Freitag, 30. Dezember 2022

Wahrlich, ich stehe hier

Für das, was ich hier tue, muss ich mich nicht ducken und schon gar nicht verstecken. Ich stehe hier in voller Größe und weiß um meinen Wert. Dieses Leben so pur zu leben, alle scheinbaren Sicherheiten zu verlassen, meinen größten Schatten zu begegnen, mutig immer wieder ins Nichtwissen zu gehen und vor allem Generationen von Traumata zu heilen, ist das Beste, Wichtigste, Wertvollste und Größte, was ich gerade hier tun kann und soll. DAS ist mein Job. DAS ist meine heilige Pflicht. DAS ist mein Gottesdienst.

Mein Erfolg ist nicht zu messen an Geld. Es mag nach außen so aussehen, wie wenn ich gar nichts vom Leben verstanden hätte, der größte Looser bin, ein Totalausfall und gleichzeitig habe ich so viel mehr verstanden, als die meisten von denen, die die Konten vollgepackt mit Geld haben und in scheinbaren materiellen Sicherheiten schwelgen.

Ich weiß, was es heißt, sich den größten Ängsten und Dämonen zu stellen. In den eigenen Abgrund zu blicken. Wieder und wieder. Ich weiß, was es heißt, tatsächlich mir selbst zu begegnen, in aller Tiefe. Ich weiß, was es heißt, ALLES loszulassen, mich komplett hinzugeben, nichts mehr unter Kontrolle zu haben, keine Garantien im herkömmlichen Sinne.

Was ich, was wir, hier tun ist so groß und wichtig. Wir dürfen da stehen voller Lebendigkeit und Selbst-Bewusstsein. Wir dürfen da stehen mit stolzgeschwellter Brust und hoch erhobenem Haupt. Wahrhaftig. Leuchtend. Brennend. Lodernd. Neugierig. Wertvoll. Lebendig. Pur. Roh. Voll. Aufrichtig. Aufgerichtet.

Mir nimmt so schnell keiner mehr die Butter vom Brot. Komm nur her und erzähl mir, wie sehr du das Leben verstanden hast, wenn du noch nicht eine Minute in deiner dunklen Nacht der Seele verbracht hast, wenn du noch nie still mit dir warst und nach innen gelauscht hast, wenn du mir nicht sagen kannst, wer du bist über deinen Körper hinaus. Komm her und sag mir noch einmal, dass ich nicht das Richtige tue, dass es so nun mal nicht geht. Ach wirklich?

Zeig mir, wie glücklich dich dein Weltbild wirklich macht, wie erfüllt und lebendig du bist, bevor du versuchst mich davon zu überzeugen. Zeig mir, wer du bist ohne all dieses Materielle, ohne Status, ohne Zertifikat, ohne Geld. Zeig’s mir! Was bleibt von „dir“ übrig, wenn im Außen ALLES wegbricht.
Ich weiß, was von mir übrig bleibt. Ich weiß verdammt nochmal ganz genau, wer ich bin und was ich da tue, was ich kann, was ich bewirke, warum ich hier angetreten bin. Ich knicke nicht mehr ein. Nicht vor dir. Nicht vor Geld. Nicht vor irgendeiner Drohung.

Wenn ich in die Knie gehe, und das tue ich oft, dann verbeuge ich mich in tiefster Demut vorm Leben selbst, vor dieser unfassbar großartigen Schöpfung, die an Genialität nicht zu überbieten ist. Aber ich werde mich ganz sicher nicht vor deinem Kontostand verneigen, vor deinem „sicheren“ Job, vor deinem Beamtentum, vor deiner großartigen Fähigkeit, die Regeln anderer zu befolgen und blindlings hinterherzulaufen, ohne je selbst eine Antwort auf das Leben an sich gefunden zu haben.

Geh mir aus der Sonne! Stell dich mir nicht in den Weg und versuch nicht, mich zu belehren, während ich mit der Natur, nach meiner Natur lebe, die Stimme des Kosmos höre, von der du nicht ansatzweise eine Ahnung hast.

Weißt du, das soll nicht heißen, dass ich etwas Besseres bin als du, aber ich bin eben auch nicht minderwertiger oder dümmer. Du kannst mich so herablassend und abschätzig anschauen wie du willst, ich werde mich nicht mehr klein machen. Ich werde mich nicht mehr verstecken mit meiner Art zu leben, werde nicht mehr kuschen und mein Licht unter den Scheffel stellen, weil es dich vielleicht blenden, verunsichern und unangenehme Gefühle in dir auslösen könnte.

Ich bin da. Provokant lebendig. Dreist stelle ich dir die unbequemsten Fragen. Stelle DICH in Frage. Immer wieder. Und zwar grundsätzlich. Genauso wie ich es mit mir immer wieder mache.

Was passiert, wenn ich an deinen Grundfesten rüttel? Na, immer noch so souverän? Oder wird dir schon mulmig, heiß und kalt? Würdest du mir gerne den Mund verbieten? Den Raum verlassen? Oder mich gar vernichten? Ich kann’s sogar verstehen. Tatsächlich. Ich kann deine Angst verstehen. Die Bedrohung, die ich für dich bin. Weil ich all das kenne. Glaube mir. Und wie ich das kenne. Ich war selber so. Ich komm da her. Dein Jetzt ist meine Vergangenheit. Wir sind uns gar nicht so unähnlich.

Meine Worte richtigen sich nicht gegen dich. Sie sind FÜR mich. Ich spreche FÜR mich. Ich musste es mir selbst mal sagen, dass ich wahrlich großartig bin. Danke, dass du der Gegenwind für mich warst, bis ich meine Flügel ausbreiten und mit ihm abheben konnte. Danke, dass du mich genauso gepiekt hast, wie ich dich. Danke für deinen so wertvollen Dienst, mich in meine Größe zu katapultieren. Danke, dass du dich als Projektionsfläche für mein eigenes Erkennen zur Verfügung gestellt hast. Ich verneige mich vor dir. Ich liebe dich. Ich achte und ehre dich. Bruder. Schwester. Ich liebe das Feuer in mir, an das du mich auf diese Weise so wunderbar erinnert hast. DANKE!