Mittwoch, 29. Juli 2020

Ich darf genau so sein

Just im Moment hat es nochmal klick gemacht. Eine Erkenntnis, die wahrlich nicht neu ist, ist mal wieder noch tiefer gerutscht, noch mehr angekommen.

Ich darf mich so sein lassen, wie ich bin. Simpel der Satz, oder? Voll der alte Hut, wirst du sagen. Irgendwie schon und gleichzeitig gibt es davon so viele Facetten und so viele Lebensbereiche, wo diese Weisheit immer wieder ganz unterschiedlich zum Tragen kommt.

Nachdem ich neulich beim Einkaufen so dermaßen innerlich gestorben bin ohne Maske (siehe Post vom 23.07.2020), hat es die Tage danach noch ziemlich in mir gearbeitet. Ich merkte, dass sich zwar ein riesiger Batzen Schmodder gelöst hatte, aber da war noch mehr. Ich war noch nicht frei. Dann kamen gestern diese krassen Aussagen in den "Qualitätsmedien", dass der "enorme Anstieg der Neuinfektionen" (ich denk mir meinen Teil 🤢) nur daran liegt, weil sich die Menschen nicht an die Regeln halten. Zack! Wieder getroffen. Ich fühle mich wieder in die Enge getrieben, wie wenn wieder gegen mich gehetzt wird.

Gestern Abend glaubte ich dann, es zu brauchen, dass ich Gleichgesinnte treffe, dass ich eben nicht immer die Einzige bin, die anders ist. Ich fühlte mich alleine. Klar gibt es unzählige Menschen, die meine Meinung teilen oder deren Körper es auch nicht zulässt, eine Maske zu tragen, aber wo sind die, wenn ich einkaufen bin? Ich bin bisher immer die einzige gewesen, zumindest was die Kunden angeht. Auch der Halt und die Unterstützung aus der geistigen Welt vermochten gestern nicht so richtig zu helfen. Mit der Karte "Selbstliebe", die ich aus einem Kartendeck gezogen habe, konnte ich auch nicht wirklich etwas anfangen.

Heute war wieder einkaufen dran. Ich wählte bewusst ein freudvolles Erlebnis, ein freies Gefühl dabei. Mir ging es weit besser als beim letzten Mal, aber ganz gechillt war ich doch nicht. Und was soll ich sagen? Ich war zwar wieder die einzige, aber die Menschen waren so extrem freundlich zu mir. Sogar total zuvorkommend. Der Kassierer sprach mich dann darauf an, ganz charmant, ich sagte ihm, dass ich befreit bin. Er entschuldigte sich sofort und meinte, dass er schon einige kennt, die auch befreit sind, die würde er gar nicht mehr fragen. Als ich ihm dann erzählte, dass das immer wieder eine Herausforderung für mich ist und dass ich schon gar keine Lust mehr habe, einzukaufen, hatte er vollstes Verständnis. Er witzelte sogar noch, ich sollte mir doch ein T-Shirt drucken lassen mit "Ich bin befreit!" und einem fetten Stinkefinger drauf. Ich musste echt lachen.

Mir hat es enorm gut getan und es hat geholfen, in meinem Anderssein (ohne Maske) akzeptiert zu werden. Einfach so sein dürfen, wie ich bin. Da hat sich was in mir aufgerichtet und natürlich darf ich mir das vor allem selbst erlauben. Überraschung. ;) Deswegen die Karte Selbstliebe. Dass mich heute "die anderen" akzeptiert haben, hat mir gezeigt, dass ich selbst noch gegen mich gekämpft habe. Ich hab mich irgendwie dafür verurteilt, mal wieder der Querulant zu sein.

Es geht eigentlich nicht darum, dass die anderen endlich auch wieder ohne Masken sind, also "so wie ich". Es geht nicht unbedingt um Gleichgesinnte oder darum, dass andere mich akzeptieren. Natürlich tut das extrem gut, aber es ging vor allem darum, dass ich mich mal wieder selbst als Erste akzeptiere. Mal wieder annehmen, dass ich hochsensibel bin, dass mein Körper nicht mitspielt, dass ich mal wieder nicht einfach etwas über mich ergehen lassen kann, dass ich mal wieder aus der Rolle falle, dass ich mal wieder Aufsehen errege, dass ich mal wieder unbequem bin. Ich darf so sein.

Ich bin die Einzige, die mich so annehmen darf, wie ich bin. Nun hab ich es schon oft genug erlebt, wie sich das auch direkt aufs Umfeld auswirkt. Umso selbstverständlicher ich mich sein lasse, umso selbstverständlicher lassen mich die anderen sein. Es fängt in mir an.

Was für eine Erfahrung heute. DANKE an den wundervollen Lidl-Verkäufer. Danke für diese Erinnerung. Ich glaube darum geht es im Moment bei vielen. Sich selbst sein lassen.

Foto: Canva
Text und Gestaltung: Anja Reiche