Montag, 20. Juni 2016

Angst vor der gewünschten Veränderung

Noch vor wenigen Tagen habe ich geschrieben und gefühlt, dass es Zeit für Veränderung ist. Time to change - Auf zu neuen Ufern! hieß der Artikel. Es rollt tatsächlich eine Welle der Veränderung auf uns zu und ganz viel Altes will gehen und eigentlich freue ich mich darauf. Dass ich aber trotzdem, tief in mir, eine enorme Angst vor dieser Veränderung habe, war mir nicht bewusst, nicht in diesem Ausmaß!

Ich wähnte mich in meiner körperlichen Heilung weiter. Ich fühlte mich gesund und nun hatte ich wieder Bauchkrämpfe, ziemlich übel, so wie ich sie ab 2012 regelmäßig hatte, bis ich das passende homöopathische Konstitutionsmittel gefunden hatte, bis ich verstanden hatte, was mir mein Körper damit sagen will. Dann wurde es besser und immer besser. Die Abstände wurden größer, die Schmerzen weniger. Aber es kamen neue "Krankheiten". Das Knie, der Ausschlag, die Zähne, die Blase. Irgendwas scheint immer zu sein. Und nun hatte ich wieder diese Krämpfe, mit denen ich überhaupt nicht mehr gerechnet habe. Es erschüttert mich gerade bis in die Grundfesten meines Seins: Wie verdammt nochmal erschaffe ich mir all diese Schmerzen, Krankheiten und Symptome? Wozu dienen sie mir noch? Was läuft da eigentlich?

Heute Nacht im Halbschlaf kamen dann die ersten Antworten. Mir wurde bewusst, dass ich Angst habe, Erkenntnisse zu verpassen, wenn ich plötzlich gesund bin, dass ich Wachstumschancen verpassen könnte. Mein Körper hat mir so viel über mich und das Leben beigebracht, hat mir gezeigt, wo ich Gefühle unterdrücke, wo ich nicht ich selbst bin. Bleibe ich in meiner Entwicklung stehen, wenn es nichts mehr zu heilen gibt? Das ist das eine.

Das andere ist, dass ich mich frage, wer ich wirklich sein will. Will ich jemand sein, der auch mal viele Termine aushält? Prinzipiell schon, aber die richtigen. Ich möchte keine Begegnung mehr haben, bei der ich das Gefühl habe, dass ich es über mich ergehen lassen muss und froh bin, wenn es "geschafft" ist. Ich hatte neulich einen Traum, in dem es darum ging, dass ich mich von Menschen trennen soll, die mir nicht gut tun und nicht meine Sprache sprechen. Auch das fällt da gerade mit rein. Denn das haben mir die Schmerzen gezeigt: Ich habe mal wieder nicht richtig auf meinen Bauch gehört, habe viele Termine gehabt, habe wieder angefangen zu funktionieren, über meine Bedürfnisse hinwegzugehen. Ich kann ja wieder, ich bin ja wieder gesund. Dann mache ich das eben schnell, auch wenn ich eigentlich keine Lust habe. So fing es die letzten Wochen wieder an. Allerdings hätte es vielleicht auch eine andere Möglichkeit gegeben, dass ich das bemerkt hätte, dass ich bemerkt hätte, dass ich wieder von meinem Weg und meinen Bedürfnissen abkomme, dass ich mich wieder anpasse, funktioniere. Vielleicht hat es diese Möglichkeit gegeben, es zu merken, aber ich habe nicht richtig hingeschaut? Waren die Bauchschmerzen wieder eine Notbremse?

Alles in allem möchte ich verstehen und erkennen, was da läuft, es mir bewusst machen, loslassen und eine neue Wahl treffen. Ich möchte wissen wie ich mich selbst sabotiere. Die größte Angst ist aber wirklich, dass ich Wachstum und Erkenntnisse verpassen könnte.

Und dann kommt noch hinzu, dass mein Partner zeitweise das Gefühl hat, dass er sich nicht auf mich verlassen kann. Es gab schon einige Termine, die ich wegen gesundsheitsbedingten Vorfällen nicht mit ihm wahrnehmen konnte. Das hat ihn manchmal bis ins Mark getroffen. Er fühlte sich total verlassen. Dieses verlassen fühlen ist klar sein Thema, allerdings frage ich mich, ob ich in dieser Hinsicht zuverlässig sein will und auch Termine weit im Voraus annehmen und dann auch einhalten will, auch wenn mir gerade nicht danach ist. Wer will ich sein? Ist es ein für mich sorgen, wenn ich in der Hinsicht keine festen Zusagen mache, oder ist es eine Flucht vor Verpflichtungen, eine Angst vor Verpflichtungen? Und was kann mein Partner mitgehen und was nicht? Führt ein "so sein" womöglich zu einer Trennung? Wer bin ich? Wer will ich sein? Diese Fragen stellen sich mir gerade an allen Ecken und Enden! So geht es mir. Geschüttelt und gerührt und in den Grundfesten erschüttert.

Ich glaube, dass das alles Auswirkungen von den anstehenden Veränderungen sind. Es scheint nochmal wirklich alles auf dem Prüfstand zu stehen. Kein Stein steht mehr auf dem anderen. Da wartet ein neues Leben. Es ist jetzt möglich. Aber wie will ich dieses Leben? Was darf anders sein? Und was macht das mit mir?

All die Krankheiten waren lange eine Legitimation für mein "so sein". Sie haben mir einen legitimen Grund gegeben, wieso ich nicht wieder einen normalen Job angenommen habe. Sie haben mir einen legitimen und gesellschaftstauglichen Grund gegeben, wieso ich manche Veranstaltungen/Familienfeiern nicht wahrgenommen habe. Sie haben es mir erlaubt, mich rauszuziehen aus Situationen, die ich eigentlich nicht wollte. Sie haben mir lange gedient. Und jetzt heißt es, selbst Verantwortung zu übernehmen, zu mir zu stehen und auch ohne gesellschaftliche Legitimation NEIN zu sagen. Kann ich das? Bin ich schon so weit? Habe ich den Mumm NEIN zu sagen und Gefahr zu laufen, dass ich dann vielleicht nicht gemocht oder verstanden werde, dass ich als komisch gelte, als sonderbar, als unlogisch, weil es für die anderen keinen offensichtlichen Grund für mein NEIN gibt?

Oh Gott!!! Und gerade bemerke ich, dass es bei meiner Mama genau so läuft. Für alles, was sie nicht tun möchte, entwickelt sie Krankheiten, weil es dann akzeptiert wird, dass sie es nicht tut. Himmel!!! Sie lebt dieses Leben, in dem Krankheiten ihr "so sein", ermöglichen. Was für ein "Zufall" und ich muss sagen, ich kann es verstehen. Es ist einfacher, einen offensichtlichen Grund für ein NEIN zu haben, als einfach "nur" auf sein Gefühl zu hören, zu merken, dass es sich nicht richtig anfühlt, ohne es vielleicht begründen zu können und es dann auch nicht zu tun. Mit einer Krankheit als Grund setzt man sich viel weniger in die Nesseln. Aber so will ich das nicht! Ich will lieber gleich zu mir stehen, auch wenn ich dann als komisch gelte. Ich möchte gesund sein UND ich sein dürfen.

Und noch weitere Fragen und Ängste drängen sich gerade auf, jetzt wo die Veränderung möglich und greifbar ist: Wie sieht ein Leben aus, in dem ich gesund bin? Verliere ich mich dann wieder? Fange ich wieder an zu funktionieren und übergehe meine Bedürfnisse? Wie sieht Wachstum dann aus, wenn es nicht aus Heilung entsteht? Wie entwickle ich mich weiter, wenn ich gesund bin, wenn es keine Symptome mehr anzuschauen gibt? Ich hätte nicht gedacht, dass ich vor Heilung und gesund sein so viel Angst habe. Dass ich so viele Fragen habe. Ich kann mir dieses Leben nicht vorstellen und doch will ich es. Ich wusste immer, dass der Moment kommen wird, in dem alles geheilt ist und es "nur" noch darum geht, meine Potentiale zu leben, über mich hinauszuwachsen und "einfach" ich zu sein. Aber wie sieht das aus? Wie sieht so ein Leben aus? Was mache ich? Wer bin ich da? Ich kann es mir nicht vorstellen. Wie krass ist das denn bitte? Das alles hat so viel Zeit in Anspruch genommen. Was tue ich mit dieser Zeit?

WER BIN ICH UND WER WILL ICH SEIN???

Die Antworten werden kommen. Das weiß ich und ich bin jetzt schon gespannt, wie sie wohl ausfallen mögen, was mir meine Seele dazu zu sagen hat. Ich entscheide mich für die Veränderung,  für Gesundheit, für mich, auch wenn ich nicht weiß, wie das alles aussehen wird. Tief in mir weiß ich, dass es gut für mich ist. Tief in mir weiß ich, dass meine Seele den Weg kennt. Ich werde sie wohl vorausgehen lassen und ihr vertrauensvoll ins Ungewisse folgen.

Bitte verzeiht diesen etwas wirren Artikel. Ich musste es aufschreiben, um es mir selbst klar zu machen. Und irgendwie glaube ich auch, dass er euch trotz der Verwirrung hilft. Denn ich könnte mir vorstellen, dass viele vor einer Veränderung, die sie eigentlich wollen, Angst haben.

Herzensgrüße von mir
Anja

PS: Ich war im März schon einmal in so einer Phase, in der mich das Neue ziemlich überfordert hat. Damals ist dieser heilsame Artikel entstanden: Zeit für neue Wege! Wirklich? Darin findet ihr ein wunderbares, hilfreiches Gleichnis von Susanne Hühn zu dieser Zeit des Wandels!

Wie mag es nach der gewünschten Veränderung aussehen?
Foto: Anja Reiche