinem Wesen, an meinem Wert. Sie sind keine Aussage über mich.

Loslösen von allem Irdischen bedeutet nicht Askese. Es bedeutet Gleich-Gültigkeit und die Anerkennung meines wahren Seins. Ich „habe“ nur Gott. Das Gewahrsein um diese Verbindung ist alles, was es braucht, um hier mein Leben leben zu können. Und zwar wirklich MEINS. So wie es gedacht ist, wie ich gedacht bin, wie es in der Übereinstimmung mit der universellen, göttlichen Ordnung ist.

ER gibt mir immer alles, was ich wirklich wirklich brauche. Ich habe daher sehr wohl Dinge, aber eher in dem Sinn, dass ich gerade damit Erfahrungen machen darf, dass sie eben gerade Teil meines Lebens sein sollen, dass sie für das, was ich gerade hier vollbringen soll, erkennen soll, begreifen soll, wichtig sind. Die Dinge sind frei. Wenn sie wieder aus meinem Leben verschwinden, hat das einen Sinn und ich kann mir sicher sein, dass ich sie dann nicht wirklich brauche, für das, was für mich relevant ist.

Wie sehr hafte ich an Dingen, Menschen, Umständen? Wer hat wen? Hat Geld mich, oder „habe“ ich Geld? Im Sinne von: Wer führt wen?

Bin ich mit offenen Händen hier, in die mir gelegt wird, von denen auch wieder genommen werden darf? Darf das Leben wogen und fließen, kommen und gehen und seinen ganz eigenen Rhythmus haben? Bin ich bereit, mich auf genau das einzulassen? Dieses Nichtwissen, wann was für wie lange bei mir sein wird? Ob es überhaupt da sein wird?

Dieser höheren Macht und dieser Art von Geben und Nehmen zu vertrauen, war und ist ein Weg. Ich habe früher halt nicht erlebt, dass mir in MEINEM Sinne und zu meinem höchsten Wohle gegeben und genommen wurde.

Natürlich fliegen mir auf diesem Weg all meine kindlichen Verletzungen um die Ohren, alle Nöte, jeder Mangel, jedes unerfüllte Bedürfnis, all die schmerzhaften Erfahrungen mit Machtmissbrauch. Und dennoch oder genau deswegen - in der Begegnung mit den alten Wunden - führt mich dieser Weg der radikalen Hingabe in die maximale Freiheit, in ein Lebensgefühl, das so unfassbar satt, voll und vor allem friedlich ist, wie ich es mir kaum vorstellen konnte.

Ich erlebe es wieder und wieder und wieder wie wohlgesonnen mir das Leben ist. Wie weise mir gegeben oder eben auch nicht gegeben wird. Die Abwesenheit mancher Dinge oder Umstände, von denen ich dachte, dass es aber gut wäre, wenn sie da wären, war im Nachhinein betrachtet immer die bessere Wahl. Darin war immer die größere Weisheit, die tiefere Erfahrung, die größere Reifung, die bessere Ent-wicklung. Und ja, das sind oft krasse Erfahrungen, die ich mir nie und nimmer „selber“ ausgesucht hätte, aber keine davon würde ich missen wollen.

Dieses Loslösen von allem Irdischen bedeutet eben auch Bereitschaft. Die Bereitschaft, das Leben GANZ zu nehmen, alles zu nehmen, was mir gegeben wird und nur das zu nehmen, was mir gegeben wird. Es bedeutet den völligen Kontrollverlust. Es bedeutet all mein kleines Wollen in das große „SEIN Wollen“ zu übergeben. Ich will das, was ER, Gott, für mich will. SEIN Wille zählt und in SEINEM Wollen ist alles für mich drin. ALLES, was ich wirklich brauche. Das ist tatsächlich wahr.

Nichts hat mich je mehr erfüllt, nichts hat mich je mehr gefordert, als in dieser Offenheit das Leben zu empfangen, MEIN Leben zu empfangen. Die totale Ergebung an IHN und damit an mich - in mein wahres Wesen hineinergebend, mich selbst erfüllend, das erfüllend, was zu sein ich gekommen bin. Losgelöst von allem Irdischen und doch tief verbunden mittendrin, verbunden mit Gott.

Losgelöst von allem außer Gott.



Sonntag, 22. Juni 2025

Nicht ich bin fehl, mir hat was gefehlt

Ich liebe es, Barbara zuzuhören. Diese kraftvolle Klarheit. Diese bemerkenswerte Wucht (Danke, Sylvia, für dieses so treffende Wort) in jeder fein erspürten Formulierung. Ein Sprechen aus dem Ergründen in sich, aus dem konkreten Moment, aus dem jetzigen Erleben, aus dem wahrhaftigen, leibhaftigen Punkt.

Manchmal muss ich mitschreiben, aufschreiben, was da aus ihr fließt und - Gott sei Dank - hab ich ihre Erlaubnis davon zu teilen, wenn ich den Impuls habe.

Die folgende Mitschrift wollte ich schon ewig mit euch teilen. Die Worte vibrieren nach wie vor in mir, berühren mich tief und wirken, bewirken, was auch immer. Ein Klingen, ein Summen, ein tiefes JA. Immer wieder kommen mir die Tränen. Mein System meldet Wahrheit. Das Gesprochene verströmt nach meinem Empfinden so eine Wärme, so eine Weisheit, so eine Milde, so viel Liebe und sie bezeugen den Weg der Heilung. Sie erzählen von Quantensprüngen und Befreiungsschlägen, von Paradigmenwechsel und der fühlenden Rückeroberung des Selbst.

Und nun lade ich euch ein. Lest und fühlt selbst:

"Nicht ich bin fehl, sondern das hat immer gefehlt... mich im Wundsein ernst nehmen... jetzt die Wunden für wahr nehmen und da sein lassen in und trotz allem/n... weil ich weiß, dass mit meinem Weich- und Menschlichsein alles in Ordnung ist.

Mich wund wahr und da haben wollen.

Es geht nicht mehr darum "wo ist für die Wunde Platz", sondern ich bin da und da wo ich bin, ist die Wunde.

Manchmal wird die Wunde weggeschickt. Und das ist nicht mehr so schlimm wie emotionale Ablehnung bisher war, weil ich weiß, dass ich meine Wahrheit bin. Und das auch irgendwie nicht mehr so persönlich nehm', sondern die können halt mit Wundsein nicht sein.

Irgendwo ist immer Raum, wo ich atmen kann.

Ich muss meine Begegnung mit mir nicht mehr unterbrechen für andere."

Barbara Klaus

DANKE!!! Danke für dich. Es ist mir eine Ehre, mit dir hier zu sein, Weggefährten, Schwestern. Es ist ein Segen, dich an meiner Seite zu wissen und an deiner Seite sein zu dürfen. ❤️🙏🔥




Freitag, 20. Juni 2025

Das Trauma der Vernachlässigung

Der Schmerz aus dem, was NICHT war

Wie kann etwas weh tun, was nie passiert ist?

Es gibt einen Schmerz in tausend Facetten, der kommt nicht aus etwas, was uns angetan wurde. Er kommt von etwas, was nicht passiert ist, was wir nicht bekommen haben, was uns nicht zuteil wurde, was wir aber als Kind so dringend gebraucht hätten.

Ich spreche von echter, tiefer Zuwendung. Von einem "um uns kümmern", vom versorgt werden und damit meine ich weniger materielle Versorgung, sondern emotionale, seelische.

Ich spreche von Berührung, körperlicher und emotionaler. Ich spreche von Aufmerksamkeit. Dem Erleben, gewollt und willkommen zu sein. Dem Erleben, dass sich jemand an unserer Existenz freut, einfach so, mit uns sein will, Wert auf unser Wohlergehen legt und zwar wirklich auf unseres, wie es uns tatsächlich wohl wäre, unseren Bedürfnissen tatsächlich entsprechend. Ich spreche von Futter, emotionaler und geistiger Nahrung, die wir so sehr zum Gedeihen brauchen.

Fehlt uns das als Kind, bleibt da eine Leere, eine ungestillte, namenlose Sehnsucht, ein brennendes Vermissen von etwas, das wir noch nicht einmal kennen. Wir könnten meist gar nicht genau sagen, was uns fehlt. Wir können also auch nicht danach fragen. Wir haben es ja nie erfahren und doch weiß unser ganzes System, dass da etwas "hingehört" hätte. Dass da eine klaffende Lücke auf so vielen Ebenen ist. Da ist ein Mangel spürbar. Dauerhaft. Wie ein stetes Hintergrundrauschen, manchmal aber auch brüllend laut.

Dann sind da später Erwachsene, die als Kind auf diese Weise vernachlässigt wurden, denen es einfach "nicht gut" geht. Da ist vielleicht Depression, da ist vielleicht stete Traurigkeit, Todessehnsucht, Sinnlosigkeit, eine unglaubliche Einsamkeit, obwohl es vielleicht ein soziales Netzwerk gibt, obwohl da vielleicht Familie ist. Einsamkeit trotz Menschen. Da ist vielleicht das Gefühl, ständig etwas zu brauchen, ohne zu wissen, was. Oder das Gefühl ein Aussätziger zu sein, irgendwie eklig, oder falsch oder eben schlicht nicht dazugehörig, immer außen vor, auch wenn er sich vielleicht gerade mitten in einer Gruppe befindet.

Diese fehlende Versorgung in der Kindheit hinterlässt so tiefe Wunden, die aber sichtbar keinen Ursprung haben. Da gab es vielleicht keine körperliche Gewalt. Da war scheinbar immer alles da in der Kindheit. Was zu Essen, Kleidung, ein Dach über dem Kopf. Und dennoch sind da Schmerz, ein krass verzerrtes Selbstbild, weil etwas unbewusst angefangen hat zu glauben, dass mit sich selbst etwas nicht stimmen kann, Unzufriedenheit, Mangelgefühle, oder sogar eine Art Heimweh, ohne zu wissen, wo dieses Zuhause sein soll. Das Elternhaus ist damit meistens nicht gemeint. Der Zweck der Existenz scheint nicht da zu sein. Das Leben macht keinen Sinn, wenn etwas in mir gespeichert hat, dass ich nicht gewollt bin. Dennoch bin ich da. Warum? Ein dauerhafter Grundkonflikt, meist unbewusst.

Es bleibt die stete Unruhe und Suche nach etwas Unbestimmten, das oft lange keinen Grund zu haben scheint, kein Ziel, keine Ausrichtung. Da fehlt einfach was. Durch Reisen, Ausbildungen, Auswandern, Umzüge, Partnerschaften, Kinder bekommen, Sport, Sex oder anderen bekannten Kompensationshandlungen wird dann versucht, diese Lücke zu schließen, irgendwo eine Art Heimat zu finden. Das mag kurzzeitig Linderung verschaffen, aber das Loch bleibt.

Die inneren Kinder sind unterversorgt und bleiben es, wenn sie unerkannt bleiben, wenn die Lücke keinen Namen bekommt und der Ursprung von all dem nicht ergründet wird.

Eine große Herausforderung in all dem ist aus meiner Sicht, überhaupt erst mal anzuerkennen - vor mir selbst und den Eltern gegenüber -, dass da etwas nicht stimmt, obwohl mir als Kind ja eigentlich nichts "Schlimmes" passiert ist (meist kommt das allerdings noch obendrauf). Ich habe ein Recht auf meine Verletzungen, auch wenn mir alle Welt erzählt, dass doch eigentlich nichts war. Meine Wunde, mein Unwohlsein stimmt. Mein Innenerleben spricht eine sehr eindeutige Sprache. Die Zellerinnerung täuscht sich nicht und kann sich auch nichts einbilden. Wenn da was fehlt, fehlt da was. Wenn mir Berührung fremd ist, ist mir Berührung fremd. Wenn ich mich ungeliebt fühle, fühle ich mich ungeliebt. Da kann der andere tausend Mal beteuern, wie sehr er mich liebt. Ich fühle anders.

Dieses Anerkennen vor mir selbst, öffnet Tür und Tor für Heilung. Die Wunde ist als existent erkannt, das Wundsein darf wahr sein. Die Wunde aus etwas, was mir nicht passiert ist. Es gibt sie. Und jetzt kann ich ihr begegnen.

Danke, Barbara. Danke, Christian. Danke, Kathi.


Nachtrag:
Ich glaube, der wichtigste Aspekt aus all dem, kommt mir jetzt erst in den Sinn: Die emotionale Überforderung. Ich bin mit all meinen Emotionen als Kind alleine. Ich habe keine Anlaufstelle. Niemanden, der mich im Sturm hält. Kein Nervensystem zum Regulieren. Da ist kein Hafen, kein Halt, keine Zuflucht, kein Entgegenkommen, kein Wohlwollen in all dem, niemand, der mich darin erfassen und handeln kann. Ich muss mit all dem Toben in mir, mit all den Nöten alleine klarkommen. Ein Kind ist nicht dafür ausgelegt, mit all dem alleine gelassen zu sein. Ein Kind ist überhaupt nicht dafür ausgelegt, alleine gelassen zu sein. Das Verlassenwerden von Erwachsenen findet in den meisten Fällen innerlich statt. Ein innerliches von mir weg gehen. Der Horror pur als Kind.



Sonntag, 27. April 2025

Die Pflicht wurde nicht erfüllt

„Wenn du in Beziehung bist, hast du nicht die Wahl, dich weiterzuentwickeln. Du hast die Pflicht!“ – Alexandra Köhler

Der Satz hat heute Morgen so richtig bei mir reingeknallt. Er war die Finalisierung einer Spurensuche in mir, die gestern Nacht begann. Dazu gleich mehr. Zurück zu diesem Ausspruch von Alexandra, der meine Welt vom Kopf auf die Füße gestellt hat.

Unter Weiterentwicklung verstehe ich in dem Fall vor allem Selbstbegegnung. Ich habe in Beziehung verdammt nochmal die Pflicht, mir selbst zu begegnen, meine Themen anzuschauen, die Verantwortung für meine Gefühle zu übernehmen und in mir aufzuräumen, unbequemen Wahrheiten über mich selbst und meinen Urwunden ins Auge zu sehen. Ich habe die Pflicht, alles, was mir in Beziehungen an Trauma um die Ohren fliegt, anzugehen, in Besitz zu nehmen, als das Meine anzuerkennen und mich auch tatsächlich darum zu kümmern. Meint, die aufgerissene Wunde tatsächlich in die Heilung zu bringen.

Ein Nein zu dieser Form der Selbstwerdung, der Selbstbegegnung, der Ent-wicklung ist eine Totalverweigerung von tatsächlicher Begegnung mit dem anderen. Ein Nein zu wahrer Intimität. Ein Nein zu echter Nähe. Im Grunde ist es Betrug. Ich betrüge den anderen um mich selbst und tue so, als würde ich Beziehung wollen.

Ich bin wie gesagt seit gestern Nacht auf Spurensuche. Ich bin einer Wut auf der Spur, einem Groll, einem Zürnen, das mit vergangenen „Beziehungen“ zu tun hat. Das Wort Beziehung muss ich tatsächlich in Anführungszeichen setzen, weil sich im Nachgang einfach rausstellt, dass in manchen Fällen genau die besagte Totalverweigerung stattgefunden hat unter dem Deckmäntelchen des Engagements, des Wollens und Tuns.

Ich muss feststellen, dass ich getäuscht wurde, mich hab täuschen lassen. Dass ich betrogen wurde, um den anderen. Dass mir falsche Versprechen gegeben wurden, die nur scheinbar eingehalten wurden. Mir wurde gesagt, dass der andere auch Beziehung will, in Beziehung sein will mit mir. Was dafür nötig war, nämlich mit sich selbst in Beziehung zu gehen, wurde nicht getan. In all dem „Machen und Tun“ und sich angeblich Bemühen und dem „Hinschauen“ hat echtes Hinschauen nicht stattgefunden. Die Begegnung mit dem eigenen Schmerz bis in die letzte Konsequenz ist nicht passiert. Der Tod wurde nicht gestorben. Die Wunden blieben bestehen und sollten berücksichtigt werden – von mir. Es sollte Wundenmanagement betrieben werden. Ich sollte Verständnis haben. Das Herz blieb zu. Der dunkle Keller verschlossen. Der Mensch unantastbar. Die Schatten weiter am Wirken.

Ich bin geblieben. Seeeehr lange. Ich hab mich blenden lassen, hatte falsches Verständnis für ihr „nicht besser können“, ihr Ausweichen, hab mir selbst Erklärungen geliefert, hab ihnen das scheinbare Bemühen abgekauft, hab unterstützt wo ich konnte, habe mich an jedem Krümel unverhältnismäßig gefreut, dachte dann noch ich wäre zu anspruchsvoll, zu harsch, zu fordernd. Hab den „Fehler“ bei mir gesucht. Hab mir erzählt, dass ich besser Raum geben muss, noch milder sein muss, weicher, wohlwollender.

Die Wut, der Groll, das Zürnen gilt ihnen wie mir gleichermaßen. Ich war da. Emotional erreichbar. Hab meine Arbeit wirklich gemacht. Sie waren nicht da. Emotional unerreichbar. Sind der wahren Arbeit ausgewichen. Ich bin geblieben. „Zu lange“. Was sich erst hinterher so anfühlt – zu lange. Es war natürlich genau richtig. Ich sehe erst jetzt klar. Und mit diesem Klarsehen kommen die zugehörigen Gefühle. Gott sei Dank! Die Wut ist so berechtigt und sie gehört genau in diese Beziehungen. Ich wurde getäuscht und missbraucht. Ich habe mich täuschen und missbrauchen lassen.

Es geht nicht um Schuld. Es geht um Erkennen und Benennen und darum, die Gefühle zu fühlen - meine. Es geht um Klarheit, um Richtigstellung, um Korrektur des verzerrten Blickes. Meines verzerrten Blickes. Jetzt sehe ich, was in Wahrheit da ist, da war, was ich bis dahin nicht sehen konnte und wollte.

Sie lagen mir am Herzen. Ich ihnen nicht. Sie lagen sich selbst am Herzen, haben die eigenen Vorteile und Annehmlichkeiten lieber genommen, als echte Begegnung. Haben Unangenehmes in sich nicht berühren wollen, sich selbst nicht berühren wollen und damit sich für mich unberührbar gemacht. Ich hatte keine Chance, obwohl mir diese in Aussicht gestellt wurde. Ich hatte nicht irgendwelche Forderungen. Ich wollte sie beim Wort nehmen. Sie haben ihr Wort gebrochen. Das gilt es anzuerkennen. Ich hab alles von mir reingegeben, mein ganzes Wesen, mein offenes Herz. Wie verabredet. Sie nicht. Ich wurde betrogen. Um sie. Um ihr wahres Wesen. Um versprochene Beziehung. Die beteuerte Bereitschaft für eine Beziehung mit mir blieb ein Lippenbekenntnis. Sie waren immer nur dann gerne mit mir, so lange es bequem für sie war, sie Vorteile hatten, die Wunden nicht berührt wurden.

Ich wurde benutzt. Hab mich benutzen lassen. Die ausgehängte Möhre, der ich nachgelaufen bin, war echte Nähe. Sie kam nie. Das darf ich jetzt begreifen und fühlen.



Freitag, 11. April 2025

Es wurde nie aufgeklärt. Bis jetzt.

Es wurde nie aufgeklärt. Bis jetzt.

Immer war da das Gefühl - in der Kindheit, in der Jugend, im jungen erwachsenen Alter - "da stimmt was nicht". Da werden Dinge nicht benannt, da wird verdreht, verharmlost, gelogen, manipuliert, getäuscht, abgestritten, vorgeworfen. Mir was hingeworfen, was nicht das meine ist, was nicht stimmt. Aussagen über mich getroffen, die Aussagen über den anderen hätten sein müssen. Mir Eigenarten und Verhalten angedichtet, die gar nicht da waren. Total verdreht zum Vorteil des anderen.

Jeder Versuch der Aufklärung führte zu noch mehr Gegenwehr, zu noch mehr Vorwürfen, zu noch mehr Verdrehungen. Zum verrückt werden. Nie wurde mein Gefühl bestätigt. Nie etwas richtig gestellt, korrigiert, zugegeben, aufgeklärt, das benannt, was wirklich im Inneren des anderen abgelaufen ist. Nie wurden die wahren Nöte und Gefühle benannt. Es wurde schlicht ausagiert, an mir abreagiert und mir angedichtet.

Mit diesem Gefühl, dass da was faul ist und zwar gewaltig, bin ich Zeit meines Lebens gewesen. Diese Baustelle war nie fertig. Ein ewig ungelöstes Rätsel. Ein nie geklärter Fall. Ein riesiges Mysterium, das ich nur für mich, in mir "erklären" und erspüren konnte, was aber immer ohne Realitäts-Check blieb. Die Wahrheit wurde weiterhin bewusst verborgen hinter Lügen und Masken. Der andere nicht zu packen. Flutschig wie ein Aal, der allerdings extremst zum Himmel stinkt.

Ich hatte mich damit abgefunden. Hatte meine Wahrheit darin gefunden. Mich. So gut es eben "alleine" ging.

Seit einigen Monaten erfahre ich Erlösung und Befriedung auf eine Weise, die ich mir niemals hätte vorstellen können. Ich darf hinter die Kulissen schauen. Ich darf ins Verborgenste, ins Innerste der Nöte und Ängste blicken, die da wirk(t)en. Ich werde immer mehr vorgelassen in die heiligen Hallen des "Zuverbergenden".

Es findet Aufklärung und tatsächliche Erklärung statt. Korrekturen von Verdrehungen. Es wird benannt, zum anderen genommen, was seins ist, auf den Tisch gelegt. Alles, was seit meiner Kindheit, gegärt hat, im Untergrund gebrodelt hat als undefinierte, nicht greifbare Masse von Ungerechtigkeit, Verdrehung, Leugnung, die nach Aufklärung schrie, kommt an die Oberfläche und wird sortiert. Es wird auf einmal greifbar, logisch, verstehbar für mich.

Endlich darf ich jemandem in die Karten schauen, der seeehr ähnliche Wunden und Überlebensstrategien hat, wie meine Mutter. Ich darf nachträglich meine Kindheit richtig verstehen und erkennen, wie es tatsächlich war, was im anderen wirklich los ist, wenn diese krassen Abwehrmechanismen anspringen und warum.

Meine Wahrnehmung wird eins ums andere Mal bestätigt. Ich hatte früher recht. Ich habe jetzt recht mit diesem "da stimmt was nicht". Und jetzt bekommt alles einen Namen. Vom anderen selbst benannt. Im direkten Abgleich. Moment für Moment.

Ich habe tatsächlich nicht damit gerechnet, dass das jemals geschehen wird. Nicht im Ansatz. Ich hätte nicht zu träumen gewagt. Mir war klar, dass die Selbstreflektion des anderen einfach nicht drin ist und es ewig ein Mysterium bleibt.

Und jetzt ist da Christian. Er macht mir dieses unfassbare Geschenk. Er bringt Licht da hin, wo ich nun mal auf das Licht des anderen angewiesen bin, was mir bis hierhin verwehrt wurde. Anhand seiner Verletzungen und der Benennung seiner Nöte und Strategien, damit umzugehen, wird meine Welt nach all den Jahren vom Kopf auf die Füße gestellt. Das ewige Mysterium endet, bekommt Form und Namen. Ich werde nachträglich entlastet und freigesprochen. Meine Ehre wird wieder hergestellt. Meine Würde rehabilitiert.

Endlich ist die Wahrheit da. Endlich Aufklärung und diese Form der Erlösung, mit der ich niemals gerechnet hätte. Gottes Liebe und Gnade sind groß. Seeehr groß. Was für ein Geschenk!

Danke, Christian, für diese Möglichkeit zur Heilung. Danke für deine Ehrlichkeit, für jede einzelne Offenbarung mir gegenüber, für diesen unschätzbaren Dienst. 🙏🏼❤️🫂🔥


 

Mittwoch, 26. März 2025

Blaue Frösche gibt es doch!

Eigentlich wollte ich rausgehen. Noch ein schneller Blick auf Facebook und ich bleibe wie erstarrt sitzen. Ein Foto von einem Naturfotografen aus meinem alten "Revier" Recker Moor. Es zeigt einen Moorfrosch. Er ist BLAU!

In mir passiert ganz viel gleichzeitig. Ich hatte also immer recht. Natürlich hatte ich recht. Es hat mir nur nie jemand geglaubt. DAS Dilemma überhaupt in der Kindheit: Meine Wahrnehmung abgesprochen bekommen. Mein Erleben, das abgetan wird. Lächerlich gemacht. Verharmlost oder ganz negiert.

Es gab dieses eine krasse Erlebnis, das sich mir ins Gedächtnis gebrannt hat, weil sehr emotionsbeladen. Ich war vielleicht fünf Jahre alt. Wir waren auf dem Nachbarsgrundstück spielen, meine Geschwister und ich, vielleicht auch noch andere Kinder aus dem Dorf. Ein Anwesen mit Ferienhaus, das die meiste Zeit im Jahr verlassen war. Ein Eldorado für uns Kinder, viele Verstecke, viel zum Entdecken. Dort gab es einen Brunnen mit Pumpe. Wir haben es geliebt, das Wasser hochzuholen und rausrauschen zu lassen.

So auch an diesem einen Sommertag. Ich stand an der Pumpe. Im Spiel versunken. Kurze Hosen. Aus dem Nichts springt mich etwas kaltes, großes, glitschiges, BLAUES an. Ans nackte Bein. In diesen Millisekunden identifiziere ich einen Frosch, einen blauen Frosch. So schnell er aufgetaucht war, war er wieder verschwunden. Nicht auffindbar. Ich hab mich so erschrocken. Ich hab geweint. War total aufgelöst und gar nicht wieder zu beruhigen. Mich hat es gegruselt und geekelt. Ich fühlte die Kälte von diesem Etwas noch Stunden danach an meinem Bein.

Das Schlimme damals war nicht der Schreck. Das Schlimme war, dass mir niemand geglaubt hat. Niemand hat mich ernst genommen. Niemand war mitfühlend und verständnisvoll da, konnte nachvollziehen, wie gruselig das für mich war. Niemand sonst hat diesen blauen Frosch gesehen. Ich stand in meinem Erleben alleine da. Ich hätte mich im Schreck wohl getäuscht, haben sie gesagt. Gelacht haben sie. Blaue Frösche gibt es nicht. Ich muss mich vertan haben. Ist doch alles gar nicht so schlimm. Ach, das Mädchen hat sich bloß erschrocken, die kriegt sich schon wieder ein. Jetzt ist aber mal wieder gut.

Ich hab immer wieder von diesem blauen Frosch angefangen. Und nirgends konnte ich damit landen, nirgends wurde ich gehört und für voll genommen.

Und jetzt sehe ich dieses Bild (nicht das auf meinem Bild, das ist ein "Ersatz" von Canva) auf Facebook, fast 40 Jahre später. Genau so ein Frosch war das damals. Dieses Ereignis und diese "Aufklärung" jetzt, Jaaaaaaaaaaahre nach dem Erleben, sind so sinnbildlich für die größten Wunden aus der Kindheit und die Erlösung im Erwachsenenleben.

Ich hatte immer Recht als Kind. Meine Gefühle waren immer richtig. Ich mag manche Situationen falsch gedeutet, falsch verstanden haben, falsche Schlüsse gezogen haben, aber meine Gefühle und mein Innenerleben, meine Wahrnehmung waren immer richtig. Mir wurde das nur nie bestätigt. Mir wurde viel mehr ständig das Gegenteil davon erzählt. Der "Genickbruch" überhaupt. Und deswegen funktioniert für mich in Sachen Heilung immer "nur" das eine: Dass meine inneren Kinder recht bekommen. Dass sie gesehen und mitgefühlt werden. Dass sie ernst genommen werden und für voll genommen. Dass ihnen zugehört wird. Dass sie Raum haben. Dass ihre Emotionen (aus)gehalten werden. Dass sie MIT ihren Emotionen gehalten werden. Dass sie erfasst werden darin, was das alles gerade für sie bedeutet. Dass sie da sein dürfen, mit dem, was gerade in ihnen tobt. RADIKALE ANNAHME und RADIKALE ERLAUBNIS!

Blaue Frösche gibt es eben doch! Das ist für mich DIE Metapher für all das. Was für ein Heilungsmoment! Wenn ich allen inneren Kindern auf dieser Welt eines sagen wollen würde, dann das: "Du hattest immer recht. Es hat dir nur nie jemand gesagt. Blaue Frösche gibt es eben doch."



Sonntag, 23. März 2025

Die Masse ist vergiftet

Es nimmt mir schier den Atem, wenn Gefühle im Allgemeinen, Berührbarkeit und gesunde, vielleicht mitunter heftige Reaktionen auf Unmenschlichkeit als Drama bezeichnet werden. Wenn das Befassen mit Trauma und das Durchleben, Benennen, Begreifen, Anerkennen und Besitzen der eigenen Gefühle und Wunden als belanglos, nicht zielführend oder eben abwertend als das unnötige Aufhalten im Drama betitelt werden.

Wenn das Aufdecken von Verdrehungen und Traumalügen, das Begreifen wollen dessen, was damals schief gelaufen ist, als Verstandes-Ego-Getue abgetan wird. Als unnütz.

Wenn es das ausgemachte Ziel zu sein scheint, keine Gefühlsausschläge mehr zu haben und in Dauergelassenheit "in der Mitte zu sein".

Größer könnte die Trennung von der Menschlichkeit, vom Körper und von sich selbst nicht sein. Die Trennung von der Wahrheit über uns als Mensch. Die Vergewaltigung von sich selbst. Und die Ohrfeige für denjenigen, der gerade mit heftigen Gefühlen anzeigt, dass hier etwas nicht stimmt oder sich vielleicht gerade einfach "nur" verletzlich zeigt und mit dem Wesentlichen befasst: mit dem, was gerade wirklich in ihm lebendig ist.

Wohl mit die größten satanischen Umkehrungen: Trauma als Drama zu bezeichnen. Gefühle als Mangel und unbedingt zu vermeidend zu definieren. Begreifen wollen als Ego-Allüre hinzustellen. Schmerz, der anzeigt, dass hier Missbrauch stattfindet, als "das gilt es noch zu transformieren" zu etikettieren.

Herzlichen Glückwunsch zur Unmenschlichkeit!

Meine Fassungslosigkeit, meine Empörung darüber, meine sehr gesunden Reaktionen darauf, werden so lange bleiben wie es das alles noch im Übermaß gibt. Menschliche Reaktionen auf Unmenschlichkeit. Sie zeigen mir, dass ich noch am Leben bin und weiterhin für das Leben selbst aufstehe. Wenn ich keine Regung mehr in mir spüre, wenn ich Gewalt sehe, ist mit mir etwas grundsätzlich nicht in Ordnung.

Ich werde nicht aufhören, Gewalt als das zu benennen, was es ist: Gewalt. Ich werde nicht aufhören, Gift als das zu benennen, was es ist: Gift! Auch wenn es anscheinend von der Masse als normal empfunden wird. Die Masse ist vergiftet.

Ich werde nicht aufhören, mich selbst zu entgiften und mich selbst wieder zu rehabilitieren. Dafür muss ich begreifen, was in mir wirkt. Dafür muss ich verstehen. Benennen. Dem Worte und Ausdruck geben. Dafür muss ich fühlen, was es für mich bedeutet, diese Lügen geglaubt zu haben.

Ich werde nicht aufhören, vollumfänglich, und immer bewusster Mensch zu sein. Das, als was ich gedacht und gemacht bin, wieder sein zu lassen. Das hat mit Drama so ziemlich gar nichts zu tun. Das ist das Einzige, was es tatsächlich zu tun gibt. 



Sonntag, 23. Februar 2025

Zu erlösende Erfahrung vs. erlöste Erfahrung

Ich beleuchte innerlich gerade das Feld der unterschiedlichen Erfahrungen und ich mag euch mitnehmen. Vielleicht ist es für den ein oder anderen ein erleichternder, erhellender Blick. Es ist wie so oft ein Exkurs. Ein möglicher Blickwinkel, ein Angebot und vor allem meine jetzige, bestimmt unvollständige Wahrheit. Möge sich jeder nehmen, was passt und den Rest liegenlassen. Let’s go.

Eine Erfahrung ist für meine Begriffe nicht gleich ein Rückschluss darauf, wie das Leben ist. Es gibt aus meiner Sicht Erfahrungen, die zeigen, wie wir irgendwann angefangen haben „zu glauben“, wie das Leben ist und es gibt Erfahrungen, die zeigen wie das Leben wirklich wirklich ist, nämlich angelegt und gedacht ist.

Es gibt Erfahrungen, die machen wir aufgrund alter Wunden. Das Trauma wiederholt sich. Die alte Prägung, die Überzeugungen aus der Kindheit, Lebenslügen, Traumalügen, kindliche Fehlschlüsse. Und ich bin mir nicht sicher, ob ich sagen möchte „aufgrund alter Wunden“ oder „für die Heilung“.

Diese Erfahrungen geben mir nämlich die Chance, meine Wunden zu sehen, unbewusste Überzeugungen zu erkennen, ins Bewusstsein zu holen, innere Kinder nach Hause zu holen, Anteile aus früheren Leben zu befreien und ganzer, heiler zu werden.

Diese Erfahrungen wiederholen sich, bis die Wunde erkannt und erlöst ist. Es sind zu erlösende Erfahrungen. Wird die Wunde nie erkannt und erlöst, bleibt - aus welchen Gründen auch immer - im Unbewussten, bleiben diese Erfahrungen meine Lebensrealität, bis ich diesen Körper verlasse. Dann war die Welt eine schlechte. Ich wurde immer belogen, betrogen, ausgenutzt, übersehen, angegriffen, übergangen, bevormundet, verleumdet, oder was auch immer. Bei dem Gedanken, dass so Leben ist, wird mir übel.

Dann gibt es Erfahrungen, die passieren jenseits dieser Prägung, als logische Konsequenz der Erlösung, also danach oder/und parallel zu den alten Erfahrungen als Vergleichsmöglichkeit und Fühlprobe. Die zeigen uns, wie das Leben tatsächlich angelegt ist, ohne Filter, ohne Schleier, ohne Scheuklappen, ohne Verzerrung. Das Leben in seiner wahren Natur. Wie es gedacht ist. Ursprünglich. Origin. Das Original-Leben. Es sind erlöste bzw. erlösende Erfahrungen.

Zu erlösende Erfahrungen unterscheiden sich für mich maßgeblich von erlösten Erfahrungen.

Während bei zu erlösenden Erfahrungen Alarm im System ist, ein Nein zur Situation da ist, Nöte da sind, die Wahrnehmung bzw. der Blick extrem eingeschränkt ist, ich mich eher kindlich fühle, eher getrennt und alleine, überfordert, der Körper sich zumeist eng anfühlt, keine tiefe Atmung möglich ist, Druck wahrgenommen wird und andere eher beklemmende Körperzustände, fühlen sich erlöste Erfahrungen frei, erleichternd, weit, warm an. Der Körper ist entspannt und meldet ein Ja. Ich nehme deutlich die Erwachsene in mir wahr, fühle die Anbindung und Verbindung, kann tief atmen. Alles in mir sagt: „SO ist Leben! Gott sei Dank, das ist die Wahrheit!“

Für mich ist jede Art Erfahrung ein Riesengeschenk. Keine davon besser oder schlechter. Zu erlösende Erfahrungen erlauben mir entspannende, befriedende Heilung. Erlöste Erfahrungen fühlen sich wie Ernte an, der Himmel auf Erden wie er gedacht ist. Beides absolut relevant und von Bedeutung.

Danke fürs Mitlesen. 😊❤🙏🏼


(PS: Ergänzend mag ich noch sagen, es gibt auch noch Erfahrungen, die nicht zu erlösen sind und der Körper trotzdem in Anspannung ist oder in Unwohlsein und ein NEIN in mir ist. In denen ich aber erwachsen bin, der Blick weit und klar ist und diese Empfindungen lediglich anzeigen, dass hier etwas nicht stimmt. Dass Missbrauch stattfindet, Manipulation, Verdrehungen am Start sind, herrenlose Gefühle unterwegs sind, Übergriffigkeiten passieren. Dem darf ich Ausdruck geben und direkt in der Situation agieren. Da gibt es nichts zu transformieren. Das sei der Vollständigkeit halber gesagt. Und vielleicht ist es damit immer noch nicht vollständig. 😉)



Mittwoch, 19. Februar 2025

Wenn das Trauma der anderen dazu führt, dass ich negiert werde

Ich weiß nicht, warum mich gestern diese Wut so gepackt hat. Die Wut auf diejenigen, die mir eben genau das unterstellt haben: Ich könnte ja nur so easy meinen Impulsen folgen und eben auch längere Zeit mal "nichts tun", "kein Geld verdienen", weil ich "vom Partner versorgt bin". Da waren Sätze wie "ja, du hast leicht reden".

Ich mag dem nochmal nachspüren und herausfinden, was mich so wütend macht, was da gesehen und anerkannt werden will.

Da ist eine Wut darüber, dass diese Menschen überhaupt nicht begreifen, was es für mich heißt, diesen meinen Weg zu gehen. Dass da die Idee ist, das wäre ein Spaziergang und ich hätte halt einfach Glück mit den Umständen gehabt. Wie wenn das alles nichts mit mir, meiner Entschlossenheit und Vehemenz zu tun hätte. Im Grunde wird mir mein eigener Beitrag abgesprochen, meine "Leistung". Meine Lorbeeren werden anderen zugesprochen. Es geht wohl wieder um nicht gesehen und erkannt sein. Wobei es das noch nicht ganz ist, glaube ich.

Da kommen Sätze in mir hoch: Diese Selbstgefälligkeit und überhebliche Besserwisserei kotzt mich an. Sie haben einen Scheiß von dem verstanden, was das alles bedeutet und was ich da wirklich vollbringe und erlauben sich ein abfälliges, geringschätziges Lächeln mit einer abwinkenden Handbewegung. Alles von mir wird mit einer Geste, mit einem Satz vom Tisch gewischt, als hätte es nicht stattgefunden. Negiert. Ausgelöscht. Bedeutungslos. Aberkannt. Für nicht existent erklärt.

Da geht es lang. Da ist Resonanz. "Für nicht existent erklärt". Was nicht in ihr Weltbild passt, also eigentlich mein ganzes Wesen und Sein, wird negiert. Ich werde negiert. Mich und meine Ansichten, Erfahrungen, die kosmischen Gesetze, nach denen ich lebe und die durch mich wirken, gibt es in ihrer Welt nicht. Ich werde wie Luft behandelt. Maximal belächelt, aber nicht anerkannt.

Halleluja! Das ist der Schmerz. Ich werde komplett ignoriert, ausgeblendet, abgetan. Meine Leistung als Glück, Zufall oder als Begünstigung durch andere betitelt.

Ich merke wie es brennt in mir. In meinem Solarplexus. Tränen steigen auf. Da ist Ohnmacht. Ich kann es nicht ändern, das sie so sind. Ich kann es nicht machen, dass sie erkennen und anerkennen. Ich bleibe mit der Ungerechtigkeit zurück. Bin außenvor. Ein Leben im Vakuum. Isoliert. Von ihnen. Es ist wieder der krasse Schmerz der Nichtexistenz, von dem ich neulich erst wieder geschrieben habe. Alles von mir negiert. Ich negiert, obwohl ich da bin. In ihrer Welt gibt es keinen Platz für mich, also werde ich einfach so behandelt, als gäbe es mich nicht. Meine Einwände unbeantwortet.

Es würde ihre komplette Welt ins Wanken bringen, alles in Frage stellen, was sie bis dahin gelebt und geglaubt haben, wenn sie mich anerkennen würden. Ich bin die Bedrohung per se. Was nicht sein kann, darf nicht sein. Trauma streitet ab. Trauma blendet aus. Trauma negiert.

Ich verstehe nun nochmal tiefer, was da bei den anderen wirkt. Gleichzeitig kann ich noch mehr anerkennen, was das alles für mich bedeutet hat. Puh! Keine leichte Kost! Um diesen negierten Anteil in mir, kann ich mich kümmern.


 

Mittwoch, 12. Februar 2025

Vom Internalisieren und Externalisieren

Immer nur mich selbst zu hinterfragen und den Fehler bei mir zu suchen, ist genauso toxisch und ungesund, wie immer nur bei den anderen zu schauen. Beides sind Extreme. Beides blendet einen wesentlichen Teil aus, der aber zum Ganzen dazu gehört. Es braucht immer den Gesamtkontext.

Wenn Menschen nur bei anderen schauen und fordern und selbst unantastbar sind, nicht in Frage zu stellen, nennt man das gerne Narzissmus und sagt, das wäre toxisch.

Wie nennt sich das aber, wenn ich umgekehrt nur bei mir schaue, alles von mir zerlege, alles in Frage stelle, auch gesunde Reaktionen von mir als "Wunde" deute und den anderen komplett ausblende? Hat das auch einen Namen? Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass es genauso hochgradig ungesund ist, toxisch, giftig für mich selbst, selbstzerstörerisch und unnatürlich, wie "Narzissmus".

Beides sind nach meinem Verständnis Überlebensstrategien aus der Kindheit, hervorgerufen von der Nichterfüllung der kindlichen Bedürfnisse. Die einen fordern ab da das Nichterhaltene immerzu von allen möglichen Menschen, ob die zuständig sind oder nicht. Den eigenen Kindern, den Partnern, den Kollegen, dem Chef, den Politikern, etc. Sie haben noch etwas zu bekommen und dafür sind ganz klar die anderen zuständig. Alle "Fehler", die ja da sein müssen, sonst wären ihre Bedürfnisse ja erfüllt, sind im außen zu suchen. Sie externalisieren. Den Blick als Erwachsene nach innen zu richten und bei sich zu schauen, sich selbst mit in die Gleichung zu nehmen, kennen sie nicht.

Die anderen sehen den Grund der Nichterfüllung der kindlichen Bedürfnisse bei sich. Der Fehler muss in ihnen liegen. Sie machen etwas nicht richtig, übersehen etwas bei sich, sind falsch, nicht liebenswert, oder was auch immer. Sie suchen ab sofort immer nur bei sich, fordern von sich alles, treiben sich zu Höchstleistungen an und sind ihr eigener schärfster Kritiker. Sie müssen es irgendwie selbst hinbekommen. Alles alleine machen. Sie internalisieren. Den Blick als Erwachsene nach außen zu richten und die anderen mit in die Gleichung zu nehmen, kennen sie nicht.

Zu letzterer Gruppe gehörte ich. Ich schreibe bewusst in der Vergangenheit, weil es seit Jahren mein Learning ist, eben meinen Blick auch mal auf die anderen zu richten, die mit an einer Situation beteiligt sind, die sich seltsam anfühlt.

Ich kann und muss ALLES reflektieren. Sowohl mich, als auch die gesamte Situation mit allen Beteiligten. Ich kann nichts aus dem Kontext gerissen betrachten. Weder mein Verhalten, noch das Verhalten des anderen. Weder nur meine Gefühle, noch nur die Gefühle des anderen.

Es gilt mein Feld, meine Absicht, meine Haltung, mein Innenleben zu erforschen, so wie das Feld, die Absicht, die Haltung, das Innenleben des anderen mit auf den Tisch zu legen. Anders geht es für meine Begriffe nicht.

Beim Schreiben wird mir nochmal so richtig schön deutlich, wie gut diese beiden unterschiedlichen Überlebensstrategien miteinander "harmonieren". Einer, der nur bei sich den Fehler sucht, kann natürlich "gut" mit jemandem sein, der den Fehler immer nur beim anderen sucht. Das passt "hervorragend" zusammen. Keiner von beiden ist besser oder schlechter. Keiner von beiden ist aus meiner Sicht in Wahrheit Opfer oder Täter. Sie haben unterschiedliche Überlebensstrategien gewählt. Ich hab da kein Urteil. Das sind wertfreie Beobachtungen, die mir total helfen, so vieles zu verstehen.

Wenn ich das Spiel durchschaut habe, kann ich ganz unaufgeregt und klar zu jeder ungesunden Forderung eines anderen Nein sagen und das nicht mehr mitmachen.

Wenn ich das Spiel durchschaut habe, kann ich ganz unaufgeregt und klar zu jeder ungesunden Forderung an mich selbst Nein sagen und das nicht mehr mit mir machen.

Und tatsächlich habe ich überhaupt keine Ahnung, warum ich das schreibe. Das wollte wohl so.



Montag, 10. Februar 2025

Verachtung - Wenn Geringschätzung entgegenschlägt

Gerade habe ich wieder einen Kommentar auf Facebook gelöscht und jemanden entfreundet. Ich mach das in letzter Zeit öfter. Diese Bereinigung tut mir gut.

Es war ein Kommentar, in dem so deutlich sichtbar war, dass überhaupt nicht erfasst und verstanden wurde, um was es mir ging und ich gar nicht gewusst hätte, wo ich mit erklären anfangen sollte. Da schwang so viel mit, dass jedes Wort zwecklos gewesen wäre. Ich bin es müde, mich zu erklären. Also weg damit.

Beschäftigt hat es mich dennoch weiterhin. Auch nach dem Löschen. Irgendwas schwang da noch mit, was mir ein ungutes Gefühl machte. Irgendwas, was ein gewisses Entsetzen in mir auslöste.

Nicht verstanden werden ist das eine. Ja, da war auch kurz die Ohnmacht, mich nicht begreiflich machen zu können und dass alles, was dieser Mensch von sich gab, auf etwas basierte, was ich überhaupt nicht gemeint habe, machte mich unzufrieden. Das ist ein saublödes Gefühl, so sehr missverstanden zu werden. Aber das war noch immer nicht des Pudels Kern.

Dann fiel irgendwann der Groschen. Das, was der andere da anscheinend in mir sah, war auch noch stark verurteilt von ihm. Es troff aus jedem Wort: Verachtung! Einhergehend mit Selbstgefälligkeit. Das, was ich da aus seiner Sicht, an den Tag lege, hat ER ja nicht. Er fühlt sich als besserer Mensch mir gegenüber und ich und mein Verhalten sind verachtenswert.

Das war es, war dieses mulmige Gefühl machte. Was sich bedrohlich anfühlte. Das hat mir wohl schon mehr als einmal im wahrsten Sinne des Wortes das Genick gebrochen. Falsch verstanden, nicht erkannt in meinem Wesen, falsch eingeschätzt, als Bedrohung wahrgenommen worden, als verachtenswertes Wesen, das es zu bekämpfen gilt. Da erinnere ich mich an die ein oder andere Erfahrung aus früheren Leben. 🙈 🔥

Hui! Kein Wunder, das mein System da empfindlich ist. Ich hab mich die letzten Tage immer wieder gefragt, warum diese Menschen mich nicht einfach in Ruhe lassen können. Ich tu ja keinem was. Aber ich scheine als Bedrohung empfunden zu werde, als minderwertig beurteilt, als minderbemittelt, als unbewusst und damit als Gefahr zu gelten. Dabei ist die Verachtung des anderen eher eine Gefahr für mich. Zumindest war das mal wahr und etwas in mir erinnert sich.

Ich geh dann wohl mal Gefühle fühlen. Schlecht ist mir schon mal... Und gleichzeitig bin ich total froh, dass ich endlich greifen kann, was ich schon so oft so subtil wahrgenommen habe. Endlich hat das Kind einen Namen. Halleluja!

(Definition Verachtung lt. wikipedia: Verachtung ist eine starke Geringschätzung, basierend auf der Überzeugung des Unwertes der von ihr betroffenen Personen...)



Sonntag, 9. Februar 2025

Wenn die Nöte des anderen mein Leben bestimmen

Du hast gegen die Monster der Vergangenheit des anderen keine Chance. Wenn sie von ihm selbst nicht wahrgenommen werden und vor allem als Monster der Vergangenheit erkannt werden, hast du keine Chance.

Eine echte Begegnung wird nicht möglich sein. Ein Zusammenleben auf Dauer schon gar nicht. Der "Alltag" wird euch killen und alles immer wieder sprengen.

Kleinste Kleinigkeiten lösen Nöte aus und wenn diese Nöte nicht als Verletzungen aus der Kindheit (oder noch älterer Wunden) erkannt werden - von demjenigen selber!!! - dann wird das immer alles bestimmen. Das ganze Leben ein falscher Film. Handlungen basierend auf Verzerrungen. Handlungen, die kompensieren müssen, die wegmachen wollen, statt hinschauen, die den anderen, den Auslöser, verändern wollen, beschuldigen, angreifen, Forderungen an ihn stellen.

Es reicht nicht, wenn ICH als Beteiligter/Auslöser realisiere, dass der andere gerade ausgelöst ist und ich werde es dem anderen auch nicht vermitteln können, wenn da keine Bewusstheit über alte Wunden, Heilung und Eigenverantwortung ist, wenn da keine Fähigkeit zur Selbstreflexion besteht, wenn da kein Anteil ist, der zur Beobachtung des eigenen Inneren in der Lage ist.

Ja, natürlich, ich kann mir immer auch das Meine anschauen. Das bringt nur für die echte Begegnung mit dem anderen bedingt etwas, denn es braucht nun mal beide in der Beobachtung und der Bewusstheit. Irgendwann ist mein Part erledigt und es braucht nun mal beide Parts für ein wirkliches Miteinander, für ein gesundes und erfüllendes Zusammensein.

Ein "normales" Leben, sprich ein Leben, das in dem Gewahrsein stattfindet, was WIRKLICH gerade da ist, ist nur möglich, wenn beide hinschauen können und auch aufräumen. Alles andere ist Wundenmanagement, was mindestens einen auf Dauer unglaublich unglücklich und unzufrieden macht.

Warum ich das alles schreibe? Ich erlebe Alltagssituationen am laufenden Band, kleinste Kleinigkeiten, die Christian auslösen. Ich sehe, was passiert, welche Nöte da sind, was für Filme laufen, die mit der Realität wenig bis nichts zu tun haben und ich sehe, was wäre, wenn er sie nicht realisieren würde seine Wunden.

Ich wäre komplett am Arsch. Die Beziehung absolut chancenlos. Ein Erreichen unmachbar. Echte Begegnung ausgeschlossen.

Ich erinnere mich an meine Kindheit, eben den gewöhnlichen Alltag, Kleinigkeiten, und begreife durch die „Wiederholung“ mit Christian noch einmal in einer ganz anderen Tiefe, wie hoffnungslos das mit meinem Umfeld war. Wie viele Ungerechtigkeiten mir passiert sind und in welcher Dichte. Wie oft mir etwas unterstellt wurde, was nicht wahr war. Wie sehr mein Leben von den Nöten der anderen dominiert war. Es hat quasi nur daraus bestanden. Ich war eigentlich dauerhaft im krass falschen Film und hatte keine Chance, da raus zu kommen, diese Hölle zu beenden.

Ich sitze hier und realisiere das Ausmaß. Damit bin ich heute schon den ganzen Tag mehr oder weniger. Ich weiß nicht, wie ich da durchgekommen bin. Ich weiß nur, dass ich unglaublich dankbar bin für einen jeden, der um die Tatsache weiß, dass es alte Wunden gibt und der bereit ist, sich selbst zu begegnen. Dankbar für einen jeden mit dieser Bewusstheit. Und ich weiß auch - mehr denn je, klarer denn je - wann jedes Wort des Begreiflichmachenwollens überflüssig ist, wann es Zeit ist, mich umzudrehen und zu gehen, weil da niemand ansprechbar ist.

Das hilft ungemein. So ganz ohne Ladung die Situation überreißen und gehen. Keine Akrobatik mehr, in dem ungesunden Versuch für den anderen den Abgrund zu überwinden. Keine Verrenkungen mehr, um es vielleicht doch noch rüberzubringen, im wahrsten Sinne des Wortes.

Die Lage erkennen und die Monster des anderen die Monster des anderen sein lassen.
Puh! Erleichternd. Seeehr erleichternd. Und unglaublich heilsam und befriedigend mit Menschen zu sein, die ganz selbstverständlichen ihren ganzen Teil zur Beziehung beitragen.

Danke, Christian, für deine radikale Ehrlichkeit, für deine Ausdauer, dein Wollen und Umsetzen, dein Dableiben, danke, dass es an keinem Punkt aufhört. Danke, dass du um deine Untiefen weißt und hinabsteigst.



Samstag, 8. Februar 2025

Die Ruhe NACH dem Sturm

Es fühlt sich mal wieder nach einem riesigen Durchbruch an. Nach einem unfassbar großen Schritt der Heilung, der Befreiung, der Klarheit, der Bereinigung.

Nach der Wut kam wie beschrieben der Schmerz und das tiefe Verstehen und Erkennen dessen, was da eigentlich zugrunde liegt. Und am gleichen Tag kam ein Hustenreiz, wie ich ihn überhaupt nicht kenne. Am nächsten Tag fingen die Bronchien an zu schleimen. Ein Schleim, den ich nur mit kräftigem Räuspern gelöst bekomme. Ansonsten bin ich fit und fühle mich gesund.

Ich weiß, dass das zu diesem Prozess der letzten Tage gehört. Irgendwas ging da in der tiefsten Tiefe in die Erlösung. Ein aktiver, existenzieller, innerer Konflikt, den ich mein Leben lang mit mir rumgetragen habe, wurde befriedet. Eine Not, die dieser Anteil nach wie vor hatte, fand ein Ende.

Jetzt fühlt es sich ganz anders an, wenn ich in die Welt schaue und an all die Menschen denke, die mich nicht erfassen können, die mich womöglich (falsch) beurteilen, verurteilen, verkennen, nicht erkennen und eben krass auf mich projizieren. In mir bleibt es ruhig. Da kommt ein Schulterzucken und eine angenehme Gleichgültigkeit. Da ist Frieden und ich bemerke ein tiefes Mitgefühl mit mir selbst, mit meinem Erleben aus der Kindheit, mit der Erwachsenen, die durch Projektion und Verurteilung, durch Angriffe und Schuldzuweisung immer wieder in diese Not kam.

Gerade fühlt es sich an, als wäre das Spiel durchschaut. Ich bemerke eine Sicherheit in mir, eine neue Souveränität, ein größeres Selbst-Bewusstsein und klareres Selbstverständnis.

Ich kann natürlich nicht wissen, ob nicht doch noch irgendwelche Erfahrungen diesbezüglich nötig sind, um weitere Aspekte darin zu erkennen oder andere Anteile nach Hause zu holen. Das kann immer sein. Das ist auch vollkommen in Ordnung.

Gleichzeitig genieße ich gerade sehr dieses Gefühl der Erlösung und des Friedens, des Verstehens und Durchdrungenhabens. Unglaublich befriedigend. Satt. Voll. Eben diese spezielle Ruhe NACH dem Sturm. Wieder ganzer sein. Noch aufgeräumter und vor allem freier. Herrlich.

Nichts ist befriedigender und erfüllender als immer mehr mich selbst zu haben und zu erfahren. Immer reiner da zu sein. Immer unverzerrter wahrzunehmen. Mich und die anderen. Immer noch tiefer und weiter zu werden und gleichzeitig noch zentrierter und gesammelter.

Ich liebe diesen Weg und trotz all der Heftigkeit darin, würde ich jeden Schritt wieder gehen. Dieser Reichtum in mir, der immer größer wird, ist es mehr als wert. Ich bin für die Meisterschaft hier. Das schwingt als Wahrheit in mir. Das Menschsein meistern. Mich selbst meistern. Das hier in Gänze verkörpern, wer ich wirklich bin. Das heißt vor allem erkennen, durchdringen, reinnehmen und fühlen, wer ich nicht bin.

Jede erkannte Erfahrung dessen, wer ich nicht bin, macht für mich mehr erfahrbar, wer ich eigentlich bin. Sie komplettiert mich, weil ich beides kenne und erfahren habe. Die Lüge und die Wahrheit. Jede Not, jeder Schmerz, jede Verzweiflung, die ich durchdrungen habe, ganz durchlebt habe, mich darüber hinaus erhoben habe, eben bis hin zur Erlösung, weil ich weiß, dass das nicht die letzte Wahrheit ist, macht mich barmherziger, mitfühlender, weicher, verständnisvoller, liebender, sehender, ganzer und lässt mich mein wahres Sein ganz anders verkörpern. Mit viel, viel mehr Weisheit, Tiefe, Weite und Reife. Vollkommen menschlich göttlich. Vollkommen göttlich menschlich. Das verstehe ich unter Meisterschaft.

Die Ruhe NACH dem Sturm. Gleichzeitig immer wieder bereit FÜR den Sturm. Voll und ganz.


 

Donnerstag, 6. Februar 2025

Der unsägliche Schmerz der Nichtexistenz

Unter all dem, was ich gestern zur Projektion geteilt habe, liegt der Schmerz, des nicht verstanden werdens. Wenn ich durch Filter gesehen werde, wird mein Wesen nicht erkannt. Ich werde in der Projektion überhaupt nicht erfasst, das, wie ich wirklich gerade da bin, was ich meine, fühle, um was es mir tatsächlich geht.

Unter der Wut über die Projektion ist kindliches Entsetzen und Fassungslosigkeit und natürlich dieser unendlich große Schmerz. Das nicht gesehen werden, nicht erkannt werden und das nicht gefühlt werden, ist das eigentlich Schreckliche daran. Das war als Kind der Overkill.

Daraus resultiert eigentlich erst das erklären wollen und "rechtfertigen". Ich hätte es als Kind gebraucht, in meinem Wesen und in meinen Gefühlswelten verstanden zu sein.

Dass das nicht so war, erzeugte ein ganz besonderes Gefühl der Einsamkeit, der Verbindungslosigkeit, der Not. Da gibt es keine Meinesgleichen. Da bin ich der Alien und alle anderen scheinen sich zu verstehen und einig zu sein. Zumindest kam es mir als Kind so vor. Jeder einzelne von ihnen war im Grunde so einsam wie ich. Nur hab ich das nicht gewusst. Es sah anders aus. Fühlte sich anders an. Ich war anders. Ich wurde nicht verstanden. Ich wurde nicht gesehen. Ich wurde nicht gefühlt. Ich wurde nicht begriffen und erfasst.

Natürlich will alles in mir verstanden werden. Natürlich erkläre ich mich. Natürlich suche ich auch den Fehler bei mir, weil wenn ich ihn finde, kann ich ihn beheben und kann endlich dazu gehören. Und wenn der Fehler nicht bei mir ist, versuche ich das den anderen begreiflich zu machen. ICH BRAUCHE ES ALS KIND, VERSTANDEN ZU WERDEN.

Was alles selbstverständlich nie funktioniert hat. Aber ich hatte immer die Aussicht, dass ich was machen kann und dann vielleicht doch irgendwann Verbindung und Zugehörigkeit erlebt werden kann. Dass ich irgendwann begriffen werde, gesehen werde, gefühlt werde, erfasst werde, erkannt werde. Dass da irgendwann Meinesgleichen sind und diese Einsamkeit aufhört. Diese Nichtexistenz, weil es mich schlicht nicht gibt, wenn ich nicht gesehen werde.

Jedes Wesen braucht es, gesehen zu werden, um überhaupt wirklich da zu sein.

Und an all das werde ich erinnert, wenn jemand auf mich projiziert. An den Schmerz der Nichtexistenz. Er ist schlimmer als Sterben. Er ist die Hölle auf Erden! Um den kann ich mich jetzt kümmern.

Halleluja! Danke fürs Hinführen! 🙏🏼🔥❤️‍🩹



Donnerstag, 2. Januar 2025

Von Vorwürfen und Schuldzuweisungen

In letzter Zeit rechne ich bei jedem Kommentar auf social media mit Anfeindungen, mit Vorwürfen, mit Schuldzuweisungen, mit Bewertungen, mit Verurteilung, mit ausgedrückter Ablehnung, ja sogar mit Hass und Bekämpfung. Tatsächlich passiert es auch. Öfter als gewohnt.

Es gab diese Phasen immer wieder. Sogar Hetze hat es schon gegeben. Es scheint in Wellen zu gehen und immer wieder "nötig" zu sein, um weiter zu heilen.

Ich beobachte mich darin. Es macht viel mit mir. Tatsächlich ist es eine Herausforderung, es als Aussage desjenigen über sich selbst zu sehen und es nicht persönlich zu nehmen. Ich muss mich regelrecht daran erinnern, dass ich nicht gemeint bin, sondern gerade als Projektionsfläche diene.

Etwas in mir nimmt es sofort zu sich, nimmt den Vorwurf, die Schuld und denkt, dass der andere recht hat. Dass ich tatsächlich unmöglich bin, eine Zumutung, dass der andere unter mir oder wegen mir leidet. Etwas in mir glaubt tatsächlich, dass ich etwas an meinem Verhalten ändern müsste, dass ich zu weit gegangen bin, zu offen bin, zu viele Gefühle habe, dass ich anstrengend bin und ein Täter. Wankelmütig, sprunghaft, herrisch, kalt. Oder zu sülzig, verklärt, naiv, unvernünftig, nicht ganz bei Sinnen, völlig neben der Spur, weltfremd, dumm, unprofessionell, vom Leben keine Ahnung habe, andere belästige, ausnutze, mir Vorteile auf Kosten anderer verschaffe.

Diese Aufzählung könnte ich wahrscheinlich noch ewig weiter führen. Alles Dinge, die ich als Kind gehört habe, oder mir durch Blicke vermittelt wurden, emotionale Botschaften zwischen den Zeilen oder schlicht Rückschlüsse, die ich selbst gezogen habe in meiner kindlichen Logik, die alles auf sich bezieht.

Dieser Anteil in mir, der all das selbst glaubt oder/und befürchtet, dass die anderen damit recht haben, weiß nichts davon, dass ich einfach nur unangenehme Gefühle in anderen ausgelöst habe, für die ich aber nicht verantwortlich bin. Dieser Teil nimmt sofort die Verantwortung dafür zu sich. Sofort! Er weiß nicht, dass der andere für seine Gefühle selbst zuständig ist.

"Oh, da ist jemand aufgebracht wegen mir, enttäuscht von mir, ich muss was anders machen! Ich war wieder so und so... Ich muss das sofort korrigieren oder abstellen, mich erklären oder es wieder gut machen."

Letztlich ist ein Vorwurf nur das vor die Füße werfen der Verantwortung des anderen, ein unreflektiertes Hinwerfen, Hinrotzen und Austeilen, ein Nichtzusichnehmen. Mir wird suggeriert, ich hätte eine Grenze überschritten, obwohl ich nur von mir spreche. Dass der andere dann angreift, mich angeht, meine Grenzen überschreitet, wird nicht bemerkt, auch von meinem inneren Anteil nicht. Dieser Teil kennt seine Unschuld noch nicht. Er hat die Verdrehungen noch nicht begriffen. Da darf noch etwas richtig gestellt werden.

Mir hilft es gerade, das alles zu beleuchten, zu beschreiben, was da eigentlich vor sich geht. Es zu betrachten und zu befühlen. Damit bin ich jetzt noch etwas, lass es sacken und wirken. Beobachte und ergründe. 



Freitag, 15. November 2024

Das klaffende Loch, wo der Vater hätte sein müssen

Das klaffende Loch, wo der Vater hätte sein sollen. Gestern stand ich da plötzlich und konnte das gesamte Ausmaß dieses NichtdaSeins erfassen. Unendliche Weiten. Ein riesiges Nichts, das als Kind hätte ausgefüllt sein sollen von der emotionalen Anwesenheit des Vaters, von seiner Präsenz.

Über die letzten Jahre habe ich immer wieder einzelne Aspekte dieses Fehlens erkannt, durchlebt, greifen können, was als Kind keine Worte hatte.

Der fehlende Beschützer, der fehlende Halt in meinen Emotionen, die fehlende Unterstützung bei Herausforderungen, das fehlende Wohlwollen, die fehlende Orientierung am Göttlichen, am Wesentlichen, am Puls des Lebens, die fehlende Führung durch den Alltag unter genau diesen Gesichtspunkten, das fehlende Raumgebende für eigene Prozesse und Erfahrungen, das fehlende Gesehenwerden, Erkanntsein, Wahrgenommenwerden, die fehlende Inspiration, das fehlende Vorbild, die fehlende emotionale und geistige Versorgung, die fehlende Größe und Selbstsicherheit, die fehlende Reife und Weite, das fehlende Greifbarsein seines Wesens.

Gestern war das Bild dieses Abhandenseins auf einmal vollständig, lag ausgebreitet in seiner ganzen, monströsen Größe vor mir, eindeutig dem Vater zuordenbar. Kein Teil von mir hatte in diesem Moment mehr die Idee irgendetwas davon von einem anderen Mann haben zu wollen. Kein Teil streckte sich nach irgendwem aus. Auf einmal war da Stille in mir. Das Sehnen, das Brauchen, das Lechzen hatte auf einmal einen Namen und noch dazu volle Berechtigung. Ich ließ mich hineinfallen in genau all das, was hätte sein sollen, in das Fühlen des Brauchens, in das "das genügt mir alles hinten und vorne nicht", in den Durst, in den Hunger. Es ist wahr. Es hat nicht genügt. Nicht im Ansatz.

Heute Nacht hatte ich einen Traum. Ich träumte von meiner Familie, von diesem Schmerz der unerfüllten väterlichen Bedürfnisse. Ich entzog mich allem und jedem, der mich stattdessen versorgen wollte. Ich zog mich zurück, fühlte alles, was dazu gehörte, schlug gegen die Wand und schrie herzzerreißend und scheinbar unendlich. Zum ersten Mal seit ich denken kann, konnte ich tatsächlich in einem Traum schreien. In all den Träumen, in denen ich bislang hätte mit jeder Faser meines Körpers schreien wollen, kam kein Ton über die Lippen. Der Schrei blieb mir jedes Mal im Halse stecken. Ein widerliches Gefühl. Bisher.

Heute Nacht habe ich im Traum geschrien wie noch nie. Es war so wohltuend, so befreiend, so erlösend. Das Kind hat endlich einen Namen. Der Schrei seinen Ursprung. Das Fehlen Worte. Das Brauchen die Ursache.

Im gleichen Traum etwas später kam mein Vater zu mir. Er sagte mir, dass er mir ja geben würde, aber ich wäre nicht in der Lage es anzunehmen. Es läge an mir, dass ich nichts von ihm bekomme. Ich war kurz verunsichert. Dachte an meine Beziehung zu Gott. Wenn ich da Trennung spüre, dann weil ich aus dem Kontakt gegangen bin. Traf das auch auf meinen Vater zu? Verweigerte ich das Annehmen? Bin ich diejenige, die das Empfangen von ihm unmöglich machte? In mir formte sich ein NEIN. Es stieg aus den Tiefen des Unterleibs auf. Stark. Vehement. Klar. Nein, das ist nicht die Wahrheit. Ich war da. Immer. Als Kind sowieso. Als Kind kann ich gar nicht nicht empfänglich sein. Mein Leben hing vom Empfangen ab.

Als ich heute morgen aufwachte war etwas grundsätzlich anders. Ein Innengefühl. Da war eine neue Klarheit. Ein neuer Frieden. Eine unglaubliche Befreiung und Erleichterung. Eine neue Weite. Das Sehnen hatte aufgehört. Das riesige Loch füllt sich. Mit mir, mit meinem Gewahrsein. Mit meinem Hinschauen, unter meinem Blick wächst es zu. Pflanzen aller Art befüllen die Fläche. Eine Landschaft entsteht. Das Loch bleibt nur mehr eine Erinnerung. Wenn ich ganz genau hinschaue, kann ich erahnen wo es war.

Es ist eine besondere Stimmung in mir. Etwas Feierliches. Etwas Demütiges. Etwas Erschöpftes. Diese Worte sind die ersten, die heute in die Welt gehen. Ich hab noch keinen Ton gesagt, hatte mit niemandem Kontakt. Nur mit mir. So wohltuend. In all dem. Bei mir sein. Mir selbst reichen. Mich dahin wenden, wo Menschen zu Hause sind, anWesend. Wo Verbindung möglich ist.



Dienstag, 5. November 2024

Lesen im Feld und Zeitqualität

Ich sollte mal wieder sprechen, ohne zu wissen, warum. Ein Lesen im Feld ist daraus geworden, gefühlt sehr viel mein eigenes Feld, und doch auch ganz viel Zeitqualität, die uns alle angeht.

Das, was bisher war, will gesegnet und gewürdigt sein. Eine lange Epoche der Erforschung der Trennung.

Hier geht es zur Audio: https://t.me/AnjaReiche_herzradikal/2184