Mein Leben hat sich in den letzten 20 Jahren zu einer Konsequenz hin entwickelt, die ich manchmal verteufelt habe. Ich komme keinen Millimeter an meiner innersten Wahrheit vorbei. Ich kann nur tun, was tatsächlich rein ist, 100% in Übereinstimmung mit meinem Innersten und keine Absicht hat. Das war mit Anfang zwanzig natürlich eine andere Hausnummer als jetzt, aber da fing es an, dass das Funktionieren einfach nicht mehr funktionierte, dass es in mir rebellierte, wenn etwas nicht in Übereinstimmung mit meiner Integrität war.
Ich hab mir manchmal gewünscht, dass ich mich eeeetwas mehr fügen oder anpassen könnte, mal einen Schwupps an mir vorbei könnte, um schlicht dazu zu gehören. Es ging nicht. Wenn ich es doch probiert habe, hat mich mein Körper sofort rausgeholt. Er war IMMER spätestens die Notbremse.
Es war also meine Herausforderung und mein Weg, mich selbst darin zu halten, dass ich keine "um zus" mehr ausagieren konnte, andere bedienen oder für mich selbst zweckmäßig handeln konnte. Da kamen die inneren Anteile und verletzten Kinder zum Vorschein, die das tun mussten, was stimmte, dann aber eben mit Konsequenzen zu rechnen hatten, befürchteten nicht mehr dazu zu gehören, ausgestoßen zu werden, beschuldigt zu werden, oder eben unter der Brücke zu landen, weil ich in kein System mehr passte, das zum "Geldverdienen" gut war.
Für viele andere ist es die Challenge, die "um zus" sein zu lassen und die inneren Kinder zu halten, die es so sehr gewohnt sind, absichtsvoll zu handeln, lieb und nett zu sein, zu beeinflussen, zu betteln, weil sie nur so ansatzweise an etwas gekommen sind, was sie so sehr gebraucht hätten. Da ist es die Aufgabe, sich um die inneren Kinder zu kümmern, die liefern wollen, die fordern, die kein Nein dulden, die brauchen und ALLES dafür tun. Es ist die Herausforderung, das bei sich zu behalten, was ein "um zu" hat und die Anteile in der Not zu versorgen.
Das heißt nicht, dass es keine erwachsenen Wünsche und Bedürfnisse mehr gibt. Ganz im Gegenteil, es ist sogar essentiell zu erkennen, dass es erwachsene Wünsche und Bedürfnisse gibt, die berechtigt sind, die menschlich sind, die geäußert werden dürfen. Ob ich damit frei und absichtslos da bin, merke ich daran, ob es ok wäre, wenn der andere Nein sagt. Wenn ich das, was ich brauche genau jetzt von genau der einen Person will und es nicht denkbar ist, dass es nicht stattfindet oder wann anders, dann ist es sehr wahrscheinlich, dass ein inneres Kind am Start ist, um das ich mich kümmern darf.
Wenn ich mein Bedürfnis äußern kann, weiß, dass es mir grundsätzlich zusteht und ich es haben darf, dass es aber nicht unbedingt jetzt und genau von dieser einen Person zu erfüllen ist, dann bin ich erwachsen da. Frei. Absichtslos. Das ist für mich der große Unterschied zwischen Bedürftigkeit und Bedürfnis. Zwischen Betteln und Wunsch. Ist der andere eingeladen wirklich frei nach seiner Stimmigkeit und Integrität Ja oder Nein zu sagen?
In meinem Leben war es immer eher so, dass ich diejenige war, die bei den "Bedürfnissen" der anderen nicht frei Ja oder Nein sagen durfte, weil es eben emotional aufgeladene Bedürftigkeiten waren, bei denen ein Nein ordentlich Gefühle auslöst. Ich selbst durfte also nicht Nein sagen, hatte aber ohne Murren zu akzeptieren und zu verstehen, dass die anderen fast nur Nein zu mir sagten. Mir fällt es deswegen nicht schwer, nicht zu versuchen, etwas zu bekommen. Es hatte keinen Wert. Selbst nach berechtigten Bedürfnissen fragen, wurde schnell als Betteln bezeichnet.
Ich musste lernen, dass es berechtigte Bedürfnisse überhaupt gibt und dass mir das auch zusteht, wenn ich aus meiner Integrität Nein zu anderen sage, in dem prägenden Fall zu den Eltern. Ich hätte bekommen müssen, ohne geben zu müssen und mein Nein zu ihren Bedürftigkeiten hätte keine negativen Konsequenzen für mich haben dürfen.
Als Erwachsener ist jedes eigene "um zu" im Grund überflüssig. Jede Angst vor negativen Konsequenzen, wenn ich die "um zus" der anderen nicht erfüllen mag, auch. Das Einzige, was es zu tun gibt, ist in beiden Fällen, die inneren Kinder zu versorgen, die da jeweils auf den Plan treten. Die, die was bekommen wollen und die, die Konsequenzen vermeiden wollen.