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Dienstag, 2. September 2025

Wenn der Zweifel das Nein verhindert

Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin, dass er tun kann, was er will, sondern, dass er nicht tun muss, was er nicht will. (Jean-Jacques Rousseau)


Das Zitat berührt mich im Herzen. So sehr! Nicht tun müssen, was ich nicht will! Ja!!! Ja zum Nein!!! Mein Nein ist meine Freiheit!

Nein sagen. Ich kann es „eigentlich“ echt gut. Und doch, manchmal hakt es da tatsächlich noch in mir, gerade wenn es ums Zuhören geht. Wenn gesprochen wird, ohne die Verbindung zum Herzen, ohne die eigene Berührtheit, ohne Selbstkontakt und ich der Angesprochene bin, der Empfänger des Ganzen. Wenn es vom anderen nur Worte sind, die er selbst nicht spürt. Ich nicht gespürt werde. Der Moment nicht gespürt wird. Der gemeinsame Raum und was darin JETZT wirklich wesentlich ist, nicht gespürt wird.

In meinen eigenen Räumen, die ich immer wieder für Begegnung aufmache, hab ich mir die Erlaubnis zu meinem Nein erarbeitet. Im wahrsten Sinne des Wortes. Es war ein Weg, brauchte viele Übungsfelder und Herausforderungen. Da ist es mittlerweile selbstverständlich.

In meiner Beziehung mit Christian hab ich mir die Erlaubnis zum Nein erarbeitet. Erarbeitet nicht deswegen, weil er es mir nicht einräumen wollte, sondern erarbeitet deswegen, weil es Teile in mir gab, die nicht durften, denen es als Kind verboten war, ihren Raum zu haben, Grenzen zu haben, sich vor emotionalem Missbrauch zu schützen, die zuhören mussten, herhalten und brav aushalten, bis es vorüber war und der andere mich nicht mehr "brauchte".

In Begegnung mit Menschen "in freier Wildbahn" - also außerhalb von klar vereinbarten Räumen und Beziehungen - die zu Monologen neigen, jede Chance nutzen, um mit ihren Wortschwällen loszulegen, die das Feingefühl einer Dampfwalze haben, mir das Missbräuchliche sofort offensichtlich ist und mein Nein beim anderen eher Angriff und Empörung auslöst, ist meine Erlaubnis zum Nein und sogar zur Unfreundlichkeit und zum kompletten Ignorieren des anderen auch da. Kein Ding. Und ich genieße meine Brummigkeit und mein Knurren, die den anderen automatisch auf Abstand halten, sogar.

Bei mir hängt es, wenn mir der andere wichtig ist, wenn ich spüre, dass da eine Sensibilität und Verletzlichkeit da ist, wenn ich mit meinem Nein und dem "mir geht es gerade nicht gut in unserem Kontakt" einen wunden Punkt treffen würde. Wenn ich das Gefühl in ihm auslösen würde, dass er was falsch gemacht hat oder falsch ist. Wenn ich ein Minderwertigkeitsgefühl auslösen würde. Dann gibt es da wie ein Verbot in mir, Stopp sagen zu dürfen. Dann darf ich nicht für mich sorgen, dann darf ich mich nicht schützen. Dann darf ich nicht unterbrechen. Dann muss ich es über mich ergehen lassen und warten bis es vorbei ist. So zumindest tickt dieser Anteil in mir.

Er bringt mich in eine Handlungsunfähigkeit und ein Ausgeliefertsein. Alles in mir weiß, dass da was nicht stimmt, dass es gerade unwesentlich ist und der andere nicht fühlend präsent, abgetrennt von sich selbst und damit von mir und dem Raum. Da ist Unwohlsein. Da ist Unruhe. Da ist vielleicht sogar Langeweile. Der Bauch ist eng. Ich spann mich an. Beiß die Zähne aufeinander, verziehe das Gesicht. Aber sagen darf ich nichts.

Wenn ich dem weiter nachspüre, dann fühlt es sich an, als dürfte dieser Anteil nicht der Auslöser, der Verursacher von Schmerz sein, mit dem der andere dann nicht umzugehen weiß. Etwas in mir scheint zu spüren, dass der andere sich darin nicht halten könnte und ich deswegen mein Leid in Kauf nehmen muss, weil der andere seinen Schmerz nicht erträgt. Ich fange ihn ab den Schmerz des anderen. Ich trage etwas für den anderen. Ich ERtrage etwas für den anderen. Ich kann es sogar. Ich bin robuster. Das ist wahr. Und dennoch geht es mir schlecht, ich stelle meinen Raum zur Verfügung, damit der andere nicht an seiner Wunde berührt wird, damit er darunter nicht zusammenbricht und damit ich nicht die Enttäuschung in den Augen des anderen sehe, wenn ich seine Erwartungen nicht erfülle. Ein Blick, der mir alle Verantwortung für das Wohlbefinden des anderen und meine Rücksichtslosigkeit vermittelt. Ein Blick, der sagt: „Ich leide und DU könntest das so leicht ändern.“ Dass ich dafür etwas tun müsste, was ich nicht will, wobei ich mich nicht wohl fühle, ist dem anderen völlig egal. SEINE kurzfristige Erleichterung zählt. Ich komme mit meinen Bedürfnissen und meiner Unversehrtheit darin nicht vor. Und alles in mir fühlt, dass ich das alles ertragen könnte, aushalten, von ihm weghalten. Da kommt auch eine Stimme, die sagt: „Ach komm, stell dich doch nicht so an. Es ist doch eigentlich gar nichts. Was du wieder hast?“ Pfui Teufel wird mir schlecht.

Ich hab die ganze Zeit die Beziehung zu meinem Vater sehr präsent. Und da kommt mir wieder der Satz von neulich: „Ich sehe dich (mit deinem Schmerz) und ich trage dich nicht weiter.“ Gleichzeitig merke ich, dass ich den Punkt noch nicht ganz erwischt habe, was diesen Teil nicht Nein sagen lässt. Da ist immer noch Starre, Ausharren, Schweigen, Handlungsunfähigkeit. Wie wenn immer noch ein Verbot wirkt. Oder das Schlimme daran von mir selbst noch nicht anerkannt ist. Wie wenn mein Unwohlsein noch keine Berechtigung zugesprochen bekommen hat. Mhmmm… Der letzte Satz löst Berührung in mir aus. Da kommt etwas in Gang. Die Tränen steigen auf und die Kleine sagt: „Das ist voll schlimm“ und will sich in starke Arme werfen, Arme von jemandem, der sieht und versteht, der das alles auch erkennt und anerkennt.

Jetzt weint es. In warmen Armen. Christians Arme. Fühlend verstanden und begriffen. Gehalten. Schützend umfangen. Erfasst und bestätigt. DAS hat immer gefehlt. Dass da mal jemand von außen drauf schaut und die Verdrehungen erkennt, sie bestätigt. Da war immer der Zweifel. Himmel!!!!! Der Zweifel war das Problem. Jetzt weint es noch mehr. Jetzt fließt es richtig. Der Zweifel hat mich nicht Nein sagen lassen. Ich könnte mich täuschen. Ich könnte dem anderen unrecht tun. Ich könnte unfair sein. Ich könnte das alles einfach nur falsch verstanden haben, mich täuschen mit meinem Unwohlsein. Das Problem könnte bei mir liegen. Keine Möglichkeit für einen Abgleich. Niemand da, der ehrlich reflektiert und Seins zu sich nimmt. Niemand da, der außerhalb von all den Mustern und Dynamiken da ist, mit Feingefühl und die Situation tatsächlich erfasst, die Sachlage erkennt. Kein Referenzpunkt, kein wahrhaftiger Bezugspunkt, kein Wahrnehmungsabgleich möglich. Ich allein mittendrin in all den Verdrehungen und immer die „Gefahr“, dass ich falsch liege mit dem Gefühl, dass da etwas sowas von nicht stimmt. Ich war ja die Einzige damit.

Und jetzt fällt mir etwas ein, was mir heute Morgen so klar wurde. Wir alle waren im Grunde als Kind Opfer einer riesigen Verschwörung. Die Verschwörung der Unmenschlichkeit. Alle waren unmenschlich und abgetrennt da, unnatürlich und haben uns kleinen, fühlenden, berechtigterweise alarmschlagenden Wesen weis machen wollen, dass wir uns täuschen, dass so halt Leben geht und unsere Probleme mit dieser schreienden Unmenschlichkeit nur an uns lägen. Das einzige fühlende, menschliche Wesen weit und breit und der Fehler wurde uns zugeschrieben. Darin waren sich alle einig. Eltern, Schule, Ärzte, Kirche, etc… DAS ist Gaslighting im ganz großen Stil und eine Verschwörung, die sich seit Generationen durchgezogen hat. Möglich gemacht durch Trauma. Halleluja!

Da wird mir wieder bewusst, wie wichtig es ist, uns gegenseitig die Welt wieder vom Kopf auf die Füße zu stellen und uns gegenseitig saubere Spiegel zu sein, die wir als Kind nie hatten. Mit dieser Bestärkung wird das Nein ermöglicht, das es so dringend braucht, um all diesen Missbrauchs-Wahnsinn zu beenden. Donnerwetter! Was für ein Prozess und was für eine Erleichterung, wenn der Punkt getroffen ist. DANKE!!!!!


Sonntag, 24. August 2025

Das schlimmste Sich-Verlassen?

Ist das schlimmste Sich-Verlassen das "etwas vor sich selbst verbergen"? Ich hatte nie die Strategie, etwas vor mir selbst zu verbergen. Wenn ich mein Innerstes auch nicht anderen zeigen konnte, in mir hab ich es bei mir gehabt. Ich war mit mir mit dem da. Bin dann lieber von anderen weg, damit ich in mir mit mir sein konnte.

In der Begleitung von Menschen begegnet mir immer wieder das Phänomen, innerlich von sich selbst wegzugehen und etwas tatsächlich vor sich selbst verbergen zu müssen. Etwas, das so ungeliebt ist, dass es nicht wahr sein darf, versteckt werden muss und zwar nicht nur vor anderen, sondern auch und vor allem vor sich selbst.

Ab da gilt alles der Aufrechterhaltung eines bestimmten Selbstbildes, das den versteckten Aspekt nicht beinhaltet und ein ganz starker Kampf im Innersten gegen sich selbst. DAS darf nicht entdeckt werden, schon gar nicht von sich selbst. DAS darf nicht wahr sein. Ich muss und will anders sein, als DAS.

Dieser beschriebene innere Kampf in einem Menschen ist in meinem Erleben der Grund, warum sie für mich unerreichbar sind. Sie sind im Krieg mit sich. Augen, die mich nicht sehen, weil sie nur unverwandt nach innen gerichtet sind, mit dem Kampf und dem "sich selbst täuschen" beschäftigt.

Ich hatte vor mir selbst nie etwas zu verbergen und konnte sehr lange Zeit nicht verstehen - überhaupt nicht verstehen - warum die meisten Menschen nicht einfach sagen, was los ist. Man kann doch mit allem umgehen. Ich wusste von diesem Phänomen des "etwas vor sich selbst verbergen müssens" lange nichts.

Mit diesem Wissen, dem so wertvollen Teilen von Betroffenen und dem Ergründen und Erfühlen der Hintergründe und Anteile, verstehe ich im Nachgang mal wieder sooo viel mehr in meinem Leben, kann Erfahrungen in Begegnung nochmal anders einordnen und verstehe einmal mehr, mit was ich als Kind und auch ganz oft als Erwachsene zu kämpfen hatte - mit den Kämpfen der anderen gegen sich selbst. Es hatte nichts mit mir zu tun. Überhaupt nichts! Und oft wurde an mir von ihnen das bekämpft, was sie an sich so gar nicht haben wollten. Wieder hat das nichts mit mir zu tun und natürlich hat etwas in mir es persönlich genommen und auf sich bezogen. Wie hätte ich es als Kind anders deuten sollen?

Ich hatte keine Chance da jemanden zu erreichen. Da durchzudringen. Gesehen zu werden. Angenommen zu werden wie ich bin. Der andere konnte und wollte sich ja noch nicht einmal selbst sehen und annehmen, wie hätte er es mir gegenüber leisten sollen? Halleluja!!! Da gehen ganze Kronleuchter an.

Die anderen waren im Krieg gegen sich selbst und sind nie daraus zurückgekehrt.



Donnerstag, 21. August 2025

Das Leben reagiert nicht richtig auf das, was ich bin

Eine kindliche Erfahrung in der Erforschung:

Ein unbeantworteter Raum.
Mein Geschenk wird nicht empfangen.
Ich werde nicht erkannt, als das, was ich bin.
Mein Umfeld reagiert nicht adäquat auf mich. Es reagiert gar nicht wirklich auf mich, sieht mich überhaupt nicht durch all die Schleier und Filter. Sie sind weg. Im eigenen Film. Für mich unerreichbar. Da ist kein Sprudeln, kein miteinander in der Freude da sein, kein miteinander schöpfen und kreieren, kein sich gegenseitig befruchten, inspirieren und bereichern. Eben kein Interagieren miteinander, kein Referieren aufeinander. Ich versuche jemanden zu erreichen. Ich versuche sie zurückzuholen in den Moment, zu rütteln, wachzubekommen. Vergebens.

Mein Umfeld erkennt mich nicht. Da ist kein Leben, keine Lebendigkeit. Ich bin so lebendig und niemand ist lebendig mit mir da. Alle beschäftigt. Alle unwesentlich. Alle weg. Kein sehender Blick. Kein mein Wesen erkennender Blick.

Ein unbeantworteter Raum.
Kein Echo. Keine Selbstwirksamkeit. Kein Sinn in meinem Sein.
So wie ich mich fühle, das, was ich bin, wird mir nicht zurückgespiegelt.
Mein Innenerleben passt nicht zum Außen. Volle Irritation. Wie kann das sein?
Ich kann mich selbst nicht erfahren. Dazu bräuchte ich präsente Andere.
Ich kann mich nicht in Bezug setzen. Niemand bezieht sich auf das, was ich wirklich bin. Sie beziehen sich auf das, was sie angeblich in mir sehen, das ist aber nicht wahr. Die Spiegel, die mich mir zurückspiegeln, sind unglaublich dreckig und werfen verzerrte Bilder. DAS bin ich nicht. SO bin ich nicht. DAS ist nicht Leben. Und dennoch hört dieser Horror nicht auf. Es bleibt einfach so.

Mich gruselt es. Mich schüttelt es. Das ist fürchterlich zu erfahren. Das ist gespenstisch und wirklich, wirklich gruselig, schaurig, fürchterlich. Leer. Hohl. Gruselkabinett. Die Hölle. Die fieseste Hölle, die ich kenne. Umgeben von toten Lebenden. Umgeben von Blinden, die zwar Augen haben, aber nicht zum wahren Sehen in der Lage sind.

Da soll ich sein? Da soll ich bleiben? In dieser Zombie-Umgebung?

Ich ersticke, obwohl ich atmen kann. Da ist keine Luft.
Ich verhungere, obwohl ich zu essen bekomme. Da ist keine Nahrung.
Ich vereinsame, obwohl da „Menschen“ sind. Da ist kein Wahrgenommenwerden.

Was nützt es mir, wenn ich weiß, wer ich bin, wenn mich sonst keiner erkennt?
Was nützt es mir, wenn ich um das Geschenk weiß, das ich bin, wenn es keiner empfangen kann?
Was nützt es mir, wenn ich alleine da bin? Wenn niemand auf mich reagiert? Auf das, was ich wirklich bin?

Lebendig unter Toten. Verbunden unter Abgetrennten. Meine funkelnden Augen treffen auf leere Blicke. Meine Wärme ist umgeben von eisiger Kälte.

Ich habe kein Zuhause. Ich wurde nicht von Menschen erkannt und somit auch nicht auf der Erde empfangen. Ich wurde in niemandes Herz genommen, von keinem Wesen umhüllt.

Das Leben reagiert nicht richtig auf das, was ich bin. Das ist mein größtes Grauen. Das ist mein größtes Entsetzen. Das ist mein größtes Unverständnis. Das ist der Schock. Da ist was stehengeblieben. Da ist die Starre. Da bleibt mein erwachsener, beobachtender Blick ruhen. Da schau ich hin.



Mittwoch, 20. August 2025

Kein "um zu" mehr

Mein Leben hat sich in den letzten 20 Jahren zu einer Konsequenz hin entwickelt, die ich manchmal verteufelt habe. Ich komme keinen Millimeter an meiner innersten Wahrheit vorbei. Ich kann nur tun, was tatsächlich rein ist, 100% in Übereinstimmung mit meinem Innersten und keine Absicht hat. Das war mit Anfang zwanzig natürlich eine andere Hausnummer als jetzt, aber da fing es an, dass das Funktionieren einfach nicht mehr funktionierte, dass es in mir rebellierte, wenn etwas nicht in Übereinstimmung mit meiner Integrität war.

Ich hab mir manchmal gewünscht, dass ich mich eeeetwas mehr fügen oder anpassen könnte, mal einen Schwupps an mir vorbei könnte, um schlicht dazu zu gehören. Es ging nicht. Wenn ich es doch probiert habe, hat mich mein Körper sofort rausgeholt. Er war IMMER spätestens die Notbremse.

Es war also meine Herausforderung und mein Weg, mich selbst darin zu halten, dass ich keine "um zus" mehr ausagieren konnte, andere bedienen oder für mich selbst zweckmäßig handeln konnte. Da kamen die inneren Anteile und verletzten Kinder zum Vorschein, die das tun mussten, was stimmte, dann aber eben mit Konsequenzen zu rechnen hatten, befürchteten nicht mehr dazu zu gehören, ausgestoßen zu werden, beschuldigt zu werden, oder eben unter der Brücke zu landen, weil ich in kein System mehr passte, das zum "Geldverdienen" gut war.

Für viele andere ist es die Challenge, die "um zus" sein zu lassen und die inneren Kinder zu halten, die es so sehr gewohnt sind, absichtsvoll zu handeln, lieb und nett zu sein, zu beeinflussen, zu betteln, weil sie nur so ansatzweise an etwas gekommen sind, was sie so sehr gebraucht hätten. Da ist es die Aufgabe, sich um die inneren Kinder zu kümmern, die liefern wollen, die fordern, die kein Nein dulden, die brauchen und ALLES dafür tun. Es ist die Herausforderung, das bei sich zu behalten, was ein "um zu" hat und die Anteile in der Not zu versorgen.

Das heißt nicht, dass es keine erwachsenen Wünsche und Bedürfnisse mehr gibt. Ganz im Gegenteil, es ist sogar essentiell zu erkennen, dass es erwachsene Wünsche und Bedürfnisse gibt, die berechtigt sind, die menschlich sind, die geäußert werden dürfen. Ob ich damit frei und absichtslos da bin, merke ich daran, ob es ok wäre, wenn der andere Nein sagt. Wenn ich das, was ich brauche genau jetzt von genau der einen Person will und es nicht denkbar ist, dass es nicht stattfindet oder wann anders, dann ist es sehr wahrscheinlich, dass ein inneres Kind am Start ist, um das ich mich kümmern darf.

Wenn ich mein Bedürfnis äußern kann, weiß, dass es mir grundsätzlich zusteht und ich es haben darf, dass es aber nicht unbedingt jetzt und genau von dieser einen Person zu erfüllen ist, dann bin ich erwachsen da. Frei. Absichtslos. Das ist für mich der große Unterschied zwischen Bedürftigkeit und Bedürfnis. Zwischen Betteln und Wunsch. Ist der andere eingeladen wirklich frei nach seiner Stimmigkeit und Integrität Ja oder Nein zu sagen?

In meinem Leben war es immer eher so, dass ich diejenige war, die bei den "Bedürfnissen" der anderen nicht frei Ja oder Nein sagen durfte, weil es eben emotional aufgeladene Bedürftigkeiten waren, bei denen ein Nein ordentlich Gefühle auslöst. Ich selbst durfte also nicht Nein sagen, hatte aber ohne Murren zu akzeptieren und zu verstehen, dass die anderen fast nur Nein zu mir sagten. Mir fällt es deswegen nicht schwer, nicht zu versuchen, etwas zu bekommen. Es hatte keinen Wert. Selbst nach berechtigten Bedürfnissen fragen, wurde schnell als Betteln bezeichnet.

Ich musste lernen, dass es berechtigte Bedürfnisse überhaupt gibt und dass mir das auch zusteht, wenn ich aus meiner Integrität Nein zu anderen sage, in dem prägenden Fall zu den Eltern. Ich hätte bekommen müssen, ohne geben zu müssen und mein Nein zu ihren Bedürftigkeiten hätte keine negativen Konsequenzen für mich haben dürfen.

Als Erwachsener ist jedes eigene "um zu" im Grund überflüssig. Jede Angst vor negativen Konsequenzen, wenn ich die "um zus" der anderen nicht erfüllen mag, auch. Das Einzige, was es zu tun gibt, ist in beiden Fällen, die inneren Kinder zu versorgen, die da jeweils auf den Plan treten. Die, die was bekommen wollen und die, die Konsequenzen vermeiden wollen.



Dienstag, 12. August 2025

Die meisten sprechen, um nicht zu fühlen

Manchmal landen unter meinen Beiträgen Kommentare, mit denen kann ich im ersten Moment überhaupt nichts anfangen und frage mich ernsthaft, ob derjenige meinen Text überhaupt gelesen hat. Bei näherer Betrachtung und Befühlung gehen mir immer wieder ein paar Lichter mehr auf. Das mag ich gerade mit euch teilen.

Ich bin manchmal mit meiner Aussage die Bedrohung. Der andere will ein ganz bestimmtes Bild von sich haben und meine Aussage stört dieses Bild gewaltig. Oder der andere will auf eine ganz bestimmte Art behandelt werden, will Rücksicht und nicht an seinen Wunden berührt werden. Meine Aussage lässt blicken, dass ich das nicht tun würde. Da muss interveniert werden.

Die Kommentare sind im Grunde sehr seltsame Selbstoffenbarungen. Es geht eigentlich überhaupt nicht um mich und den Inhalt, den ich geteilt habe. Es geht um ihre eigene Haut. Da springt was an.

Ich merke immer wieder, dass ich versuche die Menschen beim Wort zu nehmen. Die Worte wörtlich zu nehmen. Es muss für mich im Zuhören und Antworten bei den meisten mehr um die Schwingung statt um die Worte gehen. Ich nehme die Worte der anderen zu wichtig, weil ich von mir ausgehe. Ich meine das, was ich sage. Mein Sprechen kommt aus meinem Spüren, aus meinem Fühlen. Die Worte drücken exakt mein Innen aus. Innen und Außen sind konkruent. Die meisten anderen meinen nicht, was sie sagen. Sie sprechen, um NICHT zu fühlen, um Gefühle zu vermeiden, wieder wegzumachen, wegzuargumentieren. Das "vergesse" ich gerne.

In den besagten Kommentaren wird deutlich, dass derjenige in dem Moment überhaupt nicht fühlt und erfasst von was ich rede, sondern er ist in seinem Angeticktsein da, auf Rechtfertigung, auf Angriff, auf Verteidigung, auf Vonsichweisen oder auf "mir sagen, dass ich das falsch sehe".

Nur denke ich mir die Sachen nicht aus. Das sind keine Ideen und Konzepte. Ich fühle, was da ist. Erspüre das energetische Muster und Gefüge und davon spreche oder schreibe ich dann. Ich spreche und schreibe aus dem Kontakt mit mir und dieses Ich nimmt das Wesen der Sache war, sieht innere Bilder.

In diesem Beobachten, was da ist, erfahre ich selbst unglaublich viel Neues, mir erschließen sich Zusammenhänge und Ereignisse, Verhaltensweisen, Muster, Nöte, Absichten. Das könnte ich mir im Leben nicht ausdenken oder zusammenreimen. Ich bin Wahrnehmende, Beobachtende. Das teile ich mit, wenn es stimmig ist, mit genau den Worten, die ausdrücken, was ich beobachte. Diese Worte kommen nicht von mir. Sie sind da. Oder wenn sie noch nicht direkt da sind, teste ich aus, bis das richtige Wort mit dem Beobachteten zusammenpasst. Achtsam. Fein. Behutsam. Bedacht. Weise gewählt.

Viele wollen schlicht nicht hören, was tatsächlich da ist. Das, was die Wahrheit des Moments ist, wird abgelehnt. Dann wird mir manchmal gesagt, ich bin unsensibel. Ich werde zum Problem erklärt. Ich kann für das Wahrzunehmende nichts. Ich bin Übermittler von dem, was energetisch eh schon Wahrheit ist und dazu stehe ich.

Ich bin nicht hier, um zu schweigen. Ich darf oft gar nicht schweigen.

Es ist für mich allerdings immer wieder enorm wichtig, solche schrägen Situationen auseinander zu nehmen und eben auch da zu erspüren, was untendrunter die Wahrheit ist. Wer ist wie da und was passiert hier eigentlich wirklich? Mich zerlege ich sowieso bis ins letzte Fitzelchen. Ich darf und muss immer wieder den anderen genauer unter die Lupe nehmen. Dadurch verstehe ich im Nachgang auch noch so viele andere Situationen, die mir bis dahin ein Rätsel waren.

Es ist tatsächlich die Zeit, in denen sich die Schleier lüften und offenbar wird, was so lange im Verborgenen lag. Für mich gilt das vor allem für Zwischenmenschliches. Damit einher geht immer wieder eine krasse Selbstbildkorrektur von mir. So viele Lügen, die mir über mich erzählt wurden, geben sich als genau das zu erkennen - als Lügen. Erzählt von Menschen, die nicht in der Lage waren, ihre Gefühle zu sich zu nehmen.

Ich verstehe jeden Tag so viel mehr. Halleluja! Was für eine Befreiung, wenn die Dinge gerade gerückt werden und endlich der Wahrheit entsprechen.


 

Montag, 11. August 2025

Voll und ganz über mich entscheiden können

Voll und ganz über mich entscheiden können und dürfen, das war und ist in meiner Ursprungsfamilie nicht vorgesehen. Es wird erwartet, dass ich die Bedürftigkeiten und Wünsche zur Schmerzvermeidung der anderen berücksichtige.

Ich darf schon machen, was ich will, aber dann sind sie halt beleidigt oder angefressen, voller unausgesprochener Vorwürfe und Schmerz. Ich kann nicht wirklich frei wählen. Manche Fragen dulden kein Nein. Manche Antworten dürfen nicht sein.

Dass in diesem Verhalten ich nicht vorkomme, ich keine Rolle spiele, hab ich schon sehr oft formuliert. Dass dieses Verhalten, diese Haltung beinhaltet, dass ich nicht voll und ganz über mich selbst entscheiden kann, kam heute erst so richtig bei mir an.

In dieser Familie ist es nicht vorgesehen, dass ich für mich wähle und diese Entscheidungen unabhängig von der Familie sein können. Es kommt in ihrer Vorstellung nicht vor, dass sie in meinen Entscheidungen keine Rolle spielen. Es kommt nicht vor, dass ich komplett über mich selbst verfüge, tatsächlich meine eigenen Wege gehe und ein komplett eigenes Leben habe. Völlig losgelöst von ihnen.

Diese Formulierung von Cindy heute, dass sie voll und ganz über sich entscheiden will und zwar in jeder Sekunde, hat's bei mir nochmal riiiiichtig klingeln lassen. Ich durfte nie wirklich, wahrhaftig und aufrichtig über mich entscheiden. Ich hab das im Kontakt mit meiner Familie nie erlebt, dieses Gefühl, dass ich nur mir gehöre, dass es mal nur um mich und mein Wohlergehen, meine Integrität, meine Wahl ging, ohne emotionale Aufladung mit ihren Themen, ohne versuchte Einflussnahme, ohne Bedenken, ohne Stories, die fühlbar mitschwangen, ohne Bewertungen. Ich hab nie wirklich offene Fragen gestellt bekommen, die zu einer/meiner Antwort einluden. Sie waren immer suggestiv, eingefärbt, aufgeladen, voreingenommen, ein bestimmtes Ergebnis inkludiert oder eben die vorgefertigte Meinung.

Frei wählen können und erleben, dass es wirklich und aufrichtig akzeptiert wird. Wirklich sein gelassen werden. Nur mir gehören bzw. dem Leben. Wirklich, ohne Kontrollfragen auf Schubladentauglichkeit oder Norm, das eigene Leben zugetraut und gegönnt bekommen. Wirklich frei gelassen werden, ohne das noch unterschwellig oder offenkundig was von mir gewollt wird, ohne Ansprüche, Erwartungen und Filter.

Voll und ganz über mich entscheiden dürfen, über mich selbst verfügen, zu jeder Zeit, egal, was das bedeutet, egal, worauf meine Wahl fällt. Entscheidungen erwachsen und reif akzeptiert bekommen, allen voran mein Nein. So ist es eigentlich gedacht in Beziehung. So fühlt es sich richtig an. Das hat da immer gefehlt. Jetzt hat die Lücke einen Namen. Danke.


 

Freitag, 8. August 2025

Du darfst beißen!

Dir wurde verboten, dich zu wehren. Du hättest dich wehren müssen. Da waren Grenzüberschreitungen und Ungerechtigkeiten ohne Ende. Du hast nicht beißen dürfen und hättest beißen müssen. Sie haben dir dein berechtigtes Nein nicht erlaubt. Sie haben dich deiner Macht beraubt, dir deinen Selbstschutz verboten. Sie haben dich ausgeliefert immer wieder. Sie haben dich damit verraten, ans Messer geliefert, geopfert.

In mir ist Empörung. Fassungslosigkeit. Wut. Etwas in mir steht auf, baut sich auf, in die volle Größe, stellt sich neben dich, vor dir hin, vor deinen Jungen und brüllt wie ein Löwe, gibt einen Hieb mit der Pranke, fletscht die Zähne und bleibt knurrend, schützend vor dir stehen.

"Hier ist Feierabend! An der Stelle ist es zu Ende! Schluss jetzt! Verschwindet! Ein für alle Mal! Seht zu, dass ihr Land gewinnt!" spricht es durch mich.

Du hast dein Recht auf dein Nein, deine Grenze, deinen Raum, deine Ruhe, deine Sachen. Die Zeit des Ertragenmüssens, Dulden, des Kriegs gegen dich Selbst ist vorbei.

Es brüllt nochmal in mir. Ein Machtwort. 🦁🔥🔥🔥🔥🔥

Du darfst beißen! 🦁🦁🦁🦁

 


Ich sehe dich, aber ich trage dich nicht

"Ich sehe dich, aber ich trage dich nicht."

Ein Satz, der seit gestern unglaublich viel in mir bewegt. Ein Satz, der mich noch stabiler stehen lässt. Mitfühlen ja, sehen, anerkennen. Übernehmen, nein. Klar abgrenzend, gerade wenn ich merke und so deutlich spüre, dass mir jemand die Verantwortung für seine Gefühle geben will, dass da Erwartungen und Anforderungen sind, Schuldzuweisungen und auch aufrecht erhalten werden. Wenn ich den Schmerz so deutlich spüre, den ich berührt habe, für den ich aber nicht die Ursache bin.

"Ich sehe dich, aber ich trage dich nicht weiter."

So musste ich diesen Satz in mir abwandeln, um die Wahrheit in Bezug auf meinen Vater auszudrücken. Da gab es einen Teil in mir, der dieses Tragenmüssen immer noch als seine Aufgabe sah und bei jedem gesunden Nein meiner Erwachsenen ein schlechtes Gewissen hatte, Schuldgefühle, Zweifel. "Wir können ihm doch mal eben gut tun. Es fällt uns doch so leicht," sagte dann die Kleine zu mir.

Dieser Ausdruck von Mitgefühl in dem Satz, dieses "Ja, ich sehe dich mit deinem Schmerz" an meinen Vater gerichtet, brachte ihr irgendwie die Möglichkeit dann Nein zu sagen. Warum auch immer, kann die Kleine jetzt tatsächlich den Schmerz des Vaters wahrnehmen UND ihn sein lassen. Da ist Ruhe, Klarheit und ein schlichtes Nein.

"Ich sehe dich, aber ich trage dich nicht weiter." An dieser Stelle endet das alte Spiel, die falsche Verantwortung, das schlechte Gewissen wieder einmal mehr noch tiefer.

Ausatmen.
Aufatmen.
Erleichterung.
Wieder mehr Ordnung.
Wieder mehr Ent-wicklung.
Wieder mehr Ich.
Halleluja!


 

Mittwoch, 6. August 2025

Ohne Rechte

Er hatte seine Rechte abgegeben. An den Stiefvater mit Aufforderung von der eigenen Mutter, die das ebenfalls getan hatte. Er wollte nicht, hatte zu recht Zweifel, alles in ihm sträubte sich, doch sie gab ihm zu verstehen, dass es so sein musste. Und er tat es. Mit einem schrecklichen, mulmigen Gefühl, aber er tat es. Er war gerade vier Jahre alt.

Ab dem Moment hatte er nichts mehr zu wollen. Ab dem Moment konnten seine Bedürfnisse nur in Bezug auf andere existieren. Er musste es schaffen, dass sein Wollen und Handeln zum Vorteil von anderen war, er musste sich verkaufen, seine Bedürfnisse für andere attraktiv klingen lassen.

Ab da war er behindert. Kein Schritt ohne Erlaubnis. Handeln nur als Reaktion auf das Außen. Er durfte nur wollen, was die anderen ihm zudachten. Auf Gedeih und Verderb der Gunst der anderen ausgeliefert. Kein eigenes Selbst. Kein eigenes Leben. Keine Eigeninitiative. Eine leere Hülle, die funktioniert. Kraftlos. Entmachtet. Eine Spielfigur auf dem Spielfeld der anderen, die beliebig bewegt werden kann.

Er hatte kein Leben mehr, das er in die Hand nehmen konnte. Er hatte eingewilligt, dem Stiefvater zu dienen, nicht mehr Gott. Er hatte eingewilligt zu schweigen und alles mitzumachen. Er hatte an jenem Tag seine Seele verkauft. 



Dienstag, 5. August 2025

Und unter all dem ist meist das Eigentliche

Wenn du als Kind – auf welche Weise auch immer – Gewalt erfahren hast, verbal, emotional, körperlich, Missbrauch, Unterdrückung, Demütigung, Grenzüberschreitung, die Beschneidung des wahren Wesens, Schmerz, der durch andere verursacht wurde, dann kann folgende Dynamik in dir entstehen:

Da gibt es den Anteil, der den Schmerz behalten will. Er will ihn den Tätern vor die Nase halten und sagen: „Seht her, das habt ihr mit mir gemacht! Wegen euch leide ich. Wegen euch bin ich kaputt.“
Würde er den Schmerz hergeben, würde es ihm endlich gut gehen, wäre sein Leben leicht und schön, hätte er das Gefühl, dass die Täter ungeschoren davongekommen sind, dass sein Leid vergebens war. Sein Schmerz ist ein Mahnmal. Ein Monument. Er will Rache. Er will Anerkennung für sein Leid. Er ist wütend.

Dann gibt es den Anteil, der glaubt, dass er all den Schmerz verdient hat, dass etwas an ihm so grundfalsch oder schlecht ist, dass es kein Wunder ist, dass die anderen so mit ihm umgehen. Er fühlt sich unwürdig, nichtig, wie das Letzte, das nichts Gutes verdient hat. Er glaubt, der Fehler läge bei ihm. Er glaubt, dass er auf irgendeine Art an all dem selber schuld ist. Dieses Falsche, das er selbst zwar nicht kennt, das aber da sein muss, weil die anderen es sehen und bestrafen, muss verborgen werden. Sowohl vor sich selbst, als erst recht vor anderen. Der Schmerz um dieses Falschsein ist zu groß. Er muss verdrängt werden. Dieser Anteil neigt zur Selbstbestrafung. Er glaubt an seine Schuld und Schuld fordert Strafe. Er ist voller Scham über seine Unzulänglichkeit.

Gleichzeitig gibt es einen Teil, der genau weiß, dass das Falsche nicht da ist, dass mit ihm alles richtig ist, dass er unschuldig ist und dass er ungerecht behandelt wird, dass hier etwas grundlegend nicht stimmt. Dieser Anteil will, dass der Schmerz aufhört. Er weiß, dass es so hier nicht gedacht ist, dass er Besseres verdient hat. Er strebt nach Leichtigkeit, nach dem Ausdruck von seinem wahren Wesen, danach, das, was er in Wahrheit ist, endlich auch zu erfahren. Er will Gerechtigkeit und das, was ihm zusteht. Er strebt nach der Liebe, die er ist und sucht Wege.

All diese Anteile – und vielleicht noch mehr - sind gleichzeitig aktiv und erzeugen nicht nur eine innere Zerrissenheit, einen Grundkonflikt im Selbst, sondern sie erzeugen auch im Außen ein stetes Hin und Her und Auf und Ab in den Erfahrungen, je nachdem, welcher Anteil gerade im Vordergrund aktiv ist.

Aus meiner Erfahrung beginnt die Heilung mit dem Erkennen der Anteile und der Dynamik, mit dem Erfassen, dass es diese Anteile gibt und zwar alle zu recht. Jeder Anteil hat seine Berechtigung und darf mitfühlend gesehen, anerkannt und bezeugt werden.

Und unter all dem ist meist das Eigentliche: eine große Traurigkeit und ein großer Schmerz darüber, dass es nicht lebbar ist, was möglich wäre. So war es. So ist es vielleicht noch. Das gilt es ebenfalls anzuerkennen und zu fühlen, der Urschmerz: Das wahre Wesen, das nicht gelebt werden kann. Der Schmerz darüber, dass du nicht das erfährst, was deinem Wesen entspräche. Die Integrität, die nicht gewahrt werden kann.

Autsch!
Atmen.
Damit sitzen.

So fühlt sich das an.

(Das Beschriebene beruht sowohl auf eigener Erfahrung als auch einem Mitfühl-Erfahren von wundervollen Mitreisenden. Keine Theorie. Gelebtes, erschlossenes Leben. Kein Anspruch auf Vollständigkeit und wie immer das Bedürfnis, es mit euch zu teilen.)



Das Ding mit den herrenlosen Gefühlen der anderen, dem Ich-losen Fühl-Raum und dem verzerrten Selbstbild

oder ein Freispruch:

Es ist nicht dein Chaos. Du bist ein fühlendes, wahrnehmendes Wesen. Nicht alles, was du fühlst, gehört dir. Du versuchst damit etwas zu handeln, was nicht dir gehört. Was nicht dir gehört, kannst du nicht integrieren. Was nicht dir gehört, darf, ja muss, aus deinem System entlassen werden. Zurück an den wahren Besitzer. Verbannt aus deinem heiligen Raum. Des Platzes verwiesen. Nicht deine Aufgabe.

Die Eindrücke strömen ungefiltert auf einen Anteil ein, der von seinem Ich noch nichts weiß. Grenzenloser Fühl-Raum, in den alles eindringen kann. Herrenlose Gefühle von anderen werden von dir wahrgenommen und in Ermangelung eines Ich-Bewusstseins (von diesem Anteil), hältst du das, was du da fühlst, für dich. Bist dem ausgeliefert. Das ist nicht die Wahrheit. Das bist nicht du. Du nimmst es nur wahr. Du bist der Raum, der das fühlt, was andere abgespalten haben. Die kindliche Ohnmacht darin entspricht heute nicht mehr der Wahrheit.

Dazu kommt sehr wahrscheinlich, dass wieder etwas anderes in dir weiß, dass sich aber doch jemand um diese Gefühle kümmern muss. Niemand sonst, als du nimmt die herrenlosen Gefühle wahr, also nimmst du sie. Macht ja sonst keiner. Als Kind ganz bestimmt notwendig. Als Erwachsener ist das nicht deine Aufgabe. Du darfst herrenlose Gefühle stehen lassen. Unbearbeitet. Du musst nichts damit machen. Nichts. Außer sie als nicht dir zugehörig zu identifizieren.

Dieser nie endende Dauerstress, dieses nicht schaffbare "dem Herr werden wollen", das Sortierenwollen, diese grenzenlose Überflutung, der viele Rückzug zur Erholung, das Besserwerdenwollen im Umgang damit gehören nicht dir, das sind nicht deine Aufgaben. Die Dauerbeschäftigung mit etwas, das nicht deins ist, darf hier und heute enden. Not your business.

Du bist frei. Du darfst deinen Raum selber beanspruchen. Du darfst überhaupt Raum beanspruchen. Dein Raum darf nur dir gehören. Du darfst Grenzen haben und dich als ein abgrenzbares Wesen erleben. Du musst nichts und niemanden hineinlassen. Du musst deinen Raum nicht zur Verfügung stellen.

Du bist Wahrnehmender und das von der Umgebung Wahrzunehmende ist weder in deiner Verantwortung noch definiert es, wer oder was du bist.

(Der Seismograph ist nicht das Erdbeben. Er nimmt es wahr und macht es sichtbar. Er muss sich auch nicht um das Erdbeben kümmern, kann er gar nicht. Er zeigt nur, was wahrnehmbar ist.)



Samstag, 2. August 2025

Ganz, ganz oft bist nicht du das Problem

Du bist nicht anstrengend. Du stößt auf Ungereimtheiten und sprichst das an.

Du bist nicht nervig. Du willst Klarheit und Stringenz.

Du bist nicht schwer von Begriff. Der andere ist nicht verstehbar. Du willst verstehen und fragst nach.

Du bist nicht zu viel. Du willst nicht zu viel. Der andere ist nicht da. Du forderst zu recht Präsenz, willst den anderen greifen, begreifen und fühlen.

Du bist nicht komisch oder kompliziert. Du stolperst über den Müll der anderen, den sie in euren gemeinsamen Raum stellen.

Du kannst es nicht einfach mal gut sein lassen, weil es verdammt noch mal nicht gut ist.

Du bist nicht falsch. Du reagierst gesund auf die innere Abwesenheit des anderen, auf Widersprüchlichkeiten, auf Verdrehungen, auf unklare Räume, auf Unwesentliches, Abgetrenntes. Wehrst dich gegen Schuldzuweisungen, falsche Schlussfolgerungen, Projektionen, verbale Gewalt und Ungerechtigkeiten.

Du bist nicht das Problem. Du zeigst nur an, dass da was nicht stimmt, nicht in der Ordnung ist, das Gesagte nicht zu dem passt, was wahrnehmbar im Raum ist.

Du reagierst, wenn deine Würde verletzt wird, deine Grenzen überschritten werden, du übergangen wirst oder dir nicht die Wahrheit gesagt wird, etwas verschwiegen wird, unausgesprochene Absichten im Raum sind, Manipulation stattfindet.

Das Meiste, was in meinem Leben zu meinem Problem erklärt wurde, für das ich falsch gemacht wurde, waren in Wahrheit die Baustellen der anderen, mit denen ich schon zu kämpfen hatte, lange bevor ich auch nur einen Mucks gesagt habe.

Meine Wahrnehmung und meine körperlichen Reaktionen darauf waren immer richtig. Nichts davon hab ich mir eingebildet. Ich werde wieder und wieder darin bestätigt und das geht nur, wenn jeder radikal ehrlich da ist und reflektiert.

Du bist auf die Ehrlichkeit und die Reflexionsfähigkeit der anderen angewiesen, wenn eine Situation wirklich geklärt und aufgeklärt werden soll. Du spürst, wenn Wahrheit gesprochen wird, wenn es stimmt, was der andere sagt, wenn es übereinstimmt, wenn das, was schwingt, zu dem passt, was gesagt und getan wird.

Ganz, ganz oft bist nicht du das Problem, du stößt lediglich auf das unaufgeräumte Zeug der anderen.


Montag, 28. Juli 2025

Da kommt einer daher und hat ein Problem

Und noch etwas sehr Bemerkenswertes ist passiert. Da kam einer daher und hatte offensichtlich ein Problem. Er glaubte, mein Verhalten wäre für sein Problem verantwortlich und kackte mich an, meckerte rum und ohne eine Antwort oder Reaktion meinerseits abzuwarten, ging er.

Da stand ich also. Die Worte klangen in Dauerschleife in mir nach. Etwas in mir hatte seine Anklage in die Hand genommen, wusste zwar, dass sie nicht stimmte und dennoch hatte dieser Anteil diese Anklage in der Hand. Da der Ankläger schon weg war, konnte dieser Anteil die Anklage auch nicht zurückgeben.

Ich zerlegte die Situation, schaute genau hin, was da eigentlich passiert ist. Der Ankläger wollte keine Lösung. Er wollte nicht wirklich mit mir reden. Er wollte seinen Frust ablassen. Es ging ihm nicht darum, tatsächlich mit mir in Kontakt zu kommen und für alle Beteiligten zu schauen, wie wir mit der Lage umgehen können, damit es für alle stimmt. Ah, ok. Er wollte tatsächlich keinen Kontakt mit mir, keine Verbindung, keine Kommunikation. Es hätte also auch nichts gebracht, wenn ich mit ihm in Verbindung hätte gehen wollen.

Mein Verhalten war nicht wirklich sein Problem. Ich hatte nichts falsch gemacht, ich hatte an diesem öffentlichen Platz gegen keine Regel verstoßen. Ich durfte da sein, wo ich war. Der andere hatte vor allem ein Problem mit sich selbst und ich war jetzt für ihn scheinbar der Grund für seine Gefühle. Er wollte mich zu seinem Problem erklären und nicht anerkennen, dass er das Problem, die Gefühle, den Frust, schon vor der Begegnung mit mir hatte.

Der Anteil in mir, der die Anklage zu sich genommen hatte, hätte jetzt gerne mit dem Erwachsenen im anderen gesprochen. Der Anteil ist wirklich an einer Lösung und vor allem Aufklärung interessiert gewesen, deswegen hat er es genommen. Weil er um die grundsätzliche Lösbarkeit wusste. Nur hatte er die Rechnung ohne den anderen gemacht, der gar nicht klären und lösen wollte. Der war im Film. In seinem eigenen. Unerreichbar für mich.

Dieses Erleben kenne ich millionenfach aus meiner Kindheit. Ich diente als Blitzableiter für die inneren Kinder der anderen und ich hätte gerne mit den Erwachsenen gesprochen, die aber nie ansprechbar waren. So hat sich alles mögliche in meinen Händen angesammelt, was ich irgendwann mal, wenn denn dann die Erwachsenen wieder da sind, mit ihnen besprechen wollen würde. Der Moment kam nie. Die Erwachsenen sind bis heute nicht ansprechbar, weil nicht da. Ich war damals als Kind schon erwachsener als all die Erwachsenen um mich rum zusammen. Und so ist es heute noch.

Ich darf auch hier anerkennen, dass da niemand für mich ansprechbar ist. Ich darf anerkennen, dass ich zwar direkt angesprochen werde, aber nicht gemeint bin. Der andere bekommt mich überhaupt nicht mit. Ich darf mir auch in solchen Situationen erlauben, nichts zu sagen, nicht zu reagieren. Ich darf mir erlauben, den anderen nicht ernst zu nehmen. Kindisches Verhalten eines Erwachsenen kann ich gar nicht ernst nehmen können. Redet der Erwachsene mit mir, bin ich direkt zur Stelle, aber keine Sekunde früher.

Durch dieses Ereignis wurde mir so richtig, richtig deutlich, wie oft ich zum Problem erklärt wurde, obwohl der andere gerade einfach nur ein fettes Problem mit sich selbst hatte. Und etwas in mir hat ihm entweder geglaubt oder wollte zumindest klar stellen, dass das nicht wahr ist.

Ich darf schlicht anerkennen, dass ich in Wahrheit nicht einen Fitzel Teil von seinem Problem bin. Ich darf mich freisprechen. Rückwirkend. Millionenfach. Ich darf die Wahrheit sehen: Ich hatte mit all dem Null zu tun. Sein Frust existierte schon vor mir. Ich lege die Anklage ab.



Die Chancenlosigkeit meinerseits ist real

Ich glaube, an dem Punkt war ich noch nie. Ich stelle fest, dass der andere innerlich nicht da ist und es kommen einfach die natürlichen körperlichen Reaktionen bei mir. Übelkeit. Ich möchte weg. Ich möchte nicht angefasst werden. Rückzug. Abstand. Mich selbst aus diesem Raum rausnehmen und in "Sicherheit" bringen. Sonst habe ich immer versucht auf alle möglichen Arten den Erwachsenen im anderen anzusprechen, habe versucht, den anderen wieder mit sich in Kontakt zu bringen oder wenigstens begreiflich zu machen, dass er gerade nicht da ist.

All diese Muster sind seit meiner Kindheit gelaufen. Automatisch. Ich wollte ja nicht gehen. Ich wollte Kontakt. Brauchte als Kind Kontakt. Deswegen kam es wohl nie wirklich zu dem Punkt, an dem ich einfach ohne etwas tun zu wollen, das fühle, was es in mir meldet, wenn mein Körper mir signalisiert, dass da niemand ist. Eben nur dieses Biofeedback. Nicht die Not und Panik aus der Kindheit, wenn ich gemerkt habe, dass da niemand ist, sondern diese ganz normale körperliche Reaktion auf innere Abwesenheit eines Menschen.

Etwas in mir hat in den letzten Tagen begriffen, dass die Chancenlosigkeit meinerseits real ist. Dass dieses Tun von mir, nichts bringt. Und dieses Etwas hat aufgehört zu handeln. Der Anteil in mir hat die Hände in den Schoß sinken lassen und sitzt da jetzt einfach. Schaut. Nimmt wahr und akzeptiert das Außen. Fühlt den Nichtkontakt und kann dann FÜR SICH etwas tun. Schweigen. Weggehen. Stop sagen. Was auch immer gerade stimmig ist FÜR MICH.

Etwas in mir hat aufgehört zum anderen durchdringen zu wollen, irgendwo da drin den Erwachsenen finden zu wollen und mit dem sprechen wollen. Das, was ich mein Leben lang bei nahen Bezugspersonen erreichen wollte, hat aufgehört. Die Ohnmacht ist akzeptiert. Und vor allem kann ich in mir noch tiefer verstehen, warum ich mit so vielen Menschen tatsächlich überhaupt gar nicht erst rede oder eben nicht mehr rede. Dieser Anteil hatte noch Hoffnung und meiner schweigenden Erwachsenen oft noch erzählen wollen, dass wir damit unhöflich sind, oder ungerecht oder wir doch eben mal nett sein könnten. Dieser Anteil hat jetzt begriffen. Das Muster hat sich ausgespielt.

Es fühlt sich noch ungewohnt an. Der Anteil ist noch etwas lost und weiß nicht recht wohin stattdessen, was er jetzt mit sich anfangen soll. Da ist einfach nur ganz laut dieses leicht überraschte: "Ach so ist das. Das bringt alles wirklich nichts."

Ganz durch ist es noch nicht. Vielleicht gibt es auch noch mehr Traurigkeit über die Nichtverbindung zu fühlen, alte Gefühle aus der Kindheit, die unter all dem Machen noch schlummern. Ich werde es sehen. Wie immer. Ich bin ja da, bei mir, in mir, wach.



Donnerstag, 26. Juni 2025

Loyalität, die nicht von Stimmungen abhängt

Heute Morgen hat mich ein Halbsatz total bewegt. Ein Halbsatz aus einem kurzen Video zu Bindungstrauma und was wir gebraucht hätten als Kind.

„… eine Loyalität, die nicht von Stimmungen abhängt…“

Das war’s. Das saß. Loyalität. Es wurde nicht bedingungslose Liebe genannt. Nein. Loyalität war die Bezeichnung. Woah, irgendwie eine ganz andere Qualität. Ja, das hätten wir wirklich gebraucht.

Loyalität. Seither bewege ich das Wort in mir. Befühle. Es schmeckt mir.

Loyalität. Natürlich, wir hätten sie als Kind für gesunde Entwicklung gebraucht und genauso brauchen wir diese Erfahrung als Erwachsene. Vielmehr noch. Ich glaube, fühle, dass wir im Grunde so gemacht sind. Das zumindest ist meine Wahrheit.

Loyalität. Die echte. Die natürliche. Die ursprüngliche.

Eine Loyalität, die - eben - nicht von Stimmungen abhängt.

Eine, die ist und bleibt und nichts will, die verlässlich ist, emotional stabil und belastbar.
Eine Loyalität, die ja zum Wesen sagt und nicht zu kurzfristigen oder noch zu erwartenden, persönlichen Annehmlichkeiten.

Sie ist ein Ja zu einem gemeinsamen Weg, zum gemeinsamen Fließen, dazu, sich vom Leben bewegen zu lassen.

Sie ist ein Ja zu gemeinsamer Entwicklung, zu Wachstum und Entfaltung.

Sie ist ein Ja zu gemeinsamen Erfahrungen, nicht zu bloßen, gemeinsamen Aktivitäten. Zu tief gefühlten, ganz verkörperten Erfahrungen in voller emotionaler Präsenz, was immer diese Erfahrungen sein mögen.

Eine Loyalität unter allen Umständen, die bereit ist, im Feuer zu stehen, nämlich im eigenen.
Eine, die immer gilt, egal, was kommt, auch im Sturm, eben bei jeder Wetterlage.

Es geht bei echter Loyalität nicht einfach ums Bleiben um jeden Preis.
Sie will nicht, dass der andere sich aufgibt, nur um bleiben zu können.
Das ist nicht loyal. Das ist Selbstverrat.

Sie möchte, dass der andere sich eben nicht aufgibt, echt an der Seite ist und nur dann da ist, wenn es tatsächliche seine Wahrheit ist. Sie möchte, dass jeder in dieser Verbindung da ist, wo das Leben ihn gerade haben will. Bei sich.

Sie ist verbindlich und frei zugleich.
Diese Loyalität sagt ja, zu einem Band, das eh schon da ist, das geknüpft wurde, weit vor der körperlichen Begegnung. Es ist das irdische Ja zu einer Verbindung, die energetisch schon existiert. Es ist das Ja zur Einhaltung der Verabredung. Diese Loyalität hat kein Fragezeichen. Sie ist.

Im Grunde geht es „nur“ um die Loyalität sich selbst gegenüber, der inneren, höheren Wahrheit, Gott. Der Rest ergibt sich von ganz alleine. Bin ich ganz bei mir, bin ich ganz beim anderen. Bin ich ganz bei mir, spüre ich genau, wo, mit wem ich gerade sein soll. Das ist für mich DIE Verlässlichkeit überhaupt. Wache Präsenz. Loyalität der Ordnung gegenüber. Sich dem verpflichtend, was sein soll. 100% Commitment.

Ja, es ist meine tiefste Wahrheit, dass wir genau so gedacht sind. Ja, ich bin so da. Das ist mein Versprechen und ich halte es. Ja, es ist unglaublich frustrierend und immer wieder schmerzhaft, wenn diese Bereitschaft nur einseitig ist.

Und es ist unglaublich befriedigend und erfüllend, es immer wieder erleben zu dürfen, dass es lebbar ist, dass es andere Wesen gibt, die genau so da sein wollen und sind. Wenn zwei Wesen wach sind, die Verbindung erkennen und einhalten, da sind und das im Irdischen möglich werden lassen, was vereinbart ist, ist das eine der sattesten Erfahrungen, die ich kenne.

Loyalität! Diese Qualität schmeckt mir wirklich.



Montag, 23. Juni 2025

Ja, so ist es

Diese vier Worte sind für mich magisch. Ich erlebe immer wieder, wie direkt Entspannung in mein System kommt, etwas ausatmet und ich weicher werde.

Sie nehmen den Moment komplett an. Sie bezeugen das Jetzt mit allen Umständen und Zuständen. Sie sehen und sagen ja dazu. Sie verlangen keine Veränderung. Sie haben keine Wertung und kein Urteil. Sie wollen keine Handlung, keine Reaktion.

Jede Idee von "es müsste aber anders sein" stirbt sofort. Etwas in mir hört direkt auf, eine Lösung zu suchen. Ich komme in ein Wahrnehmen dessen, was in mir ist, wenn ich den Umstand und Zustand einfach anerkenne.

Ah, ok. Da ist also Enge. Da ist Unruhe. Da ist Anspannung. Der Lärm, den ich im Außen höre, beeinflusst mein Hören nach innen. Der Lärm ist da. Ich bin da. Ok. So ist es also gerade. Das ist jetzt dieser Moment.

Ah, ok. Da ist gerade Schwindel. Ich sehe anders als sonst. Die Buchstaben vor meinem Auge sind eher ein Klumpen, als dass ich klare Wörter erkennen könnte. Ich kann noch lesen, da sind noch Begriffe, aber mir wird übel dabei. Ah, ok. Da ist das Bedürfnis mich hinzulegen. Die Möglichkeit ist da. Ich bleibe dennoch sitzen. Einfach so. Mir kommen Tränen. Ich mag weinen. Ich weine. Da ist eine Schulter zum Anlehnen. Ich lehne mich an. Weine weiter. Fühle weiter meinen Körper. So ist es gerade. Das ist der Moment.

Ah, ok. Da ist gerade eine unglaubliche Wut, eine Unzufriedenheit, ein Unmut. Ist etwas passiert? Hat es einen Grund? Hab ich an etwas Bestimmtes gedacht? Nein. Ich bin aufgewacht und so war es. Ich kenne den Ursprung nicht. Die Gefühle sind da. Ich lass sie sich in mir bewegen. Eine ganze Zeit lang. Wollen sie Ausdruck? Mag ich anfangen zu schreiben? Nein. Ich mag sie sein lassen. So da sein. Ich mag es erzählen. Sie einfach benennen. Damit in Kontakt gehen. Grummelig mit jemandem da sein. Ok. So ist es gerade. Das ist der Moment.

Ich könnte das jetzt mit unzähligen Beispielen fortführen. Dieses simple "Ja, so ist es" ist für mich Heilung pur.

Und auch ein "Ja, so war es" für alles, was in der Vergangenheit vielleicht an anspruchsvollen, herausfordernden, verletzenden, traumatisierenden Ereignissen war, bringt mir Frieden ins System. Ruhe. Die inneren Kinder werden vielleicht zum ersten Mal bestätigt und müssen nicht mehr darum ringen, etwas anerkannt zu bekommen. Ich gebe ihnen recht. Ja so war es. Du wurdest manipuliert. Du wurdest missbraucht. Du wurdest angelogen. Dir wurde Verantwortung übertragen, die nicht die deine war. Ja, die Erwachsenen waren emotional abwesend. Ja, du wurdest für ihre Zwecke benutzt. Das alles ist wahr.

Das Anerkennen ist für mich der erste und wichtigste Schritt. Dann kann ich fühlen, was das für mich bedeutet, was es für mich bedeutet hat. Ich kann fühlen, was jetzt ist und endlich das, was ich früher nicht in der Lage war zu fühlen. Dann bin ich am Punkt.

Es kann natürlich immer sein, dass es Teile in mir gibt, die wollen und können gerade nicht anerkennen. Die sind im Widerstand. Die wollen das so nicht. Dann kann ich "Ja, so ist es" mantramäßig aufsagen und dennoch ist es nicht gemeint und wahr für mich. In diesem Moment wäre es eine Lüge. Mir gegenüber. Und irgendwie gewalttätig, wenn ich mir selbst im Widerstand sagen würde, dass es jetzt halt einfach so ist.

Ich mag den Widerstand als Wahrheit anerkennen. Er ist gerade da. Dann gehört da das "Ja, so ist es" hin. Das ist gerade wahr für mich. Ah, ok. Etwas in mir will das gerade nicht so, wie es ist. Das kann ich verstehen. So ist es gerade. Das ist der Moment.

Magische Worte:
Ja, so ist es.
Ja, so war es.



Sonntag, 22. Juni 2025

Nicht ich bin fehl, mir hat was gefehlt

Ich liebe es, Barbara zuzuhören. Diese kraftvolle Klarheit. Diese bemerkenswerte Wucht (Danke, Sylvia, für dieses so treffende Wort) in jeder fein erspürten Formulierung. Ein Sprechen aus dem Ergründen in sich, aus dem konkreten Moment, aus dem jetzigen Erleben, aus dem wahrhaftigen, leibhaftigen Punkt.

Manchmal muss ich mitschreiben, aufschreiben, was da aus ihr fließt und - Gott sei Dank - hab ich ihre Erlaubnis davon zu teilen, wenn ich den Impuls habe.

Die folgende Mitschrift wollte ich schon ewig mit euch teilen. Die Worte vibrieren nach wie vor in mir, berühren mich tief und wirken, bewirken, was auch immer. Ein Klingen, ein Summen, ein tiefes JA. Immer wieder kommen mir die Tränen. Mein System meldet Wahrheit. Das Gesprochene verströmt nach meinem Empfinden so eine Wärme, so eine Weisheit, so eine Milde, so viel Liebe und sie bezeugen den Weg der Heilung. Sie erzählen von Quantensprüngen und Befreiungsschlägen, von Paradigmenwechsel und der fühlenden Rückeroberung des Selbst.

Und nun lade ich euch ein. Lest und fühlt selbst:

"Nicht ich bin fehl, sondern das hat immer gefehlt... mich im Wundsein ernst nehmen... jetzt die Wunden für wahr nehmen und da sein lassen in und trotz allem/n... weil ich weiß, dass mit meinem Weich- und Menschlichsein alles in Ordnung ist.

Mich wund wahr und da haben wollen.

Es geht nicht mehr darum "wo ist für die Wunde Platz", sondern ich bin da und da wo ich bin, ist die Wunde.

Manchmal wird die Wunde weggeschickt. Und das ist nicht mehr so schlimm wie emotionale Ablehnung bisher war, weil ich weiß, dass ich meine Wahrheit bin. Und das auch irgendwie nicht mehr so persönlich nehm', sondern die können halt mit Wundsein nicht sein.

Irgendwo ist immer Raum, wo ich atmen kann.

Ich muss meine Begegnung mit mir nicht mehr unterbrechen für andere."

Barbara Klaus

DANKE!!! Danke für dich. Es ist mir eine Ehre, mit dir hier zu sein, Weggefährten, Schwestern. Es ist ein Segen, dich an meiner Seite zu wissen und an deiner Seite sein zu dürfen. ❤️🙏🔥




Freitag, 20. Juni 2025

Das Trauma der Vernachlässigung

Der Schmerz aus dem, was NICHT war

Wie kann etwas weh tun, was nie passiert ist?

Es gibt einen Schmerz in tausend Facetten, der kommt nicht aus etwas, was uns angetan wurde. Er kommt von etwas, was nicht passiert ist, was wir nicht bekommen haben, was uns nicht zuteil wurde, was wir aber als Kind so dringend gebraucht hätten.

Ich spreche von echter, tiefer Zuwendung. Von einem "um uns kümmern", vom versorgt werden und damit meine ich weniger materielle Versorgung, sondern emotionale, seelische.

Ich spreche von Berührung, körperlicher und emotionaler. Ich spreche von Aufmerksamkeit. Dem Erleben, gewollt und willkommen zu sein. Dem Erleben, dass sich jemand an unserer Existenz freut, einfach so, mit uns sein will, Wert auf unser Wohlergehen legt und zwar wirklich auf unseres, wie es uns tatsächlich wohl wäre, unseren Bedürfnissen tatsächlich entsprechend. Ich spreche von Futter, emotionaler und geistiger Nahrung, die wir so sehr zum Gedeihen brauchen.

Fehlt uns das als Kind, bleibt da eine Leere, eine ungestillte, namenlose Sehnsucht, ein brennendes Vermissen von etwas, das wir noch nicht einmal kennen. Wir könnten meist gar nicht genau sagen, was uns fehlt. Wir können also auch nicht danach fragen. Wir haben es ja nie erfahren und doch weiß unser ganzes System, dass da etwas "hingehört" hätte. Dass da eine klaffende Lücke auf so vielen Ebenen ist. Da ist ein Mangel spürbar. Dauerhaft. Wie ein stetes Hintergrundrauschen, manchmal aber auch brüllend laut.

Dann sind da später Erwachsene, die als Kind auf diese Weise vernachlässigt wurden, denen es einfach "nicht gut" geht. Da ist vielleicht Depression, da ist vielleicht stete Traurigkeit, Todessehnsucht, Sinnlosigkeit, eine unglaubliche Einsamkeit, obwohl es vielleicht ein soziales Netzwerk gibt, obwohl da vielleicht Familie ist. Einsamkeit trotz Menschen. Da ist vielleicht das Gefühl, ständig etwas zu brauchen, ohne zu wissen, was. Oder das Gefühl ein Aussätziger zu sein, irgendwie eklig, oder falsch oder eben schlicht nicht dazugehörig, immer außen vor, auch wenn er sich vielleicht gerade mitten in einer Gruppe befindet.

Diese fehlende Versorgung in der Kindheit hinterlässt so tiefe Wunden, die aber sichtbar keinen Ursprung haben. Da gab es vielleicht keine körperliche Gewalt. Da war scheinbar immer alles da in der Kindheit. Was zu Essen, Kleidung, ein Dach über dem Kopf. Und dennoch sind da Schmerz, ein krass verzerrtes Selbstbild, weil etwas unbewusst angefangen hat zu glauben, dass mit sich selbst etwas nicht stimmen kann, Unzufriedenheit, Mangelgefühle, oder sogar eine Art Heimweh, ohne zu wissen, wo dieses Zuhause sein soll. Das Elternhaus ist damit meistens nicht gemeint. Der Zweck der Existenz scheint nicht da zu sein. Das Leben macht keinen Sinn, wenn etwas in mir gespeichert hat, dass ich nicht gewollt bin. Dennoch bin ich da. Warum? Ein dauerhafter Grundkonflikt, meist unbewusst.

Es bleibt die stete Unruhe und Suche nach etwas Unbestimmten, das oft lange keinen Grund zu haben scheint, kein Ziel, keine Ausrichtung. Da fehlt einfach was. Durch Reisen, Ausbildungen, Auswandern, Umzüge, Partnerschaften, Kinder bekommen, Sport, Sex oder anderen bekannten Kompensationshandlungen wird dann versucht, diese Lücke zu schließen, irgendwo eine Art Heimat zu finden. Das mag kurzzeitig Linderung verschaffen, aber das Loch bleibt.

Die inneren Kinder sind unterversorgt und bleiben es, wenn sie unerkannt bleiben, wenn die Lücke keinen Namen bekommt und der Ursprung von all dem nicht ergründet wird.

Eine große Herausforderung in all dem ist aus meiner Sicht, überhaupt erst mal anzuerkennen - vor mir selbst und den Eltern gegenüber -, dass da etwas nicht stimmt, obwohl mir als Kind ja eigentlich nichts "Schlimmes" passiert ist (meist kommt das allerdings noch obendrauf). Ich habe ein Recht auf meine Verletzungen, auch wenn mir alle Welt erzählt, dass doch eigentlich nichts war. Meine Wunde, mein Unwohlsein stimmt. Mein Innenerleben spricht eine sehr eindeutige Sprache. Die Zellerinnerung täuscht sich nicht und kann sich auch nichts einbilden. Wenn da was fehlt, fehlt da was. Wenn mir Berührung fremd ist, ist mir Berührung fremd. Wenn ich mich ungeliebt fühle, fühle ich mich ungeliebt. Da kann der andere tausend Mal beteuern, wie sehr er mich liebt. Ich fühle anders.

Dieses Anerkennen vor mir selbst, öffnet Tür und Tor für Heilung. Die Wunde ist als existent erkannt, das Wundsein darf wahr sein. Die Wunde aus etwas, was mir nicht passiert ist. Es gibt sie. Und jetzt kann ich ihr begegnen.

Danke, Barbara. Danke, Christian. Danke, Kathi.


Nachtrag:
Ich glaube, der wichtigste Aspekt aus all dem, kommt mir jetzt erst in den Sinn: Die emotionale Überforderung. Ich bin mit all meinen Emotionen als Kind alleine. Ich habe keine Anlaufstelle. Niemanden, der mich im Sturm hält. Kein Nervensystem zum Regulieren. Da ist kein Hafen, kein Halt, keine Zuflucht, kein Entgegenkommen, kein Wohlwollen in all dem, niemand, der mich darin erfassen und handeln kann. Ich muss mit all dem Toben in mir, mit all den Nöten alleine klarkommen. Ein Kind ist nicht dafür ausgelegt, mit all dem alleine gelassen zu sein. Ein Kind ist überhaupt nicht dafür ausgelegt, alleine gelassen zu sein. Das Verlassenwerden von Erwachsenen findet in den meisten Fällen innerlich statt. Ein innerliches von mir weg gehen. Der Horror pur als Kind.



Donnerstag, 19. Juni 2025

Bevor ich nichts mehr will, muss ich erst mal was wollen dürfen

Ich hab gestern von der Hingabe an das, was ist, geschrieben und ich mag unterstreichen, dass ich auf dem Weg die inneren Kinder nicht vergessen will und darf. Die Anteile in mir, die nicht das bekommen haben, was sie wirklich gebraucht hätten, deren Bedürfnisse nicht befriedigt wurden, die nie das bekommen haben, was wirklich für sie stimmte und in dem Moment richtig und wichtig gewesen wäre, die im Mangel groß geworden sind, die vielleicht immer teilen mussten und nichts für sich haben durften, deren Sachen nie sicher waren, kaputt gemacht wurden oder ihnen wieder weggenommen wurden, die nie an erster Stelle standen, deren Bedürfnisse immer nachgelagert waren oder sogar als störend empfunden wurden.

All die unbefriedigten, ausgehungerten und zu Recht fordernden, lechzenden, schreienden, inneren Kinder will ich nicht übersehen und schon gar nicht übergehen. Was viele als das Ego bezeichnen, das sterben muss, sehe ich als verletztes Kind, das gesehen werden will, das endlich wahrgenommen werden will mit dem, was in ihm tobt, das durch meine Hinwendung heilen darf.

Diese Lücken der Bedürfniserfüllung aus der Kindheit haben wir wohl alle auf irgendeine Art und Weise. Ganz individuell hat den meisten irgendwas gefehlt, was so wichtig und erforderlich gewesen wäre. Dieser Mangel wirkt als Erwachsener immer noch. Das klaffende Loch im Inneren ist da und wahr.

Wenn diese Anteile hören, dass sie sich doch bitte mit dem zufrieden geben sollen, was gerade da ist und dass sie nichts mehr für sich persönlich wollen sollen, dann setzt sich für sie der Horror der Kindheit fort. Sie gehen auf die Barrikaden. Zu Recht. Mit ihnen mag ich in den Kontakt gehen, sie endlich hören und erhören, sie sehen und halten, trösten und ihnen sagen, dass sie recht haben, immer hatten und dass sie gebraucht hätten. So viel mehr.

Ich mag sie nicht wieder übergehen. Das würde meinen inneren Krieg nur fortsetzen. Ich mag sie nicht zwingen nichts mehr zu wollen, weil sie verdammt nochmal wirklich noch was brauchen. Von mir. Ein ernst genommen werden. Liebe, Verständnis, Mitgefühl, das gesehen werden in ihrer Not, das Bezeugen von all dem, die Erlaubnis und Bestätigung haben wollen zu dürfen, brauchen zu dürfen und die Erinnerung daran, dass das Leben, Gott nicht so unachtsam ist, wie die Eltern damals. Sie haben nicht in der Ordnung gehandelt, haben mich nicht gesehen und wirklich erkannt. Dieser "Macht" bin ich nicht mehr ausgeliefert. Mit der hab ich es nicht mehr zu tun. Ich werde gesehen. Vom Leben, vom All-Bewusstsein, von Gott und bin erkannt, bekomme, was ich wirklich brauche, um zurück zu mir zu kommen, was Wesentlich ist für meine Erfahrungen, für mein Wachstum, für mein Gedeihen, für meine Blüte. Diese Macht meint es wirklich gut mit mir und meint mich wirklich.

Dann braucht es kein persönliches Wollen mehr. Das Leben weiß es besser. Die Kinder in mir sind versorgt und in Sicherheit, geborgen, und wissen wieder um die Wahrheit. Sie dürfen was wollen. Ich bin da für sie. Und die Erwachsene, die ich bin, kann sich dann hingeben, ganz und gar, dem Leben, dem Höheren.

Dieser eine Schritt dazwischen darf für meine Begriffe nicht fehlen. Bevor ich (als Erwachsene) nichts mehr will, muss ich (meine inneren Kinder) erstmal was wollen dürfen und auch anerkennen, dass die Erwachsene Bedürfnisse hat, mich erinnern, dass mich das Leben damit sieht, dass sie vom Leben selbst kommen, das nach Leben strebt und dass alles, was ich wirklich wirklich brauche, da ist.

Ich darf wollen, bevor ich nichts mehr will.


 

Samstag, 14. Juni 2025

Bin ich mit meinen Grenzen gewollt?

"Wer dich mit deinen Grenzen nicht liebt, profitiert davon, dass du keine hast." reBliss

"Wem nützt es, wenn du deine Grenze nicht wahrst?" reBliss

Der Satz und die Frage bewegen sich seit heute Morgen in mir. Gelesen habe ich sie in einem Artikel bei Facebook von reBliss. Es ging um starke, echte Beziehung und dass ich darin MIT meinen Grenzen gewollt bin. Menschen, die meine Grenzen nicht wollen bzw. wollen, dass ich sie übergehe, dienen ihren eigenen Zwecken. In solchen Beziehungen spiele ich mit meinem Wohlergehen keine Rolle. In solchen Beziehungen bin ich lediglich als Bedürfniserfüller gedacht.

Nun ist das Thema ja kein neues für mich. Und dennoch rückt es in mir durch den Satz und die Frage noch mal etwas gerade. Nochmal ein klarerer Blick auf bisherige Beziehungen und Begegnungen. Wann musste ich meine Grenzen verteidigen, mich begründen, rechtfertigen und was hatte der andere davon, wenn ich meine Grenzen und Bedürfnisse übergehe? Wann kamen Vorwürfe und Schuldzuweisungen und was hätte der andere in solchen Momenten gerne von mir/durch mich gehabt, was dann nicht stattgefunden hat? Wie wenn ich dadurch nochmal besser überprüfen könnte, was schräg ist, wenn sich etwas schräg anfühlt in Begegnung. Rückblickend und natürlich ab sofort für alles Kommende.

Es erweitert - mal wieder - meinen Blickwinkel. Ich prüfe - mal wieder - nicht nur mich, sondern nehme den anderen und seine Belange mit in den Fokus. Wie wenn es immer wieder erforderlich wäre, die Ursache für Unstimmigkeiten nicht nur in mir zu suchen, sondern alle Beteiligten mit ihren Absichten zu betrachten. Wie wenn es wieder einen Anteil in mir erreicht hätte, der bislang noch nicht den Kopf gehoben hat und mal ins Umfeld geschaut hat, weil er so sehr dabei war, sich selbst zu zerlegen und sich zu fragen, ob er seine Grenzen und Bedürfnisse überhaupt haben darf, dass er gar nicht auf die Idee kam, die Intention des anderen in Frage zu stellen. Wie gesagt - mal wieder.

Mit der Frage nach dem Nutzen und Profit für den anderen, den er hat, wenn ich mich übergehe, wird so schnell so viel deutlich. Ich kann sofort aufhören, mich in Frage zu stellen und mich für meine Grenzen und Bedürfnisse schuldig zu fühlen. Da gibt es einen Anteil in mir, der wirklich denkt, dass er den anderen mit den eigenen Grenzen und Bedürfnissen verletzt und dass ich damit gemein bin. Frage ich nach dem Nutzen für den anderen, wird damit sofort deutlich, dass sich der andere einen Scheiß um mich schert. Er verfolgt schlicht seine Ziele und mein Wohlergehen spielt darin keine Rolle. Die Gedanken, die ich mir um ihn mache, macht er sich nicht für fünf Cent um mich.

Ich will, dass es ihm UND mir gut geht. Er will nur, dass es ihm gut geht. Ich bin egal. Und wenn er seine Haut retten kann, werde ich immer geopfert werden. Es gibt kein Bewusstsein für ein Gemeinwohl oder einfach für einen anderen als eigenständiges Wesen mit eigenen Bedürfnissen.

Jemand, der will, dass ich mich übergehe und dabei noch an meine Solidarität und Güte appelliert, verfolgt vor allem seine Ziele ohne Rücksicht auf Verluste. „Du willst doch, dass es der Mama gut geht, oder?“ Ja, aber ohne, dass ich dabei vor die Hunde gehe und das ist in dieser manipulativen Frage impliziert. Emotionale Erpressung deluxe. Ja, ich will, dass es dem anderen gut geht. Will er auch, dass es mir gut geht? Dass ich integer sein kann? Dass ich meiner Anziehung und Abstoßung folge? Dass ich ehrlich Ja und Nein sage?

In mir wirkt gerade noch der Satz, den ich eben weiter oben geschrieben habe. Die kindliche Idee, dass ich mit meinen Grenzen und Bedürfnissen gemein bin. Dass ich damit andere verletze, dass sie dadurch „zu kurz kommen“. Halleluja. Was für eine perfide Verdrehung. Mal wieder eine „Opfer-Täter-Umkehr“ vom Feinsten, die in der Kindheit entstanden ist und als Erwachsene so subtil greifen kann. Hineinerzogen in den Missbrauch. Leckomio!!! Das darf wieder erstmal wirken und sacken. Eine weitere Runde in dem Spiel „So war es wirklich“. Wieder Schleier, die gehoben werden. Wieder mehr Klarheit und Erwachen. Wieder mehr im Bewusstsein. Wieder mehr durchschaut und erkannt. Korrigiert und richtiggestellt. DANKE!!! So wertvoll und wichtig.