Sonntag, 18. August 2019

Schuld und Scham sind hausgemacht

Schuld und Scham sind keine natürlichen menschlichen Gefühle. Ist euch das eigentlich bewusst? Schuld und Scham können wir nur empfinden, wenn wir etwas tun oder sind und dann jemand von außen kommt und uns sagt, dass das falsch ist, dass sich das nicht gehört, dass "man" das nicht macht. Wir fangen an, das zu glauben und uns nach diesen Richtlinien verhalten zu wollen. Wenn wir es dann nicht schaffen, uns nach diesen fremdauferlegten Normen zu verhalten, kommen diese Gefühle in uns auf.

Würden wir frei von Bewertungen und Beurteilungen aufwachsen, würden wir Schuld und Scham gar nicht empfinden können. Wir würden diese Gefühle schlicht nicht kennen. Für uns wäre die Welt in Ordnung. Egal, was wir tun oder sind.

Später brauchen wir keine äußere Bewertung mehr. Wir fühlen uns schuldig und schämen uns schon alleine deswegen, weil in unserem Kopf imaginäre Bewertungen stattfinden. Wir sind es so sehr gewohnt, dass wir beurteilt und verurteilt werden, dass die Stimmen in unserem Kopf das schon ganz automatisch von alleine machen. Wir stellen uns vor, was andere über uns sagen oder denken könnten.

Schuld und Scham sind hausgemacht. Schuld und Scham sind kreiert. Diese Gefühle finden nur in Bezug auf die mögliche Reaktion von anderen statt. Ist das krass oder ist das krass?

Die tatsächliche Bewertung in Kindertagen macht die Stimmen in unserem Kopf. Dann reicht im Erwachsenenalter die bloße Vorstellung und die Gefühle sind da. Die Gefühle, die wir eigentlich von Natur aus gar nicht kennen. Selbstverständlich erleben wir auch als Erwachsene tatsächliche Bewertung. Keine Frage. Aber das meiste ist Kopfkino und findet so gar nicht statt.

Keine Ahnung warum. Das wollte ich einfach mal erzählt haben. Vielleicht weil Schuld und Scham wirklich auslaufen dürfen. Sie sind überflüssig und so notwendig wie ein Fisch ein Fahrrad braucht. Schuld und Scham tragen nicht gerade zur freien Entfaltung unseres wahren Wesens bei. Schuld und Scham behindern nur. Schuld und Scham halten uns klein. Schuld und Scham halten uns in der Norm, halten uns in Zaum. Da gehören wir aber nicht hin. ;)

Ich will auch gar nicht auf die schimpfen, die bewerten. Wir tun es ja selbst am kritischsten. Ich will einfach dazu anregen, genau jetzt damit aufzuhören, sich zu schämen, sich schuldig zu fühlen.

Werden wir wieder un-schuldig und un-verschämt. Das ist unsere wahre Natur. Legen wir diese künstlichen Emotionen ab. Nehmen wir ihnen den Antrieb - unsere Aufmerksamtkeit.



Foto: Canva
Text und Gestaltung: Anja Reiche