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Freitag, 22. September 2023

Gefühle sind nicht logisch

Gefühle sind nicht logisch. Oder: Wenn es unlogisch wird, sind Gefühle im Spiel. Und damit meine ich Emotionen aus einer alten Verletzung heraus, die sich in einer Alltagssituation im Jetzt zeigen. Die sind alles nur nicht logisch in der gegenwärtigen Situation. Meist völlig "übertrieben", zu heftig für das, was wirklich passiert ist.

Dann kommen Argumente und Begründungen, Aktionen auf Sachebene. Ein Versuch zu erklären, warum das Gefühl gerade da ist. Oder der Versuch, das Gefühl zu vermeiden. Zum Beispiel Überforderung mit Nachfragen, Abklären, Informationen sammeln, abzumildern.

Für den, der gerade nicht in der Emotion ist, nicht angetriggert, erscheint das alles oft absurd und total unverständlich, unlogisch eben, manchmal sehr widersprüchlich.

Verläuft das Gespräch der beiden weiter auf Sachebene ist die Diskussion und wahrscheinlich dann auch der Streit perfekt. Auf Sachebene wird hier gar nichts erreicht. Auf Sachebene ist das Ganze extrem bizarr. Um die Sache an sich geht es nämlich genau Null Komma Null.

Es gab mal wieder viel zu beobachten die letzten Tage bei mir und Christian. Nämlich genau das. Und ich hab mich verführen lassen. Bin der Versuchung erlegen und hab logisch argumentiert, die Widersprüchlichkeiten benannt. Der Detektiv in mir war voll im Einsatz. Ich fühlte mich teilweise echt verarscht, für dumm verkauft, sah es fast als Beleidigung meiner Intelligenz, so offensichtlich war die nicht vorhandene Schlüssigkeit.

Ich wurde wütend, ironisch, sarkastisch, bissig. Fühlte mich ohnmächtig, weil ich anscheinend nicht deutlich machen konnte, wie absurd das Ganze ist. Zum Haare raufen - im wahrsten Sinne des Wortes. Alltag in meiner Kindheit.

Dann heute die Schlüsselsituation. Eine Kleinigkeit. Es ging ums Wäsche waschen. Weiße Wäsche. Meine Bitte, nur weiße Wäsche in die Maschine zu tun. Darauf Nachfragen und Aussagen von Christian, die mich mal wieder die Welt nicht verstehen ließen. Wo ich denn weiße Wäsche hätte, ich hätte doch in letzter Zeit gar nichts Weißes angehabt und wie ich mir das denn vorstelle. Die Bettwäsche wäre nicht weiß, sondern champagnerfarben. Ihm wäre das jetzt zu kompliziert. WAS?

Ich versuchte, dem zu folgen, zu antworten, zu erklären, zu verstehen. Vergeblich. Einfach alles unlogisch für mich. Ein Satz hat alles von einem Moment auf den anderen verändert.

"Dass es mir kompliziert vorkommt, ist nur ein Gefühl."

Bei mir hat es sofort einen Schalter umgelegt. Die Anspannung war weg. Ich habe verstanden, dass all die Fragen und Aussagen nur dazu gedient haben, die Überforderung zu mildern, klar zu kommen, das Gefühl wegzumachen mit Aktionen auf der Sachebene, mit Logik. Ein Unding.

Dann war da dieser Satz in mir: Gefühle sind nicht logisch. Der Versuch mit Logik bei aktiven Emotionen etwas bewirken zu können, kann nur scheitern.

Flashback in die Kindheit. Ich erinnere mich an unzählige haarsträubende Diskussionen mit meiner Mutter. Dachte damals, sie verkauft mich wirklich für dumm, missbraucht ihre Macht, treibt Spielchen mit mir, labt sich an meiner Ohnmacht, will mich demütigen. Natürlich hab ich ihr Verhalten auf mich bezogen und es persönlich genommen. Aus kindlicher Sicht nur natürlich.

Nun sehe ich mit dem Erlebnis von heute nochmal neu hin und erkenne, dass sie ausschließlich mit sich beschäftigt war und damit, ihre Gefühle zu vermeiden - mit Kontrolle über andere, mit unsinnigen Verboten oder Forderungen. Sie lieferte Begründungen und Argumente, die sich alle komplett widersprachen. Und das war ihr auch total egal, weil es eben nicht um die Sache ging, sondern einfach jedes Mittel recht war, um die Gefühle nicht fühlen zu müssen.

Die Groschen sind nur so gefallen. Das alles hallt noch nach wie ein Donnerschlag. Ich bin unfassbar dankbar für diese Erkenntnisse. Es kommt Frieden in das Kind, das ich damals war, in den Teenager, der eigentlich im Dauerkrieg mit der Mutter war.

Ich blicke auf so einige Begebenheiten zwischen mir und Christian nochmal ganz anders und verstehe plötzlich, habe Mitgefühl. Da ist Erleichterung und eben Dankbarkeit.

Mein Blick auf "Narzissmus" verändert sich mehr und mehr. Mehr und mehr sehe ich einfach Menschen mit tiefen Wunden, mit Verzweiflung, mit Bewältigungsstrategien, denen es gar nicht um die Unterdrückung oder Ausnutzung der anderen geht, sondern die so krass mit sich und Gefühlsvermeidung/-bewältigung beschäftigt sind, dass sie einen anderen gar nicht wahrnehmen.

Ich vermute, ich werde künftig anders hinschauen, wenn es unlogisch wird, werde nach dem Gefühl, der Not untendrunter schauen. Den Verstand beiseite stellen. Die Ebene wechseln. Vom Kopf ins Herz.

Und vorher war es unabdingbar, meinen aufgebrachten Teeny zu entdecken und da ein paar Dinge klarzustellen. Er wurde nicht verarscht. Er war von Menschen in krasser emotionaler Not umgeben. Das darf sacken.

Amen.


Sonntag, 6. August 2023

Unstimmigkeiten ansprechen, ist keine Grenzüberschreitung

"Mit mir ist es nicht auszuhalten."

Die Überzeugung hab ich gerade beim Sprechen in mir gefunden. "Auf Dauer hält es niemand mit mir aus. Irgendwann muss ich immer gehen, werde weggeschickt, weil der andere endlich wieder seine Ruhe haben will."

Wenn ich meine Eltern in Gefühle gebracht habe, wurde ich entweder bestraft, beschämt oder weggeschickt, in dem sie mir eine Aufgabe, eine Arbeit gegeben haben. Ich wurde klein gemacht. Es wurde Macht über mich ausgeübt. Meine Einwände als Blödsinn und unwichtig hingestellt.

Natürlich hab ich abgespeichert, dass ich das Problem bin, dass irgendwann der Moment kommt, in dem ich weggeschickt werde, weil es für den anderen nicht mehr auszuhalten ist. Weil ICH nicht auszuhalten bin. Weil es mit mir nicht auszuhalten ist.

Tatsächlich haben SICH meine Eltern SELBST nicht ausgehalten. Haben ihre EIGENEN Gefühle nicht ertragen.

Ich bin nicht diejenige, die deren Grenzen ständig überschritten hat mit meinen Fragen und Einwänden. Meine wurden überschritten mit sinnlosen Regeln und Unwesentlichkeiten, mit der Kontrolle von mir, damit sie sich selbst nicht fühlen mussten. Ich hab mich gewehrt und wurde zum Täter erklärt. Da waren Widersprüche in den Aussagen, im Verhalten meiner Eltern. Da waren Begründungen und Regeln, die nicht zu Ende gedacht waren. Ich habe hinterfragt. Habe damit Überforderung ausgelöst, Ohnmacht, Kleinheit, Minderwertigkeit und wurde dafür gemaßregelt. Fühlte mich als Täter. Diese Verdrehung wirkt.

Wer nicht fühlen will, muss herrschen. Dieser Satz ist mir in der Verrücktheit der letzten drei Jahre "Krise" so deutlich geworden. Bei meinen Eltern war es auch so. Nur dass ich es als Kind halt nicht überreißen konnte und die falschen Schlüsse gezogen habe.

In der Begegnung mit Christian wird es gerade sehr deutlich. Meine Angst, dass ich ihm irgendwann zuviel bin, dass es zu anstrengend mit mir ist, dass es nicht auszuhalten ist mit mir, ist wieder aktiv. Ein Teil in mir wartet auf den Moment, in dem ich gehen muss, weil er seine Ruhe haben möchte.

Wir reflektieren viel. Beleuchten. Durchdringen. Er sagt mir, dass er es genau so will. Dass ich hinterfragen soll, dass meine feine Wahrnehmung von Unstimmigkeiten gefragt ist und gleichzeitig ist da der Teil, der denkt: "Das kann er nicht wirklich wollen."

Die Kleine von damals braucht wohl gerade mal die Aufdeckung des Irrglaubens.
▪️Nicht sie ist schwer auszuhalten, sondern die Gefühle, die sie auslöst.
▪️Sie ist nicht das Problem, wenn andere ihre Gefühle nicht handhaben können.
▪️Unstimmigkeiten und Widersprüche ansprechen, etwas in Frage stellen, ist keine Grenzüberschreitung.
▪️Sie ist liebenswert. Ihr gesamtes Wesen wird geliebt und gewollt, vom Leben gebraucht.

Ich bin geliebt und gewollt. Genau richtig.



Montag, 22. November 2021

Der karmische Ausgleich findet statt

Ich musste immer dafür kämpfen, dass ich gesehen werde. Ich musste immer auf mich aufmerksam machen, auf meine Feinfühligkeit, darauf, dass ich viele Dinge einfach nicht so gut haben kann, wie andere. Hochsensibilität ist das Stichwort. Ich musste immer erst STOP sagen. Mein Umfeld, meine Ursprungsfamilie, Kollegen, Familien von Partnern, Freunde – sie konnten nicht mit meinen Augen die Welt sehen, sie konnten sich nicht in mich hineinversetzen. Deswegen haben sie auch nie von sich aus mal gefragt, ob dies oder jenes für mich in Ordnung ist.

Da war nie Interesse für mich und mein Anderssein. Es hat sich nie jemand die „Mühe gemacht“, sich mal mit meiner Welt, meinen Empfindungen, meinen Ängsten, Herausforderungen, meinem Glauben, meinen Überzeugungen und später auch meinem Wirken zu beschäftigen. Niemand „wollte“ mich verstehen. So zumindest mein subjektives Erleben. 😉 (Heute weiß ich, dass sie nicht können, selbst wenn sie wollten.) Ich musste mich von mir aus erklären, gut für mich sorgen und mich mitteilen, wenn ich nur ansatzweise einen Platz haben wollte in solchen Gemeinschaften von „Normalfühlenden“, wenn ich dabei sein wollte und es erträglich für mich sein sollte.

Ich bin es daher gewohnt, gut für mich zu sorgen, die Komische zu sein, die Anstrengende, die, die immer alle versteht und selbst nicht verstanden wird. Ich komme klar alleine. Ich musste es ja immer. Ich habe gelernt mir selbst genug zu sein und eigentlich ist das auch der Weg für einen jeden: Sich selbst genug sein.

Dennoch sind wir soziale Wesen und die Erleichterung war unfassbar groß, als ich gemerkt habe, dass es da Menschen gibt, die genauso „schräg“ wie ich sind. Meine Soulfamily!!!! Was für ein Aufatmen! So wundervoll, Gemeinschaft ganz neu zu erleben. Da sind auf einmal Menschen, die sich tatsächlich für mich interessieren, weil sie es kennen und können. Sie kennen das tiefe Fühlen, das viele Fühlen, die geistigen Welten, die kosmischen Wahrheiten, die großen Zusammenhänge. Sie kennen sich selbst, wie ihre Westentasche und können deswegen – genau wie ich – anderen mit unfassbar viel Empathie und Verständnis begegnen.

Dadurch wurde noch deutlicher, dass ich weder die Ursprungsfamilie wirklich „brauche“ – im Sinne von „sie müssen mich doch endlich verstehen“, noch dass ich die Familie des Partners brauche, die mich verstehen „müssen“ und ich brauche es auch nicht von meinem Partner. Ich brauche im Prinzip nur mich und meine Herde, in der ich mich selbst noch tiefer verstanden habe. Wir erkennen uns nun mal nur in Beziehung zu anderen.

Jetzt ist etwas passiert, mit dem ich überhaupt nicht gerechnet habe. Aus diesem Freilassen der Ursprungsfamilie, des Partners und der Familie des Partners, ist es geschehen, dass da plötzlich Achtung und Wertschätzung kam, dass da plötzlich einer stellvertretend für alle auftaucht, der sich für mich und meine Welt interessiert, der sich selbst so tief geschaut hat, dass er mich in der Tiefe erkennen kann und das, was er vielleicht noch nicht ganz versteht, lässt er sich erklären.

Quasi aus dem Nichts heraus, aus dem „komplett mir genug sein“, aus dem Nichtmehrbrauchen kommt nun jemand daher und beschenkt mich so reich. Es fühlt sich nach einem Ausgleich an für so viele Leben und Erfahrungen voller „übersehen werden“, „verkannt werden“, „unterschätzt werden“, „ausgegrenzt werden“. Es ist für mein Gefühl ein karmischer Ausgleich. Ohne dass ich bewusst danach gestrebt habe, ist es einfach passiert.

Die Tränen liefen in Sturzbächen. Die Kleine von früher, die nie gesehen wurde, die nie wirklich erkannt wurde, nach der nie gefragt wurde, wurde nachträglich gesehen. Von einem Familienmitglied meines Partners. Die Frau, die Hexe, die Heilerin aus so vielen alten Leben wurde erkannt und gesehen, nachträglich. Die Tiefe und Weite des Wirkens, das Ausmaß dessen, zu was sie wirklich in der Lage ist.

Plötzlich ist da Achtung wo so lange keine war. Ich hatte irgendwann letztes Jahr schon einmal darüber geschrieben, dass es nun an der Zeit ist, dass aus Verachtung Hochachtung wird und habe genau DAS gemeint. Die Familien, die wir in diesem Leben haben, die Familien unserer Partner - wir kennen einige Mitglieder schon viele Leben lang – sind nicht umsonst in diesem Leben um uns. Wir haben uns wiedergefunden, um genau diesen Ausgleich stattfinden zu lassen.

Die, die uns früher auf den Scheiterhaufen gebracht haben, bringen uns jetzt Hochachtung entgegen. Es muss so sein, damit das Spiel enden kann, zu Ende gespielt ist. Das ist der Ausgleich. Ich für meinen Teil weiß, dass ich es erleben wollte, dass sie dieses Mal nicht damit durchkommen, uns zu beseitigen. Ich bin gekommen, um zu bleiben. Sie sind gekommen, um sich zu verneigen und beiseite zu treten, das Zepter zu übergeben.

Dieses Mal ist es umgekehrt. Auf menschlich irdischer Ebene „scheitern“ nun sie mit ihrem alten Weltbild und nicht wir. Der „Scheiter“haufen der anderen Art. Das Ganze ist für mich nicht mit Groll verbunden. Da ist keine Ladung drauf. Da ist kein Hass, kein Vernichtungsgedanke. Niemand muss ausradiert werden. Überhaupt nicht. Es ist die bloße Erfüllung unserer Verabredung in diesem Leben. Dieses Mal sind die Rollen eben so verteilt, damit jeder noch „zu Ende“ spielen kann.

Es geht um Heilung, um Erlösung, um Vollendung von einem Zyklus, um Befreiung von allen Beteiligten. Es geht darum, dass das geschieht, was uns zurück zu unserer wahren Natur bringt, zurück in die Verbundenheit, zurück in den Geist des All-eins-Seins. Es dürfen die die Führung übernehmen, die sich dieser Natur bewusst sind und das sind die Hexen und Heiler von damals und eben nicht mehr der Klerus und die scheinbar Gelehrten. Hier an dieser Stelle wird die Führung übergeben. Stabsübergabe. Das ist unser Deal. Das ist die Wahl der Schöpfung. Wir sind mittendrin in diesem Übergang.

Foto: Canva
Text und Gestaltung: Anja Reiche

Donnerstag, 11. November 2021

Entwicklungspsychologie - Warum die Menschheit gerade da ist, wo sie ist

Wieso gibt es so viele "Mitläufer" und Menschen, die einfach nicht hinsehen "wollen"? Kann man die Welt und den Zustand der Menschheit noch erklären? Wer steht wo und warum?

Für mich ist mittlerweile nur logisch, dass Menschen sich so verhalten wie sie es eben tun. Ich teile meine Erkenntnisse und Aha-Momente, die mir das Modell der Bewusstseinsentwicklung gegeben hat.

Ich hab nochmal an meinen Satsang von letzter Woche angeknüpft und bin in dieser Audio nochmal tiefer in die Entwicklungspsychologie eingestiegen.

Viel Freude beim Lauschen. Teilen absolut erwünscht! 😊✨💫✨

Zum Podcast!

Foto: Canva
Text und Gestaltung: Anja Reiche

Samstag, 6. November 2021

Kinder brauchen Eltern in Eigenverantwortung

Als ich kürzlich den Post in Sachen "wir dürfen jedem seine eigenen Erfahrungen zugestehen" gemacht habe, kam in den Kommentaren auf Facebook die Frage, was mit Kindern ist und was ich Eltern von schulpflichtigen Kindern diesbezüglich raten würde. Eine ganz zauberhaft FB-Freundin meinte, dass meine Antwort darauf einen separaten Post wert ist. 😀 Sarah, dein Wunsch ist mir Befehl. 😁😎💖🎉

"Ich spreche selbstverständlich von Menschen, die erwachsen sind und die man deswegen in die Eigenverantwortung entlassen kann.

Kinder brauchen prinzipiell Eltern in Eigenverantwortung. Kinder brauchen grundsätzlich jemanden, der sich vor sie stellt, wenn es nötig ist und hinter sie, wenn es dran ist, sie ihre eigenen Erfahrungen machen zu lassen. Wurzeln und Flügel, Schutz und eigenen Raum zugleich. Das eine vom anderen zu unterscheiden ist eine Sache, derer es Weisheit bedarf. Jede Situation ist individuell zu betrachten und da darf man genau hinspüren.

Gleichzeitig ist es meine Wahrheit, dass auch Kinder im übergeordneten Sinne ihre Erfahrungen gewählt haben und auch wussten, auf was sie sich mit den Eltern einlassen. Wir können nicht wissen, was sie wirklich erfahren wollen.

Ich persönlich kann sagen, dass es selbstverständlich beschissen war, mit einer narzisstischen Mutter aufzuwachsen und gleichzeitig würde ich diese Erfahrung niemals hergeben wollen, weil sie mich so sehr gelehrt und geschult hat. Wie könnte ich also sagen, dass es besser gewesen wäre, eine komplett wache und reife Mutter zu haben? So vieles hätte ich nicht erfahren können, was mir heute so dienlich ist. Für dieses Leben war das die perfekte Wahl und Erfahrung.

Ich glaube, da ist einfach Intuition gefragt und dass die Eltern ihre Hausaufgaben in Sachen Selbstheilung machen, Gefühle fühlen, ihre Themen anschauen. Ein gemeinsames Wachsen und Ausprobieren. Es gibt keine Fehler. Jeder macht es so gut er gerade kann. Und auch da ist jeder am richtigen Platz, weil das Leben einfach keine Fehler macht.

Das ist meine Wahrheit dazu. ❤"


Foto: Canva
Text und Gestaltung: Anja Reiche

Dienstag, 5. Januar 2021

Ich spreche mich frei

Da läuft gerade irgendwie dieser Prozess, ohne dass ich es schon richtig greifen kann. Es geht für mich gerade extrem darum, mich selbst zu begnadigen.

Es gibt da eine Sache für die ich mich wieder und wieder verurteile. Es gibt da einen Teil in mir, der auf keinen Fall so ein unangenehmer, anstrengender, Raum einnehmender, übergriffiger Mensch sein will, wie meine Mutter.

Ich verurteile mich daher, wenn ich selbst "zu viel" Raum einnehme. Ich verurteile mich, wenn ich mich "zu viel" einmische. Ich verurteile mich, wenn ich anderen sage, dass ich dies und das nicht möchte oder anders möchte. Ich verurteile mich, wenn ich "zu anspruchsvoll" bin. Ich verurteile mich, wenn ich weiterrede, obwohl ich merke, dass der andere gar keine Lust mehr hat zuzuhören. Auch wenn das nicht kommuniziert wurde.

Und da kommen wir genau auf den Punkt: Es sind alles nur meine Eindrücke. All das wurde mir nicht zurückgemeldet. ICH habe das Gefühl, dass es "zu viel" war. Sobald man mir gegenüber STOP sagt, kann ich das sofort akzeptieren. Das wurde aber nicht gesagt.

Manchmal wünsche ich mir sogar, dass mir andere mehr Paroli bieten würden, öfter STOP sagen würden, den Mut hätten, ihre Grenzen laut und deutlich mitzuteilen, ihre Bedürfnisse, Entscheidungen, Vorlieben. Manchmal könnte ich aus der Haut fahren, wenn ich miterlebe, dass Menschen etwas über sich ergehen lassen, ganz egal, ob ich jetzt direkt daran beteiligt bin oder nicht. Wenn ich daran beteiligt bin, umso "schlimmer".

Wenn ich so recht drüber nachdenke und -fühle, ist es sogar anstrengend für mich, mit Menschen zusammen zu sein, die nicht wirklich wissen, was sie wollen, die immer nur sagen "ist mir egal, entscheide du das". Das macht mir keinen Spaß. Ich möchte Menschen mit eigenem Willen, mit eigenem Kopf, die wissen, wer sie sind und was sie wollen. Ich mag Menschen mit Eigenarten, Ecken und Kanten. Die sind wenigstens greifbar, die haben Kontur. Die kann man "packen". Da ist jemand. Damit kann ich etwas anfangen.

Wenn ich das Ganze dann noch weiterdenke und -fühle, dann bin ich selbst nicht anstrengend mit meinen Ansprüchen und ich nehme auch nicht zu viel Raum ein. Ich nehme meinen Raum ein, wenn andere mir den ihren auch noch zur Verfügung stellen, kann ich dafür nichts. Ich habe sie nicht gebeten, mich in ihr Wohnzimmer zu lassen. Ich habe sie nicht darum gebeten, sich hinzuwerfen, wie ein Fußabtreter. Ich habe sie nicht gebeten, dass sie sich mir unterwerfen. Ganz im Gegenteil. Ich fordere jeden auf, mir auf Augenhöhe zu begegnen. Ich fordere jeden auf, auf jeden Fall zu widersprechen, wenn ich etwas sage oder tue, was für sie nicht stimmig ist.

Ich bin zu 100% jemand, der die Meinung von anderen akzeptiert und respektiert. So sie denn ausgesprochen wird. Auf Rätselraten und Vermuten, auf Fühler ausstrecken und Erahnen, was der andere wirklich will - unter dem, was er kommuniziert - hab ich keine Lust.

Das ist genau der Punkt, in dem ich mich begnadigen darf, in dem ich mich freisprechen darf. Wenn andere nicht deutlich machen, was sie wollen und wo ihre Grenzen sind, dann brauche ich mir keinen Vorwurf machen, wenn ich "drüber gehe" und das meistens auch noch "ausversehen", durch mein So-Sein, in dem ich einfach ich bin.

Ich bin manchmal laut. Ich bin manchmal grade heraus, sage, was ich denke, ohne Umschweife. Ich habe meine Ansprüche und kommuniziere sie. Ich habe genaue Vorstellungen, weiß, was ich will und was nicht. Damit stufe ich mich selbst oft als anstrengend ein, weil so viele andere halt nicht so sind. So viele wissen nicht, was sie wollen, haben keine konkreten Vorstellungen, können keine Entscheidungen treffen, haben keine Vorlieben, keine eigenen Ideen und Impulse. Sie werden gelebt, von anderen. In dem Fall auch von mir.

Deswegen bin ich kein schlechter Mensch. Da sitzt der Schmerz. Ich glaube, dass mich das anstrengend macht. Ich glaube, dass mich das zu einem unangenehmen Menschen macht. Zu einem Monster. Zu laut, zu aufdringlich, zu eigen, zu besserwisserisch, zu, zu, zu...

WOW!!!!! Was da beim Schreiben alles so zu Tage tritt. Gefühlt war das noch nicht alles. Aber auf jeden Fall kann ich mich mit all dem jetzt schon mal in den Arm nehmen.

Es besteht ein himmelweiter Unterschied zwischen "ich habe eine eigene Meinung und weiß, was ich will" und "ich übergehe immer wieder das Nein von anderen und ignoriere ihre Meinung". Das tue ich nämlich nicht und das werfe ich mir vor, wenn ich meine konkrete Vorstellung habe, andere nicht und ich dann quasi "bestimme".

Ich spreche mich frei. Ich begnadige mich selbst. Ich übergehe nicht die Grenzen von anderen, ich weiß nur, was ich will.

Foto: Canva
Text und Gestaltung: Anja Reiche

Freitag, 25. September 2020

Das globale Narzissmus-Phänomen

Die Wahrheit befreit, aber erst macht sie dich fertig - oder das globale Narzissmus-Phänomen

Hänsel und Gretel wollten es auch nicht glauben. Ihre Eltern schickten sie nicht nur alleine in den Wald. Nein, die Eltern waren auch noch bereit, den Tod der Kinder in Kauf zu nehmen, dafür, dass die Eltern die Wahrscheinlichkeit erhöhten, selbst nicht verhungern zu müssen, wenn zwei Mäuler weniger zu füttern waren.

Wer mit einem Narzissten als Elternteil groß geworden ist, erkennt sehr gut, was auf dieser Welt gerade vonstatten geht.

Es geht nicht um dich. Es ging niemals wirklich um dich. Du hattest nie auch nur den Hauch einer Chance. Du konntest es nicht richtig machen. Du hast niemals "genug" sein können, gut genug.

Das Gute daran? Du hast damit auch niemals etwas falsch gemacht. Du bist nicht schuld. An gar nichts, schon gar nicht am Leid der Eltern. Du solltest nicht besser sein, härter arbeiten, dich mehr anstrengen, gehorsamer sein, dich noch mehr verbiegen und anpassen. Du kannst die richtigen Worte nicht finden, um endlich zum anderen durchzudringen. Keine Erklärung deiner Situation oder der Fakten, würde Gehör finden. Es geht ja nämlich gar nicht um dich und deine Belange, um Verbindung und Menschlichkeit, um Nähe, Verständnis und Miteinander, darum, dass es jedem gut geht.

Du KANNST nicht zum anderen durchdringen. Hör auf, es zu versuchen. Da gibt es nicht die Möglichkeit auf Verbindung. Da ist nämlich niemand zu Hause. Es gibt da keinen Empfänger für deine Frequenz.

Du existierst als Mensch mit deinen natürlichen Grenzen und Bedürfnissen gar nicht. Du bist lediglich Bedürfniserfüller für sie und hast bitteschön keine eigenen Grenzen und Bedürfnisse zu haben. Du hast komplett für sie da zu sein. Du hast dich gefälligst unterzuordnen, hinten anzustellen, aufzulösen mit deinem "Wollen". Du hast zu verzichten und sie zu beliefern.

In dem Moment, in dem du das begreifst, in dem dir klar wird, dass du nie auch nur ansatzweise eine Rolle gespielt hast, zerreißt es dich förmlich. Es ist so hart, zu realisieren, dass du egal bist, dass es dich für sie eigentlich gar nicht gibt, dass es eben wie gesagt, nie um dich ging. Es zerreißt dich, weil du begreifen musst, dass du und dein Wohl die ganze Zeit unwichtig waren, komplett unwichtig. Der letzte Funke Hoffnung darauf, die Erfahrung doch noch zu machen, dass du von ihnen vielleicht, eventuell, ganz bestimmt ganz bald doch noch gesehen und anerkannt wirst, erlischt. Aus der Traum. Es wird nie passieren. Du bist allein, haltlos, hilflos, entwurzelt, ohne Flügel, orientierungslos, auf dem Abstellgleis, vergessen und verloren. Wie Hänsel und Gretel komplett sich selbst überlassen.

Wer bist du denn eigentlich, wenn sie dich nicht sehen? Wer bist du, ohne diese Zugehörigkeit? Definieren wir uns nicht über die Beziehung zu anderen? Ist es nicht erst möglich, uns selbst im Kontext mit anderen zu erkennen? Gibt es dich nicht erst, wenn dich jemand sieht?

Du löst dich auf. Gott sei Dank! Du löst das auf, was sie dir beigebracht haben, dass du über dich denken sollst. Du löst damit alles auf, was du nicht bist, denn sie haben dir vorwiegend nur Lügen über dich erzählt. Du bist nicht unfähig, schwierig, kompliziert, zu laut, zu anspruchsvoll, zu egoistisch, zu dämlich, zu anstrengend, zu empfindlich, zu sensibel, zu faul, zu viel. Sie haben es dir suggeriert,aber es ist nicht die Wahrheit über dich.

Wenn der Schmerz über den Verlust deiner bisherigen Identität und der Schmerz über den Verlust von der "heilen" Welt/Familie abgeflaut ist, kommt die Befreiung, kommt die Explosion in den Raum der unendlichen Möglichkeiten. Wenn du all das nicht bist, wenn da keine alten Begrenzungen mehr sind, keine alten Definitionen mehr, musst/darfst du alles neu betrachten, neu bewerten, dich neu entdecken. Plötzlich kannst du dich entfalten. Plötzlich ist da Platz. Ja, diese Freiheit macht erstmal Angst, ist bedrohlich weit. Du fühlst dich nackt und schutzlos. Ausgeliefert. Schon wieder, nur anders.

Wer bist du denn eigentlich so nackt? Du hast zum ersten Mal die Möglichkeit, dich wirklich zu sehen, dich in deiner Essenz und Schönheit ohne all die vorgefertigten Meinungen über dich und dein Sein. Ohne all den Rotz, der dich bisher an deiner Größe und deinem immer fortwährenden Wachstum gehindert hat.

Das ist die große Chance, die nach dieser Ent-Täuschung auf dich wartet. Du selbst bist das Geschenk, das hinter dem Schmerz dieses knallharten Aufwachens auf dich wartet. Wenn du dich selbst erstmal gefunden hast, gesehen, geschaut, erkannt hast, gibt es nichts mehr, was du noch von anderen/ihnen brauchen könntest. Dann bist du vollständig, da, angebunden, beheimatet in dir, auf der Welt, im Universum. Angekommen im Schoß von Mutter Erde, behütet von Vater Gott-Schöpfer. Gewollt, geliebt, getragen, versorgt, genährt, angefüllt, erfüllt, willkommen. Ein Glückskind, weil du endlich angekommen bist in deiner Schönheit, bei dir.

Du "musst" nicht mehr Opfer sein, weil du etwas zu bekommen erhoffst. Du hast dann alles und bist frei. Wo es kein Opfer mehr gibt, braucht es auch keine Täter mehr.

Die Ablösung von den irdischen Eltern - und allen Menschen, denen wir im Laufe unseres Lebens die Ersatzfunktion zuschieben wollten, wie z. B. Partnern, Vorgesetzten, Politikern, etc. - und die Hinwendung zu uns selbst und unseren wahren, kosmischen Eltern, ist das, was ich Erwach(s)en nenne. Das ist für mich der einzige Weg in die Freiheit. Es ist das, was gerade auf der ganzen Welt stattfindet.


Foto: Canva
Text und Gestaltung: Anja Reiche

Freitag, 31. Juli 2020

Die Phasen der Erlösung

Ich bin tatsächlich unfassbar froh, dass mein Weg so war wie er eben war. Ich bin so froh, dass ich bereits ganz individuell, im kleinen Rahmen quasi, den Weg in die Freiheit finden musste. Ich bin so froh, dass ich emotionalen Missbrauch und Narzissmus erlebt habe und dass ich den Ausweg finden "musste". Die Phasen, die ich im persönlichen Bereich durchlebt habe, erfahren wir gerade auf kollektiver Ebene. Mir hilft es enorm immer wieder meinen Weg anzuschauen und daraus Schlüsse zu ziehen, was da gerade auf der Welt los ist.

Anfangs, als kleines Kind, war es normal für mich, dass ich gehorsam bin, dass ich den Anweisungen von außen folge, dass meine Bedürfnisse immer untergeordnet wurden. Es war normal Leistung zu erbringen. Es war normal, dafür sorgen zu müssen, dass es den anderen gut geht. Es war normal daran schuld zu sein, wenn es anderen nicht gut geht. Prinzipiell ging es mir ja nicht schlecht. Materiell war ich bestens versorgt und es gab selbstverständlich ein kleines Maß an Freiheit, in dem ich mich bewegen konnte. Es war normal, dass mir gesagt wurde, dass ich doch nicht undankbar sein sollte, dass ich es doch gut hatte, viel besser als meine Eltern früher. Das ist wahr. Aber ist das das Maß der Dinge? Dass es andere schlechter hatten/haben?

Dann regte sich immer mehr Widerstand in mir. Ich hatte mehr und mehr das Gefühl, dass hier etwas schief läuft, dass da Dinge verzerrt werden, dass da mit zweierlei Maß gemessen wird, dass da Willkür herrscht, Ungerechtigkeit, dass da Tatsachen verdreht werden, dass Zusammenhänge falsch verknüpft werden. Mit Blicken, Worten, Andeutungen wurde Gehorsam gefordert. Jeder Versuch, den Dingen auf den Grund zu gehen und die Wahrheit herauszufinden, wurde durch Aggression, Vorwürfe und Killerphrasen im Keim erstickt. Logik und Transparenz waren nicht vorhanden. Nichts von dem, was ich anzweifelte, konnte mir schlüssig erklärt werden. Ich wurde verbal angegriffen für meine Dreistigkeit, für meine "blöde Art". Statt bei der Sache zu bleiben, wurde der Spieß umgedreht. Plötzlich ging es um mein Verhalten. Mir wurde gesagt, dass ich kalt und egoistisch bin, dass ich mich anstelle, dass ich schwierig bin, dass ich das Problem bin.

Ich habe gekämpft. Viele Jahre. Als Kind, als Jugendliche, als junge Erwachsene. Immer wieder gab es Streit. Immer hab ich den Kürzeren gezogen. Ich hatte das Spiel noch nicht verstanden, noch nicht begriffen, was da eigentlich lief.

Dann irgendwann kam mir "Narzissmus" zu Ohren. Ich las darüber und plötzlich fiel mir alles wie Schuppen von den Augen. Mit meiner Wahrnehmung war tatsächlich alles in Ordnung. Da lief ein krass destruktives Muster und ich war mittendrin. Ihr könnt euch vielleicht vorstellen, wie sehr die Groschen gefallen sind. Wie sehr ich geweint habe, vor Erleichterung, weil ich plötzlich wusste, dass mit mir alles in Ordnung war, dass ich mich eben nicht getäuscht habe bei dem Eindruck, dass da was grundlegend nicht stimmte. So viel konnte ich rückblickend neu betrachten und bewerten. So vieles stellte sich plötzlich als ganz anders heraus, als es bis dahin schien.

Dann kam die Phase in der ich all die anderen darüber aufklären wollte. Ich wollte es meinen Geschwistern klar machen, ihnen die Augen öffnen. Ich wollte es meinem Papa deutlich machen. Ich wollte es der Welt erzählen. Anderen helfen, die in ähnlichen Situationen sind und ihnen damit aufzeigen, was dahintersteckt, hinter all dem "Leid". Nun, jeder wacht in seinem Tempo auf und manche wollten es einfach nicht wahrhaben, dass ein Elternteil es eben nicht immer gut mit ihnen meint, sondern ganz andere Ziele verfolgt. Die Wahrheit tut manchmal extrem weh. Aber sie macht auch frei.

Natürlich habe ich auch versucht, meiner Mutter klar zu machen, was sie da eigentlich treibt und wie scheiße das für andere ist, dass das so nicht geht und dass sie doch anders sein müsste. Ihr könnt euch sicherlich denken, wie viel Sinn das Ganze hatte. 😉

Irgendwann kam ich an den Punkt, an dem ich begriffen habe, dass hier niemand anders sein muss, dass keiner irgendwas begreifen muss, dass meine Freiheit und mein Frieden einzig und allein in mir stattfinden. Nicht die Situation hält mich fest, ich halte die Situation fest. Immer wieder kamen Momente, in denen ich das Gefühl hatte, dass meine Mutter noch Macht über mich hat. Und immer wieder fand ich die Lösung in mir und merkte, dass ich noch Macht abgegeben hatte, dass ich sie immer noch mächtiger einschätzte als mich selbst. Dass ich manchmal immer noch glaubte, sie könnte mir dazwischenfunken und in irgendeiner Form mein Leben beeinflussen und irgendwas bewerkstelligen, was ich nicht möchte, sie aber wohl.

Es ist ein Scheinriese. Der größte Feind, der größte Dämon will einfach nur entlarvt werden. Wir sind diejenigen, die ihn aus dieser Rolle entlassen können. Es gibt nichts zu bekämpfen. Die Wut ist normal und die Wut ist ein Geschenk. Doch wir müssen sie nicht gegen den Feind richten. Auf dieser Ebene wird das Spiel nicht entschieden. Auf dieser Ebene wird keine Freiheit "gemacht".

Ein ganz entscheidender Punkt war tatsächlich, alles zu integrieren und mir zu erlauben, was meine Mutter zum Ausdruck brachte. All das war ich auch. Ich war giftig, ich war bissig, ich war biestig. Ich konnte genauso gut kontrollieren und manipulieren. Ich konnte genauso gut lügen, andere bloßstellen, Tatsachen verdrehen. Ich konnte andere in Grund und Boden reden, sie einschüchtern und gefügig machen. Alles, was der größte Feind für uns verkörpert, sind wir auch. Wir sind immer alles. Was wir an anderen ablehnen, lehnen wir an uns selbst ab. Bisher habe ich jeden Dämon in mein Herz genommen, alles eingeatmet und anerkannt, dass ich das auch bin. Die Schöpfung wertet nicht. Jeder Aspekt hat seine Berechtigung. Es geht nicht darum, Dinge auszumerzen. Es geht darum, sie endlich anzuerkennen und zwar als sich selbst zugehörig.

Nun könnte man sagen, dass es ja nun nicht "nur" um die Eltern geht in diesem Weltgeschehen, sondern um "mächtige" Politiker, um Gesetze, um Strafen, die mit Staatsgewalt durchgesetzt werden können. Was soll es da bringen, wenn der einzelne die Freiheit in sich findet? Mit meiner Mutter war das eins zu eins. Jetzt ist es anscheinend "einer gegen viele". Das stimmt nicht. Wir, die die Freiheit in uns selbst finden, sind extrem viele. Die Regierung ist ein Kollektiv - also eins. Und wir sind ein Kollektiv - also eins. Es ist wieder eins zu eins. Also absolut kein Ungleichgewicht. Alles ist Bewusstsein. Alles ist möglich.

"Probleme" werden nie auf der Ebene gelöst, auf der sie sich zeigen. Was wir im Außen als Problem erleben, war auf geistiger Ebene vorher schon da. Und auf dieser geistigen Ebene kann es gelöst und erlöst werden.

Wie sehr glaubst du noch, dass die Regierung mächtiger ist als du? Wie sehr fühlst du Gesetze als bindend und einschränkend? Wie viel Macht misst du dem ganzen noch bei? Wie viel Gewicht gibst du dem Ganzen? Wie sehr lässt du dich beeindrucken von Regeln, Vorschriften, Androhungen? Wie klein fühlst du dich bei all dem? Wie ohnmächtig und einsam, unfähig etwas zu verändern? Der Elefant, der am Pflock festgebunden groß geworden ist, würde auch immer behaupten, dass der Pflock mächtiger ist als er. Er würde gar nicht in Erwägung ziehen, den Pflock anzuzweifeln. Die Gefangenschaft findet IN ihm statt.

Deine Ohnmacht findet IN dir statt.Das alles sind deine Gefühle und Gedanken. Niemand kann sie klären, verändern, erlösen, außer du selbst. Selbst wenn heute alle Vorschriften fallen würden, alle Einschränkungen aufgehoben werden würden, wäre es in dir nicht freier. Dann käme die nächste Situation, die dir deine innere Unfreiheit zeigt, damit du bemerkst, dass sie noch da ist.

Stell dir mal vor, was passieren würde, wenn sich von heute auf morgen niemand mehr an die Vorschriften hält. Sollen Millionen von Menschen eingesperrt werden? Was wenn die Polizei ebenfalls nicht mehr zur Verfügung steht, die Einhaltung der Gesetze zu überwachen?

Sag nicht, dass es nichts bringt, wenn du dich um deine innere Freiheit kümmerst. Wenn das nämlich ein paar Millionen machen, wird sich die Welt automatisch verändern, weil diese Menschen aus dem Spiel aussteigen und ihre Spielfigur vom Brett nehmen. Weil diese Menschen nicht mehr akzeptieren, dass eine Macht über ihnen steht und ganz selbstverständlich entsprechend handeln. Aus einer inneren Klarheit heraus. Sie haben ihre Gefühle geklärt. Sie haben ihr Bewusstsein geklärt und bereinigt und sind voll und ganz in der Eigenverantwortung. Sie kämpfen nicht, sie handeln aus ihrer inneren Größe heraus, entschlossen und ausgerichtet, orientiert an ihrem Selbstwert und ihrer Würde. Erlöst von alten Verstrickungen.

Danke Mama, dass du dich bereit erklärt hast, mir meine scheinbare Unfreiheit zu zeigen, damit ich meine innere Freiheit finden konnte. Was für eine Vorbereitung auf diese Zeit jetzt. 🙏❤️


Foto: Canva
Text und Gestaltung: Anja Reiche

Montag, 23. September 2019

Frieden mit den Eltern - nächstes Level

Frieden mit den Eltern - ein Thema das mich seit Jahren immer mal wieder beschäftigt. Mal mehr, mal weniger. Eigentlich war ich in letzter Zeit sehr zufrieden mit meinem Level an Frieden. ;) Es war völlig in Ordnung. Ich konnte es sein lassen. Wollte nichts mehr verändern. Es war gut so wie es war. Und dann dieser Dreh in einen noch tieferen Frieden, den ich gar nicht vermutet habe.

Hier nun das Video, das ich gestern bereits angekündigt habe. Was in Bayern bei meinen Eltern passiert ist, was mit mir passiert ist, was zwischen uns passiert ist. Ich bin immer noch mega berührt und dankbar und demütig. Dieses Leben ist einfach nur sensationell geil! ♥ Danke Mama, für diesen Prozess, für diese Begegnung, für deinen Mut, dafür, dass du dich drauf einlässt. ♥ Danke für eine jede Erfahrung, auch wenn sie noch so schmerzhaft war, sie war wichtig und vor allem, von mir gewollt. Danke! ♥


Mittwoch, 11. September 2019

Deine Eltern wollen auch mit dir ihre Erfahrungen machen

Jeder Mensch in meinem Leben, jede Begegnung findet nicht umsonst statt. Das ist mir völlig klar. Gerade wenn diese Begegnungen ordentlich was mit mir machen. Ob krasseste Gänsehaut von oben bis unten, weil da gerade was magisches passiert oder ob da heftige andere Gefühle hochkommen, die mir Schnappatmung machen. Diese Zusammentreffen sind auf einer höheren Ebene verabredet, dessen bin ich mir sicher.

Nun ist das alles nichts Neues. Doch die Tage kam ein Aspekt dazu, der mal wieder ein großes Aha mit sich brachte. Nicht nur ich, will mit dem anderen meine Erfahrungen machen, sondern er ja auch mit mir. Von der Seite hatte ich das Ganze noch nie wirklich betrachtet.

Also mir war zum Beispiel klar, dass ich meine Eltern aus gutem habe, dass ich all die Erfahrungen wollte/will. Aber dass sie auch bestimmte Erfahrungen mit mir machen wollten/wollen, das hatte ich irgendwie nicht so richtig auf dem Schirm.

Manchmal habe ich den Impuls zu Hause anzurufen, sehr selten, aber manchmal ist er da. ;) Sobald ich aber das Telefon in die Hand nehme, kann ich es nicht. Es geht einfach nicht. Ich kann nicht. Jedes mal wundere ich mich und lass es dann. Ich ruf nicht an.

Oder ich bin dann wirklich da, will etwas von mir erzählen und es ist, wie wenn mein Hirn wie leergefegt ist. Ich kann keinen Gedanken greifen, mir fällt nichts ein, einfach nichts. Auch da hab ich mich so manches Mal gewundert.

Als mir neulich, wieder durch das Buch von Anke Evertz, so deutlich wurde, dass auch meine Eltern mit MIR Erfahrungen machen wollen, hab ich mal hingespürt und mich gefragt, was denn meine Eltern mit mir erleben wollen. Die Antwort war erhellend. Vor allem meine Mutter will es erleben, dass ich nicht greifbar bin, dass sie mich nicht erreichen kann, dass ich quasi größtenteils raus bin aus ihrem Leben, sie raus aus meinem, dass ich mich nicht melde und sie so gut wie nichts von mir mitbekommt, dass ich sie nicht brauche, dass sie nicht gebraucht wird, dass sie sich als Außenseiter fühlt. Diese quasi nicht vorhandene Beziehung ist unsere Abmachung.

Das fühlt sich so schlüssig an, dass ich mich fast frage, warum ich da nicht selbst draufgekommen bin. ;) Auch bei meinem Partner sage oder mache ich manchmal Dinge, bei denen ich mich hinterher frage: Was war das denn? Auch da bediene ich Muster, halte mich an unsere Verabredung. Er will das mit mir erfahren. Es ist unser Deal. Ich bin Akteur in seinem Theaterstück und er in meinem.

Ich finde dieser Aspekt ist unfassbar wichtig. Jeder, der in unserem Leben ist und uns unsere Erfahrungen ermöglicht, hat eingewilligt und will diese Erfahrungen aus seiner Sicht, von seiner Seite erleben. Es passt perfekt zusammen. Alles passt perfekt zusammen.

Wir können aufhören uns Gedanken zu machen, ob wir ein "guter" Partner, "gute" Eltern, ein "gutes" Kind sind, ein "guter" Chef, eine "gute" Freundin, ein "guter" Nachbar. Alle diese Menschen wollen die Erfahrungen mit uns machen. Sie haben eingewilligt und wussten auf einer höheren Ebene, auf was sie sich einlassen. Wir können es nicht falsch machen und sie auch nicht.

So viele machen sich verrückt, ob das Kind vielleicht leidet oder Schaden nimmt mit der "Erziehung". So viele haben manchmal das Gefühl, dass der Partner ganz schön was mitmachen muss. So viele sagen sich, dass sie ein besserer Sohn, eine bessere Tochter sein müssten. Alle Beteiligten sind genau am richtigen Fleck und verhalten sich genau richtig. So absurd das manchmal aussehen mag.


Freitag, 23. August 2019

Über die Illusion der heilen Familie

Wieso glauben wir eigentlich, dass wir uns unbedingt gut mit unseren Eltern verstehen müssen? Wieso glauben wir, dass ein geheiltes, friedvolles, erlöstes Verhältnis zu unseren Eltern ausschließlich so aussieht, dass wir sie um uns haben können, wie ein Buddha lächelnd, voller Wohlwollen und dass sie mit uns machen können, was sie wollen, es uns aber keinen Schmerz mehr bereitet, dass da keine Wut mehr hochkommen darf, dass uns nichts mehr nerven darf?

Ausgemachtes Ziel ist es, mit unseren Eltern sein zu können und wir müssen im tiefsten Frieden bleiben, egal, was sie treiben und sagen. Für mich ist das kein ausgemachtes Ziel, sondern ausgemachter Schwachsinn.

Ich stell mich doch auch nicht hin, halte meine Hand ins Feuer unter Schmerzen und sage mir: "Ich muss es schaffen, dass mir das nicht mehr weh tut, dass keine Brandblasen mehr entstehen."

Ich bin für mich zu folgender Wahrheit gekommen: Unsere Eltern haben vor allem den Auftrag, uns auf unsere Aufgabe vorzubereiten. Auf Seelenebene ist da ein Deal, dass sie uns bestmöglich auf das vorbereiten, was wir in die Welt bringen wollen. Für mich gehörte da dazu, Ohnmacht, Kleinheit, Begrenzung, emotionalen Missbrauch, Mangel und Misstrauen, Verdrängung sämtlicher Gefühle, Verbot von Wut, Abspruch der eigenen Wahrheit und Wahrnehmung uvm zu erleben. Mein Plan war es, mich daraus zu befreien, zu erleben, dass es geht und darüber zu berichten, anderen damit Mut zu machen.

Unsere Eltern sind nicht dafür da best friend zu sein. Nur weil man blutsverwandt ist, muss man sich noch lange nicht mögen. Und man muss auch nicht so lange meditieren, sich optimieren und zu Tode transformieren bis man es augenscheinlich mit den Eltern in einem Raum aushält.

Es ist ok, wenn wir keinen Kontakt ertragen können. Es ist ok, wenn sie nicht unsere besten Freunde sind, wenn wir nichts mit ihnen und ihrer Lebenseinstellung anfangen können. Es ist ok, wenn wir keine Lust haben hinzugehen, weil es uns hinterher schlechter geht als vorher. Es ist ok, dass uns ihre Besserwisserei, ihre Übergriffigkeit, ihre Opferhaltung auf den Nerv gehen, dass wir nach geraumer Zeit in ihrem Dunstkreis nicht mehr wir selbst sind, wütend werden, aus unserer Mitte fallen.

Das heißt nicht, dass wir noch was zu bearbeiten hätten. Das heißt vor allem, dass unser Körper uns ganz klar sagt, was uns gut tut und was nicht. Wir dürfen für uns sorgen. Wir dürfen ein Umfeld verlassen, das uns nicht mehr zum Wachstum dient, das nicht förderlich ist, nicht zuträglich.

Wenn du das Gefühl hast, dass in der Begegnung noch Wachstum steckt, dass eure Beziehung noch nicht erfüllt ist, dass ihr noch nicht alles erledigt habt, für das ihr euch verabredet habt, dann geh hin und wachse.

Wenn du allerdings das Gefühl hast, dass das absolut vertane Lebenszeit ist und das überhaupt nichts mehr Konstruktives und Nährendes für dich hat, dann bleib weg und löse dich von dem Gedanken, das du da hin müsstest, weil es ja die Eltern sind und sich das so gehört. Das ist Bullshit. Sie haben dir das Leben geschenkt, sie haben dir deine Aufgaben gezeigt und damit entsteht keine Verpflichtung zu lebenslanger Loyalität und sich mögen müssen.

Wir können auch unsere Themen nicht verpassen und es ist auch keine Flucht. Wenn da noch ein Thema war, dem ich somit "ausgewichen" bin, dann fällt es mir doch sowieso wieder auf die Füße. Dann halt mit dem Nachbarn, dem Chef oder dem Partner. Wir können uns nicht ausweichen oder verfehlen. Wir verpassen schon nichts.

Wir haben nichts davon, uns zu geißeln aus einer falschen Vorstellung von Frieden heraus, aus einer falschen Vorstellung von Liebe.

Liebe ist, sein lassen können. Andere, aber vor allem mich selbst. Liebe ist, gut für mich zu sorgen. Liebe ist, Situationen, Orte und Menschen zu verlassen, die mir nicht gut tun. Zu diesen Menschen, die wir verlassen, dürfen auch die Eltern zählen.

Unsere Eltern dürfen sein und bleiben wie sie sind und ich darf meine Konsequenzen daraus ziehen und mir selbst zeigen, wie sehr ich mich achte und liebe.

Foto: Canva
Text und Gestaltung: Anja Reiche

Samstag, 2. Februar 2019

Geborgenheit

Heute floss mal wieder alter Schmerz. Ich konnte diesen Druck aus der Kindheit spüren, diese Anspannung, das Gefühl, wie es war, liefern zu müssen, mich anzupassen, mich hinten anzustellen mit meinen Bedürfnissen.

Diese innere Anspannung, dieser Unmut, wenn ich wusste, dass ich gleich noch was erledigen muss, eine Pflicht, die mir auferlegt wurde und eigentlich überhaupt keine Lust hatte. Dieses Gefühl wenn mir etwas total zuwider war und ich es trotzdem tun musste.

Da war dieses Brennen in meiner Seele, das immer dann da war, wenn ich einfach nur SEIN wollte. Wenn ich mich danach sehnte, dass mein bloßes Sein reichen würde. Ich wollte nichts müssen. Ich wollte nichts machen. Ich wollte einfach nur sein.

Da lag ich heute Nachmittag auf dem Sofa, eingekuschelt in eine Decke und dennoch war mir kalt, richtig von innen heraus kalt. Ich spürte die Wärme der Decke, die Weichheit und plötzlich wurde mir klar, was ich damals gebraucht hätte: Geborgenheit! Einen Ort, an dem ich einfach nur sein hätte können. Ohne Anforderungen, ohne Ansprüche, ohne Leistungserwartung, ohne Druck, ohne Pflichten, ohne Strafen. Ich hätte einfach nur sein wollen und so damit genug sein wollen für meine Familie.

Ich hab den Schmerz bewusst da sein lassen, hab geweint, gegähnt (ein sicheres Transformationszeichen bei mir), mein kleines Mädchen gehalten und nach 10 Minuten war es auch wieder gut.

Diesen Ort, an dem ich sein kann, an dem ich diese Geborgenheit heute erfahre, den habe ich in mir. Das wurde mir nochmal richtig bewusst. Ich habe über die letzten Jahre ausgemistet. Habe alles MÜSSEN rausgeworfen. Ich bin jetzt diejenige, die mich sein lässt, die mich annimmt, mit allem, auch mit dem Schmerz von früher. Ich bin diejenige, die mir jetzt erlaubt, komplett ich zu sein. Und das tue ich wirklich und wahrhaftig. Daran gibt es nichts mehr zu rütteln. Da bin ich konsequent und radikal. Da gibt es keine Kompromisse mehr auf meine Kosten.

Ich sorge für mich, schaffe mir meinen Raum, in dem ich mich rundum wohl fühle. Ich bin mir genug. Ich bin genug. Mehr als genug. 

Geborgenheit ist ein Ort in mir, den ich selbst erschaffe.

Bild: Anja Reiche

Dienstag, 4. Dezember 2018

Niemand ist einfach nur Opfer!

In den letzten Tagen und Wochen geht es nochmal ganz viel darum geht, Urteile zurückzunehmen, gerade was meine Mama angeht.

Nicht nur, dass ich jetzt in einem anderen Licht sehe, dass sie immer alles wissen wollte und dass das vielleicht nicht unbedingt bedeutet hat, dass sie mich kontrolliert, sondern einfach nur verstehen wollte. Ich sehe auch in einem anderen Licht, wie das Spiel zwischen ihr und meinem Vater so läuft.

Ich (und eigentlich meine ganze Familie) neigte dazu, meiner Mutter die Schuld zu geben. Wenn sie nur anders wäre, dann wäre endlich Frieden. Pustekuchen! Genauso ist es eben nicht.

Ja, sie kann übergriffig sein, sehr sogar. Ja, sie kann total unter die Gürtellinie gehen, aufdringlich, neugierig, grenzüberschreitend sein. Aber das funktioniert nicht alleine. Das funktioniert nur, wenn es jemanden gibt, der genau das mit sich machen lässt.

All die Jahre habe ich sehr schnell und schon fast automatisch für denjenigen Partei ergriffen (meist für meinen Vater), den sie so "mies" behandelt hat. Was ich nicht gesehen habe, dass das vermeintliche Opfer gleichzeitig Täter ist. Denn das ganze Spiel kann nur funktionieren, wenn es jemanden gibt, der all das mit sich machen lässt. Und damit wird das Opfer automatisch zum Mittäter.

Es gibt Aktion und Reaktion. Das ganze ist wertfrei. Keine Partei ist besser oder schlechter. Es gibt nichts und niemanden zu verurteilen. Jeder trägt sein Scherflein dazu bei. Für keinen muss Partei ergriffen werden. Niemandem muss geholfen werden. Es ist ein Spiel zwischen den beiden und jeder darf entscheiden, wie er mit einem übergriffigen Menschen umgehen will. Jeder darf lernen für sich selbst einzustehen. Jeder darf für sich selbst sprechen. Niemand muss gerettet werden. Das kann jeder nur selbst.

Niemand ist einfach nur Opfer. Niemand ist einfach nur Täter!

Foto und Text: Anja Reiche

Freitag, 18. August 2017

Ich erlaube mir, meiner höchsten Freude zu folgen

Was für ein Morgen! Seit kurz vor fünf liege ich wach im Bett und in mir rattert es. In der letzten Augustwoche steht ein Aufenthalt in meiner alten Heimat an. Eine liebe Freundin heiratet. Was im Hintergrund immer mitschwingt: Fahre ich zu meinen Eltern?

Normalerweise schlafen wir immer mindestens ein, zwei Nächte bei meinen Eltern. Bis auf einmal, da waren wir wirklich nur kurz zu Besuch und sind nicht über Nacht geblieben. Ein schlechtes Gewissen hatte ich trotzdem irgendwie. Nun sind wir eine ganze Woche in Bayern und wie einige von euch mitbekommen haben, arbeitet das Mutter-Thema wieder ziemlich in mir die letzten Tage. Generell ist meine Familie immer wieder Thema und ich löse und löse mich immer mehr aus alten Verstrickungen. Mal kann ich ihnen begegnen, mal nicht. Gerade nicht so richtig...

Die Vorstellung in wenigen Tagen in dieses Haus zu gehen, ist keine schöne. So viele Konflikte schwelen und es fühlt sich für mich immer so an, wie wenn ich meine Energie extrem nach unten schrauben muss, damit ich da überhaupt sein kann, damit ich mich irgendwie an ihr Schwingungsniveau anpasse. (Es handelt sich um ein 4-Generationen-Haus - meine Oma, meine Eltern, mein Bruder mit Frau und Kindern - und jeder liegt mit jedem irgendwie im Clinch und zwar so richtig heftig.)

Die Frage, ob wir nun zu meinen Eltern fahren oder nicht, wenn wir schon in Bayern sind, hat sich mir die letzten Tage immer öfter gestellt, so auch heute morgen im Bett. Zu allem Überfluss hat meine kleine Nichte, die ja ebenfalls mit im Haus wohnt, auch noch in der Woche Geburtstag. Noch ein Grund mehr da unbedingt hin zu "müssen". Ich will sie ja schließlich nicht enttäuschen, denn sie liebt mich und meinen Partner abgöttisch und ich liebe die beiden Kleinen auch total. Dennoch fühlt sich alles schwer an und gruselig.

Und vorhin überrannte mich dann DIE Erkenntnis, die mir ganz viel Druck und Last nimmt. Eigentlich ist es eher eine Erlaubnis als eine Erkenntnis. In fast jedem Bereich meines Lebens folge ich nur noch der Freude. Gerade was den beruflichen Weg angeht ist das mein absolutes Mantra und total selbstverständlich für mich geworden. Auch was meine Freunde und die Familie meines Partners angeht folge ich nur noch meiner Freude, nehme Einladungen und Termine nur noch an, wenn ich wirklich Lust dazu habe und wenn nicht, dann bleibe ich fern, ohne Ausreden zu erfinden, sondern sage einfach: "Das war nicht dran! Ich hatte keine Lust." Fertig!

Nur bei meiner eigenen Familie habe ich mir das irgendwie die ganze Zeit nicht erlaubt. Da war noch diese feste Überzeugung "Das gehört sich doch!". Wenn wir schon 500 km nach Bayern fahren, dann müssen wir doch wenigstens mal kurz Hallo sagen. Da war noch immer ein schlechtes Gewissen und Verantwortung für die Gefühle der anderen. Gerade meinen Papa will ich auf keinen Fall enttäuschen. Und dann war da dieser Satz in meinem Kopf, vorhin, im Bett: Ich erlaube mir auch da meiner höchsten Freude zu folgen!!! Boom! Was für ein Satz in diesem Zusammenhang. Und plötzlich sind die Antworten ganz klar. Es ist nämlich so gar nicht meine höchste Freude dahin zu fahren, zu Menschen, die mir jedes Mal aufs Neue sagen, dass meine Haare zu kurz sind, dass ich zu dünn bin und wieder nicht verstehen, dass ich keinen Alkohol mehr trinke, die alles verurteilen, was nicht ihren eigenen Maßstäben entspricht, bei denen mein eigenes Wesen so überhaupt keinen Platz hat, bei denen es überhaupt kein Verständnis für meine jetzige Lebensweise gibt, zu Menschen, die nur von mir wollen und nie fragen, was ich eigentlich will, Menschen die nur um sich selbst kreisen.

Mit diesem Satz, mit dieser Erlaubnis ist so vieles von mir abgefallen. So viel Druck, so viel Schwere, so viel Verantwortung, die nicht die meine ist. Plötzlich zwinge ich mich zu nichts mehr, bin voll in meiner eigenen Verantwortung. Ich tue auch hier nur noch das, was meiner höchsten Freude entspricht. Plötzlich ist die Sache ganz einfach. Plötzlich gibt es kein hin und her mehr zwischen all meinen Gedanken und zwischen müssen, sollte, könnte. Die Sachlage ist auf einmal glasklar. Es ist nicht meine höchste Freude dahin zu fahren. Geburtstag hin oder her, auch der fühlt sich schwer an. Und damit ist die Entscheidung gefallen. Damit brauche ich keine Ausreden und andere Begründungen. Damit gibt es kein falsches Pflichtbewusstsein, denn ich bin nur meiner eigenen höchsten Freude verpflichtet. Fertig!

Dieser Satz darf noch tiefer dringen und steht mir jetzt bei einer jeden Entscheidung zur Seite, egal um was es geht. Bin ich in meiner höchsten Freude, wenn ich dies oder jenes tue, diesen oder jenen treffe, dieses oder welches kaufe oder nicht kaufe? Und dann ist die Antwort leicht. So herrlich leicht!

Danke Leben für diesen Satz!!!!!

Foto: Anja Reiche


Freitag, 16. Juni 2017

Ich nehme meinen Raum wieder ein!

Ihr könnt euch gar nicht vorstellen wie kraftvoll dieses Bild gerade für mich ist. Versehen mit diesen Worten, die ich eben hinzugefügt habe, haut es mich total aus den Latschen! Wahrscheinlich weil das aktuell so präsent bei mir ist...

Da war dieses vielbesagte Wochenende mit den Eltern... 🙈🙈🙈 Und schon bin ich wieder in alte Muster gerutscht, habe mich vereinnahmen, ja sogar verschlingen lassen, habe Verantwortung übernommen, für etwas, was nicht meine Verantwortung ist, nur weil ich die Unfähigkeit der anderen wahrgenommen habe, die Hilflosigkeit, das stumme Schreien nach Entlastung, für das ich schon von Kindesbeinen an ein nur allzu offenes Ohr hatte, weil ich es haben musste. In meiner Familie war (und ist) nie Platz für ein eigenes Wesen, für mein Wesen, das Wesen meiner Geschwister. Wir wurden verschluckt vom System Bauernhof, der Last, die meine Eltern tragen "mussten" und selbst gar nicht wollten. Wir wurden einfach eingefügt und es wurden Erwartungen an uns gestellt, ohne darauf zu achten, wer wir sind und was wir eigentlich wollen. Genau wie man es mit ihnen gemacht hat und davor mit deren Eltern und wieder davor mit deren Eltern. Diese Last, diese Enge wird nun schon seit Generationen vererbt und nun ist es endlich an der Zeit, diese Erbschaft zu unterbrechen, Verantwortung zurückzugeben, die nicht zu mir gehört. Da ist ein Päckchen, das nicht das meine ist. Da ist ein Päckchen, das ich wieder abgebe und nicht länger trage, denn diese Last will ich nicht.

Ich trete dieses Erbe nicht an.

Ich nehme mir meinen Raum.

Ich gehe komplett in meine Verantwortung und NUR meine Verantwortung.

Für das Glück oder Unglück anderer, meiner Eltern und Großeltern bin ich nicht verantwortlich. Auch nicht für deren Entlastung. Sie haben ihr Leben gewählt, aber deren Wahl muss ich nicht ausbaden. Für deren Wahl trage ich keine Verantwortung.

Ich nehme meinen Raum wieder ein, breite meine Flügel aus und sorge für die, für die ich wirklich verantwortlich bin - für MICH - in aller Konsequenz! ♥♥♥
 
Foto: Anja Reiche

Donnerstag, 23. Februar 2017

Abschied

Es ist Zeit zu gehen, dich und mich aus dieser Situation zu entlassen.
Ich habe versucht zu erklären, dir begreiflich zu machen, aber ohne Erfolg.
Es ist, als ob meine Worte an dir abprallen, nicht zu dir durchdringen.
Wie lange habe ich gehofft, dich zu erreichen, dich endlich zu erreichen.
Doch so wenig wie du die meine Welt als deine anerkennen kannst,
so wenig kann ich die deine als meine anerkennen. Wahrscheinlich
denkst du umgekehrt das gleiche. Wahrscheinlich fühlst du dich auch
nicht verstanden.

Was bleibt ist der Abschied, das Loslassen, das Ziehenlassen, das Aufgeben.
Du gehst deinen Weg und ich den meinen. Sie verlaufen in komplett unterschiedliche
Richtungen und das dürfen sie auch.

Treffen wir uns wieder? Ich weiß es nicht.

Mutter und Tochter sein heißt nicht, immer Seite an Seite zu gehen.
Mutter und Tochter sein wird irgendwann zu zwei Erwachsene sein.
Zwei Wesen, die ihren ganz eigenen Weg gehen, sicherlich irgendwie
verbunden sind, aber nicht aufeinander angewiesen, nicht abhängig.

Mein inneres Kind es schreit. Mal wieder... Das tut es manchmal. Immer
dann, wenn wieder etwas geheilt werden will. Es ist jetzt an mir, es
in den Arm zu nehmen. Das ist nicht mehr deine Aufgabe.

Ich wünsche mir, du würdest dein inneres Kind mal in den Arm nehmen
und erkennen, dass nicht die anderen an deinem Leben schuld sind.
Aber das ist anmaßend.

Es steht mir nicht zu, zu urteilen, was für dich richtig und wichtig ist. Ich
weiß nicht, welche Erfahrungen deine Seele hier machen will. Daher kann
und darf ich nicht urteilen. Du darfst bleiben wie du bist. Das ist dein gutes
Recht. Es bedeutet aber für mich, dass ich gehen muss, vor allem innerlich,
zurück zu mir.

Das Korsett ist zu eng, dein Fordern zu anstrengend, dein Schrei nach Liebe zu laut.
Du willst Dinge, für die ich nicht zuständig bin.

Ich bin wieder versucht, es dir zu erklären, dir zu sagen, warum ich nicht gerne
bei dir bin und gleichzeitig weiß ich, dass es wieder nichts bringen wird, selbst
wenn ich noch so laut schreien würde. Schreien, wie ich es schon so oft getan habe,
weil ich mir nicht mehr anders zu helfen wusste.

Du bist unerreichbar für mich. Das zu akzeptieren ist hart.

Und ja, da ist gerade wieder diese Wut. Überschäumend, verzweifelt, schmerzhaft,
die ich als Kind so oft hatte.
Verloren... Ich war so oft verloren, hätte dich gebraucht. Aber du warst nicht da.
Vielmehr hast du mich gebraucht, warst selbst emotional unterernährt, hast dich
an mir gelabt, mich ausgesaugt.

Mein inneres Kind, es schreit... nach jemandem, der es endlich sieht, wahrnimmt,
ernst nimmt, versorgt. Nach jemandem, den es erreichen kann.
Das bin nun ich, werde es immer sein.


Foto: Anja Reiche

Freitag, 15. April 2016

Kinder narzisstischer, egozentrischer Eltern

Ich möchte heute über ein Thema schreiben, das mich sehr geprägt und im Erwachsenenleben sehr beeinflusst hat, ohne lange zu wissen, was da eigentlich läuft. Es geht um die Auswirkungen auf Kinder, die mit egozentrischen, narzisstischen Eltern groß werden. So konkret wie ich es heute tun werde, habe ich es noch nie beim Namen genannt. Allerdings merke ich schon den ganzen Tag, dass es an der Zeit ist. Auch mein Traum heute Nacht hat mich förmlich mit der Nase darauf gestoßen.

Es ist an der Zeit, Licht ins Dunkel zu bringen für all jene unter euch, die in der Kindheit ähnliches erlebt haben, davon beeinflusst sind und die Spuren vielleicht heute noch tragen, aber nicht wissen, woher das kommt, geschweige denn, wie man sich daraus löst und befreit.

In meinem Artikel "Wie die Kindheit in uns nachwirkt" habe ich schon einiges davon angesprochen und auch sehr deutlich gemacht, wie mächtig die Kindheit ist und wie sehr sie unser Erwachsenenleben prägt und steuert, ohne dass wir uns dessen oft bewusst sind. Allerdings habe ich das Wort Narzissmus nicht erwähnt. Es schien mir zu hart und eine offizielle Diagnose diesbezüglich gibt es ja schließlich auch nicht. Also habe ich es gelassen. Dennoch tat es mir selbst unheimlich gut, dem Kind einen Namen geben zu können. Es half mir so sehr, viele Dinge einzuordnen und alles, was so subtil abgelaufen war, alles, was ich nicht richtig greifen konnte, neu zu bewerten und einzuordnen. Es tat mir gut, zu wissen, dass ich mir das nicht alles eingebildet habe, dass ich nicht zu empfindlich bin. Ich konnte mich von der Überzeugung lösen, dass ja eigentlich gar nichts wahr, dass sie es ja nur gut meinte und ich das alles nur falsch verstanden habe. Diese Erleichterung und diesen Blickwinkel, diese neue Klarheit will ich heute an euch weitergeben.

Bei mir betrifft es meine Mutter. Ich bin mir sicher, dass sie sich niemals mit Narzissmus oder überhaupt irgendeinem ungesunden Persönlichkeitsmerkmal in Verbindung bringen würde, ganz zu schweigen von einer Persönlichkeitsstörung. Das hat das alles nicht wirklich einfacher gemacht. Selbstreflektion ist quasi nicht vorhanden. Wie gesagt, es gibt keine offizielle Diagnose, aber passiert ist es trotzdem und verletzt hat es mich auch, verunsichert und mich ganz weit weg von einem eigentlichen Wesen gebracht.

Ich möchte kurz zusammenfassen, wie sich der Umgang mit ihr früher gestaltet hat. Sie ist zwar heute noch genauso, aber es triggert mich nicht mehr, sondern ich kann ganz klar meine Grenzen setzen und lasse mich nicht mehr benutzen, bin zurückgekehrt zu meiner eigenen Stärke, habe den Segen hinter all dem gefunden, habe vergeben und mich geheilt. Deshalb schreibe ich in der Vergangenheit. 

  • Sie hatte immer Recht, hat sich nie versprochen, nie etwas falsch gemacht. Schuld waren immer die anderen.
  • Sie war nie greifbar, wand sich aus allem raus. Man konnte sich nie auf Aussagen, die sie einmal getroffen hat, beziehen. Alles war dann nicht wahr, auch wenn sie sich ganz offensichtlich selbst widersprach.
  • Wenn man sie damit konfrontierte und das Herausreden nicht mehr ganz funktionierte, fing sie an zu weinen und gab mir das Gefühl, sie verletzt zu haben. Der Konflikt wurde total verzerrt und drehte sich plötzlich gar nicht mehr um das, was es eigentlich ging. 
  • Ich konnte nicht gewinnen.
  • Sie hatte immer die Macht und das letzte Wort. Ich war hilflos ihrer "Gewalt" ausgeliefert. Diese "Gewalt" lief nur mit Blicken, Worten und dem Tonfall ab, mit Gesten, also sehr subtil und nicht zu greifen. Für Außenstehende war das alles nicht wirklich zu merken. Nach außen sah alles immer harmonisch aus. Das führte dazu, dass ich sehr an meinen Empfindungen gezweifelt habe.
  • Es gab keine Privatsphäre. Sie wollte immer alles wissen, kontrollierte meinen Müll, meine Post, stellte indiskrete Fragen, kam rein, ohne zu klopfen. Auch hier war es so, dass ich immer sofort das Gefühl vermittelt bekommen habe, dass ich zu empfindlich bin, wenn ich mich mal darüber beschwert habe. Selbst wenn ich auf der Toilette saß, stand sie vor der Tür und nutzte meine "Hilflosigkeit" aus, um mir ein Gespräch reinzudrücken. Aber das war aus ihrer Sicht alles normal.
  • Ich durfte keine eigenen Grenzen haben. Ich war lediglich eine Verlängerung, Erweiterung ihrer eigenen Person und quasi ihr Eigentum. Ich war dazu da, um ihre Bedürfnisse zu befriedigen und sie zu beliefern, mit Aufmerksamkeit, Zuwendung, etc. Diese Momente forderte sie auch gnadenlos ein, gab einem Aufgaben, bei denen man ihr persönlich helfen musste und nah sein musste, wie z. B. den Verschluss einer Kette zumachen, ihr etwas bestimmtes schenken. Hinterher wurde es so hingestellt, dass man das ja alles gerne und aus freien Stücken für sie gemacht hat, weil man sie ja sooo liebte.
  • Ich musste tun, was sie wollte und für richtig hielt. Tat ich es nicht, wurde ich mit Verachtung gestraft und bekam das Gefühl vermittelt, ihr weh getan zu haben, ungezogen zu sein, kalt und egoistisch zu sein. Sie redete mir immer ein schlechtes Gewissen ein, vermittelte mir Schuldgefühle.
  • Wenn es mir besser ging als ihr, z. B. weil ich mal etwas Schönes erlebt habe, was sie noch nicht erlebt hatte, dann wurde ich dafür "bestraft", es wurde mir vorgehalten und ich musste deswegen noch mehr zu Hause mithelfen. Schließlich hatte sie sich immer für mich aufgeopfert. Es ging gar nicht, dass es mir besser ging als ihr.
  • Meine Emotionen waren generell immer falsch. Ich sollte mich nicht so anstellen, durfte nicht wütend sein. Ich fing an, meinem Verstand und meinem Gefühl zu misstrauen. 
  • Sie stand immer im Mittelpunkt, riss jedes Gespräch an sich, drängte sich in jeden innigen Moment, den ich mit anderen Personen hatte, war generell eifersüchtig.
  • Sie war allgegenwärtig, lauerte gefühlt hinter jeder Ecke, hatte ständig eine Aufgabe für mich. Gefühlt hat sie mich nie aus den Augen gelassen, alles kontrolliert und mit Argusaugen überwacht.
  • Sie hat Tatsachen und Aussagen über andere Familienmitglieder verdreht, um gezielt Unfrieden zu stiften, die Familienmitglieder gegeneinander auszuspielen, sie zu verletzen. 
  • Sie vermittelte mir immer das Gefühl minderwertig zu sein, in dem sie meine Leistungen schmälerte. Sie wies mich darauf hin, wie ich es hätte besser machen können oder verwendete eine abwertende Sprache. 
  • Sie wurde nicht müde, zu betonen, was sie schon alles für einen getan hatte und geopfert hatte. Hier waren wieder die Schuldgefühle vordergründig. 
  • Wenn ich mit jemandem Streit hatte, stand sie immer auf der Seite des anderen. 

Sicherlich würde mir noch mehr einfallen, aber ich denke die Richtung ist klar. Das tückische an diesen Erfahrungen in der Kindheit und Jugend ist, das sie wirklich so extrem subtil sind, so schwer zu greifen. Da ist keine offensichtliche, körperliche Gewalt im Spiel, sondern unsichtbare, emotionale Gewalt, deren Verletzungen für Kinder oft schwerer sind, als sie es bei Schlägen gewesen wären. Und aus dem Grund schreibe ich heute darüber. Ich möchte allen Betroffenen sagen, dass sie sich nichts einbilden, dass sie sich nicht einfach nur anstellen und zu empfindlich sind. Da läuft bzw. lief etwas ziemlich schief in eurer Kindheit. Lasst euch nichts anderes einreden. Und wenn sich ein Elternteil auf diese Weise verhält, dann trägt das Kind Wunden davon und zwar richtig tiefe.

Eine damalige Freundin von mir, die Psychologie studiert, hat mich darauf gebracht, dass es sich beim Verhalten von meiner Mutter, um eine narzisstische Persönlichkeitsstörung handeln könnte. Das war im Januar 2014 und ich war gerade mittendrin, die Problematik mit meinen Eltern aufzuarbeiten und meine Wunden zu heilen, hatte in dieser Phase auch keinen Kontakt zu meinen Eltern. Da kam der Hinweis wie gerufen.

Ich weiß noch, wie gut es mir getan hat, über all das mal zu lesen. Es gibt sogar eine grandiose Internetseite, bei der man fast meinen könnte, sie wurde eigens über meine Mutter geschrieben: www.narzissmus.org
Ich war mit all meinen Problemen und Wunden nicht alleine.

Ab da las ich viel über Narzissmus und mir fielen die Schuppen nur so von den Augen. Ich weinte viel, teilweise, weil ich den alten Schmerz noch einmal durchlebte, teilweise aus Erleichterung, weil ich schwarz auf weiß lesen konnte, dass mit meiner Wahrnehmungen und dem Eindruck, dass hier irgendwas grundlegend falsch lief, total richtig lag. All die kleinen Sticheleien und Seitenhiebe konnte ich nun neu bewerten, all die Situationen, die mich fast in den Wahnsinn getrieben hätten und durfte feststellen, dass ich meinem Gefühl sehr wohl vertrauen kann, dass mit mir alles in Ordnung ist. (Ein Buch, das mir auch geholfen hat, ist Kinder egozentrischer Eltern.)

Die Wunden hatte ich natürlich trotzdem und die Auswirkungen und hinderlichen Glaubenssätze aus dieser Zeit waren heftig. (Mehr über die negativen Auswirkungen findest du in dem Artikel "Wie die Kindheit in uns nachwirkt") Aber ich wusste, wie ich all das heilen konnte und hatte eine Riesenmenge neue Klarheit und Selbstvertrauen, sah meine Mutter in neuem Licht und konnte mich ihr gegenüber nun entsprechend verhalten, mich nicht mehr in diese Machtspielchen ziehen lassen. Ich lernte, dass ich nicht dazu da bin, sie zu beliefern und mit Aufmerksamkeit zu versorgen. Ich lernte, meine Grenzen wieder wahrzunehmen und auch vehement zu vertreten, ließ mir keine Schuldgefühle mehr einreden. Mein inneres Kind brauchte zu der Zeit enorm viel Zuwendung. Es wurde ja emotional nie richtig versorgt, vielmehr wurde es ausgesaugt, Lebensenergie abgezogen, was sich auch heftig im Erwachsenenleben zeigte. Aber auch mit dem inneren Kind wusste ich umzugehen. (Mehr zur Heilung dieser Wunden findet ihr hier: Frieden mit den Eltern)

Allen Menschen, die ähnliches erfahren haben, kann ich nur Mut machen. Es ist hart, aber man kann sich aus so einer Kindheit und deren Folgen befreien. (siehe Frieden mit den Eltern) Es ist in Ordnung, Abstand zu seinen Eltern zu haben, während man sich seine Wunden anschaut und heilt. Es ist in Ordnung, seine Eltern nicht zu mögen, wir müssen das nicht. Wir dürfen wütend auf sie sein. Wir schulden ihnen nichts. Sie haben uns in die Welt gesetzt. Es war ihre Entscheidung, nicht die unsere (zumindest bewusst, auf einer höheren Ebene ja schon). Wir dürfen ihnen ihre Verantwortung für ihr Leben und für die Befriedigung ihrer Bedürfnisse wieder zurückgeben.

Es wird wenig Sinn haben, das entsprechende Elternteil mit der Thematik des Narzissmus zu konfrontieren. Die meisten haben kein Einsehen und dafür auch viel zu wenig Selbstreflektion. Außerdem darf jeder sein wie er ist und auch so bleiben. Sie müssen sich nicht ändern. Sie müssen nichts nachholen oder wieder gut machen. Wichtig ist, dass ihr nun wisst woran ihr seid. Ihr braucht eure Eltern nicht, um euch selbst zu heilen. Ihr braucht eure Eltern nicht, um wieder in eure ganze Größe zu kommen, heil zu werden und vollständig, kraftvoll und lebensfroh. Wir können ihnen vergeben, auch wenn sie so bleiben wie sie sind. Betrachten wir ihre eigenen Geschichten und deren Kindheit, dann wird wahrscheinlich nur all zu schnell klar, warum sie genau so geworden sind und warum sie es nicht besser konnten. Sie konnten nur das weitergeben, was sie selbst als Kind bekommen haben und das war im Fall meiner Mutter nicht sehr viel. Ihre Entwicklung ist kein Wunder und sie hat mein vollstes Mitgefühl und Verständnis.

Ich wünsche mir, dass alle Menschen da draußen, denen es ähnlich ging, diese alten Wunden heilen können, die alten Beschränkungen ablegen können, ihren Eltern aus tiefster Seele vergeben können. Ich wünsche mir, dass sie sich selbst mit allem versorgen können, was ihnen die Eltern nicht geben konnten, ihr inneres Kind versorgen können. Ich wünsche mir, dass ihr erkennt, wie wunderbar ihr seid und zurück zu eurer euch ureigenen Kraft kommt, herauskommt aus der Opferrolle, die euch so lange auferlegt wurde und hinein in eure Schöpferkraft, zurück zu eurem wahren, genialen Wesen!

Fühlt euch ganz herzlich gedrückt! Ihr könnt es schaffen! ♥

Herzensgrüße von mir
Anja

Foto: Anja Reiche


Samstag, 8. August 2015

Was ich meinen Eltern verdanke

In meinen beiden Artikeln "Wie die Kindheit in uns nachwirkt" und "Frieden mit den Eltern" habe ich darüber geschrieben, welche Wunden die Kindheit hinterlassen kann und wie man diese wieder heilen kann. Ich denke, dass die meisten von uns in irgendeiner Form solche Wunden von damals davongetragen haben.

So schlimm das alles gewesen sein mag, gibt es aber auch immer eine andere, eine positive Seite, einen Gewinn daraus. "Selten ein Schaden, wo nicht ein Nutzen dabei ist." pflegt meine Oma immer zu sagen und damit hat sie völlig recht.

  • Die Tatsache, dass meine Eltern wenig Zeit für mich hatten, hatte durchaus auch etwas Gutes, denn ich habe früh gelernt selbständig zu sein. Ich war oft auf mich alleine gestellt und so ging ich Probleme und Herausforderungen eben selbst an und fand immer irgendwie eine Lösung. Ich habe gelernt, dass alles immer irgendwie geht und Vertrauen in mich gewonnen, weil ich merkte, dass ich alles schaffen kann. Geht nicht, gibt es nicht! Wenn ich etwas noch nicht kann, dann lerne ich es mir eben.
  • Ich habe gelernt, Entscheidungen zu treffen, weil ich es musste. Das hat mir niemand abgenommen. In viele Dinge, gerade was die Schule und die berufliche Entwicklung angeht, hat mir niemand reingeredet. Ich habe meinen Weg ganz alleine gewählt und konnte da das tun, was ich für richtig hielt. Und ich finde, dass ich das alles richtig gut gemacht habe. Ich habe gelernt, stark zu sein und für mich einzustehen.
  • Wir Kinder mussten mit anpacken. Das war einfach so. Und so oft mich das genervt hat und so oft wie ich sowas von keine Lust dazu hatte, habe ich doch viel gelernt. Zu Hause wurde viel selber gebaut und auch repariert. So kam es, dass ich technisch geschickt bin, dass ich mit Hammer und Nagel genauso wie mit einer Bohrmaschine umgehen kann. Ich kann Böden verlegen, tapezieren, streichen, Holzdecken anbringen und wenn nun bei mir etwas kaputt geht, dann schaue ich immer erstmal, ob ich das nicht selbst wieder reparieren kann.
  • Und genauso ist es im Haushalt. Auch da musste immer mit geholfen werden. Auch das hat mich oft genug genervt. Auch in dem Zusammenhang gab es Verletzungen, weil der Umgang manchmal nicht der wertschätzendste war. Dennoch habe ich auch hier viel gelernt. Ich kann kochen und backen und das nicht nur ein bisschen, sondern sogar ziemlich gut. Ich kenne viele alte Hausmittel und Tricks. Heute bin ich in der Lage meinen Haushalt wirklich gut zu führen.
  • Ich bin auf dem Land groß geworden, habe daher ein Gespür für die Natur und für Tiere. Wir waren unheimlich viel draußen. Ich kenne heimische Vogelarten, Bäume und Blumen und verstehe etwas von Obst- und Gemüsebau und generell von der Natur. 

Das ist mal eine kleine Auswahl, aber ich denke, der Grundgedanke ist klar. Ja, es gibt Wunden, die geheilt werden wollen. Ja, es gibt Hinderliches, das wir wieder aus dem Weg schaffen müssen. Ja, es tat oft weh. Aber ich glaube, dass jeder auf die ein oder andere Weise auch etwas Positives davon hat, dass es auch hier eine zweite Seite der Medaille gibt. Etwas Negatives hat auch immer etwas Gutes. Wo Schatten ist, da ist auch Licht. Das, was damals war, hat dich auch im positiven Sinne zu dem Menschen gemacht, der du heute bist.

Und neben den oben aufgezählten Dingen, die ich als sehr wertvoll empfinde, kann ich sagen, dass das Wichtigste, was ich meinen Eltern zu verdanken habe, die perfekte Vorbereitung auf meinen Weg, ist.

Bei einer Heilmeditation, die ich im Januar diesen Jahres bezüglich meines schmerzenden Knies gemacht habe, kam das sehr schön zum Ausdruck. Hier ein Auszug aus den Geschehnissen:

"Die Messerspitze (sie steckte auf geistiger Ebene in meinem Knie) stand für all die „Spitzen“, die ich als Kind eingesteckt habe, für all die Demütigungen, die ich empfunden habe, für alle Verletzungen, die ich erfahren habe. Und mit diesem Wissen begann sich die Messerspitze in eine Art Verband zu verwandeln, den ich um die dünn geriebene Stelle an meinem Außenband legen konnte. Ich konnte mit der verwandelten Messerspitze mein Knie wieder heilen. Das, was mich verletzt hat, war auch in der Lage mich wieder zu heilen. Die Demütigungen verwandelten sich in Demut, denn ich begriff plötzlich, dass alles, was ich als Kind an Verletzungen erlebt habe, die beste Vorbereitung auf meine jetzige Arbeit waren, auf meinen Weg, auf mein wahres Wesen. Es ist die beste Basis und die beste Schule, die ich mir nur wünschen konnte. Wie könnte ich den Menschen besser helfen, als mit eigenen Erfahrungen. All die Klarheit, mit der ich die Zusammenhänge und Verstrickungen zwischen Klienten und deren Eltern sehen kann, verdanke ich nur meiner eigenen Erfahrung, meinen eigenen Erlebnissen, meiner Vergangenheit. Und plötzlich war auch der Hintergrund von meinem Knie sonnenklar. Die Spannungen, die ich tatsächlich zwischen der Familiengeschichte und meinem eigenen Weg gefühlt habe, dieses Gefühl von „ich bin anders und muss mich schützen und befreien“, drückten sich in diesem Schmerz aus. Diese gedankliche Spannung war auf einmal weg, denn ich erkannte, dass sich das alles gar nicht widerspricht. Das sind keine zwei Magneten die sich abstoßen, sondern vielmehr ist unsere Familiengeschichte und meine Vergangenheit das wunderbarste Fundament, auf dem ich jetzt gehen kann, das ich mir für meinen eigenen Weg nur wünschen kann. Als mir das klar wurde, legten in dieser Meditation meine Eltern heilend ihre Hände auf mein Knie und es floss unendlich viel Liebe. Ich wusste, dass diese Wunde nun heilen kann. Ihr könnt euch vielleicht vorstellen, wie sehr ich weinen musste. Zum ersten Mal sah ich meine Eltern als das, was sie wirklich sind: Zwei wunderbare Seelen, mit denen ich mich verabredet habe, damit sie mich auf perfekte Art und Weise auf meinen eigenen Weg vorbereiten und mich durchströmte unendliche Liebe, Dankbarkeit und Demut. Für meine Eltern, für diese liebevollen, großartigen Seelen, die sie sind, die sich auf einer höheren Ebene dafür bereit erklärt haben, mir diese ganzen Verletzungen „anzutun“, für dieses wunderbare, perfekte System, in dem wir hier leben. Da fiel mir der eine Satz wieder ein, den Gott in der Geschichte „Eine kleine Seele spricht mit Gott“ gesagt hat: "Denke stets daran", hatte Gott mit einem Lächeln gesagt, "ich habe dir immer nur Engel geschickt!" Und so ist es auch. Manchmal dauert es einfach, bis einem das wieder bewusst wird und man es wirklich fühlen kann.

Wenn ich heute mein rechtes Bein anschaue, dann sehe ich kein gebrechliches Etwas mehr, mit dem ich nicht weit komme und das ich nicht belasten kann. Wenn ich heute mein Bein anschaue, dann sehe ich ein wundervolles, kraftvolles Gebilde mit einer perfekten, robusten Basis als Oberschenkel (die Familiengeschichte) und einen agilen, wendigen Unterschenkel (meinen Weg), die beide absolut im Knie harmonieren und mit dem ich perfekt MEINEN Weg gehen kann. Meinen Weg mit einer Familiengeschichte, die mir den Rücken stärkt und mir alles gegeben hat, was ich für meine eigene Geschichte brauche!

Ich verneige mich in Demut vor all meinen Vorfahren, vor meinen Eltern und all den wunderbaren Seelen, die mich für meinen Weg vorbereitet haben."


Heute fühle ich wirklich eine tiefe Liebe zu meinen Eltern! Mama, Papa, ich danke euch!!! ♥

Herzensgrüße von mir
Anja

PS: Die ganze Heilmeditation findest du im Artikel "noch mehr Heilung".


Foto: Anja Reiche