Freitag, 31. Januar 2020

Was immer du dir verbietest, erlaub's dir

Wenn du dir verbietest, morgens lange im Bett zu liegen, erlaube es dir. Wenn du dir verbietest, viel rumzusitzen, erlaube es dir. Wenn du dir verbietest, zu rauchen, erlaube es dir. Wenn du dir verbietest unfreundlich zu sein, erlaube es dir. Wenn du dir verbietest, Kohlenhydrate zu essen, erlaube es dir. Wenn du dir verbietest, unpünktlich zu sein, erlaube es dir. Wenn du dir Zucker verbietest, erlaube ihn dir. Wenn du dir Schwäche verbietest, weinen verbietest, erlaube es dir. Wenn du dir verbietest, zu "oft" dein Handy in die Hand zu nehmen, erlaube es dir.

Hinter jedem Verbot, steckt eine Befürchtung. Wenn wir das tun, was wir uns verbieten, dann droht etwas Schreckliches.

Wenn wir morgens zu lange im Bett liegen, dann werden wir faul, wir verkommen und verlottern. Wenn wir zu viel sitzen, dann werden wir steif unser Körper wird schwach und gebrechlich und im Alter können wir dann gar nichts mehr. Wenn wir Kohlenhydrate essen, werden wir dick. Wenn wir unpünktlich sind, sind wir unzuverlässig und die anderen mögen uns dann nicht mehr. Sie bestrafen uns mit Verachtung und Liebesentzug. Oder Unzuverlässigkeit ist in unserer Vorstellung ein Anzeichen von mangelnder Disziplin. Wer keine Disziplin hat, bringt es im Leben zu nichts.

Egal, was die Befürchtung hinter unserem Verbot ist, die Spirale geht auf jeden Fall nach unten. In unserer Vorstellung hört der Zustand nie mehr wieder auf. Wenn wir es erst zulassen, dann wird es immer schlimmer. Viele erlauben sich keine Schwäche und Weinen. Sie glauben, wenn sie es erst zulassen, dann tut sich ein Höllenschlund auf und verschluckt sie unwiderruflich. Einmal angefangen, ist das Verderben unaufhaltsam.

Ganz ähnlich ist es mit allem, zu dem wir uns zwingen.
Wenn du dich zu etwas zwingst, lass es sofort sein.

Wenn du dich zwingst, Sport zu machen, lass ihn direkt sein. Wenn du dich dazu zwingst, zur Arbeit zu gehen, hör auf damit. Wenn du dich dazu zwingst, Gemüse zu essen, lass es sein. Wenn du dich zwingst - gerade als Freiberufler - um 6 Uhr aufzustehen, hör auf damit.

Hinter jedem Zwang, steckt ein "um zu". Du machst die Dinge nicht der Dinge wegen, sondern um damit etwas zu erreichen.

Wir machen Sport, um fit und schlank zu bleiben/werden. Wir zwingen uns die unmöglichsten Dinge zu tun, die wir mit absolutem Widerwillen tun, "nur" um an Geld zu kommen. Wir zwingen uns zu Gemüse, um gesund zu bleiben. Wir zwingen uns, viel zu früh aufzustehen, um etwas zu erreichen, um uns fleißig und vernünftig zu fühlen oder um kein schlechtes Gewissen zu haben, keine Schuld fühlen zu müssen.

Umso mehr wir uns etwas verbieten, umso kraftvoller ziehen wir es an. Umso mehr wir uns zu etwas zwingen, umso weiter stoßen wir es von uns weg. Es besteht ein Konflikt, ein Kampf. Es herrscht Krieg in uns.

Lass dich doch einfach mal in Ruhe. Lass dich doch einfach mal in Frieden. Werde friedlich. Vertrau deinen inneren Impulsen, deinem Körper, der unfassbaren Intelligenz, die uns Leben gibt. Vertrau der göttlichen Ordnung, die ganz von alleine geschieht, wenn wir aufhören, zu ziehen und zu zerren und uns zu verbiegen. Deine "perfekte" sprich ursprüngliche, natürliche Form existiert bereits. Du musst sie nur frei lassen. Dich frei lassen. Befriede dich. Begnadige dich.

Alles im Leben geschieht in Zyklen. Kein Zustand bleibt ewig. Das Weinen hört irgendwann auf. Wir legen das Handy irgendwann von alleine weg. Wenn wir genug Zucker hatten, haben wir keine Lust mehr darauf. Wenn wir genug gesessen haben, kommt von alleine der Impuls, uns zu bewegen. Wenn wir uns erlauben auszuschlafen, kann es sein, dass wir von alleine um 6 Uhr wach werden.

Schau doch einfach, wer du eigentlich bist, was du essen würdest, wenn es keine einzige Studie oder Diät gäbe, wie du dich bewegen wollen würdest, wenn es keine Fitnessprogramme und anderen Konzepte gäbe. Wie würdest du leben wollen, wenn es keine Diagnose, Prognose und Therapieanordnung vom Arzt gäbe? Wie sähe dein Tag aus, wenn es den Richter, den Antreiber, den Kritiker in dir nicht gäbe?
 
Foto: Canva
Text und Gestaltung: Anja Reiche