Sonntag, 13. Oktober 2024

Das Fehlen ohne Namen

Manchmal weine ich. Weil ich einen Mann habe. Endlich meinen Mann habe.

Vorhin hab ich wieder geweint, aus Dankbarkeit, Berührung und vor allem in der Realisierung, dass der Platz neben mir, an meiner Seite so unfassbar lange leer war.

Ich habe vermisst. Da war ein Fehlen. So lange und ich wusste nicht, was es war.

Er war nicht da. In so vielen Leben nicht. Da sind Erinnerungen. Manchmal, sehr selten, gab es da schon einen Mann, aber es war immer völlig unbefriedigend. Es war nie mein Mann, der für mich gemachte.

Bis vor dieser Begegnung mit Christian in diesem Leben, hätte ich nicht einmal zu sagen vermocht, dass es das überhaupt gibt. Mir war so klar, dass es immer irgendwie "nur" Weggefährten sind, Lebensgefährten, Partner. So wie ich es halt in zig Leben und in diesem Leben hatte.

Vorhin wurde mir noch einmal so deutlich bewusst, was das für ein himmelweiter Unterschied ist, diese Verbindung mit Christian. Dieses tatsächlich füreinander gemacht und bestimmt sein. Verheiratet, weil Gott das wollte. Diese Form der sichersten Bindung, weil vorbestimmt und festgelegt, ganz ohne Fragezeichen und Ablaufdatum.

Dieser Platz an meiner Seite kann nicht - und konnte nie - von einem anderen eingenommen werden. Alles, was ich von den Männern davor irgendwie erwartet habe, weil etwas in mir wusste, dass der Mann an meiner Seite, das verkörpern "muss", konnten sie logischerweise nicht. Ich hab etwas eingefordert, wofür sie nun mal nicht gemacht waren.

Dieser Platz an meiner Seite war leer, auch wenn ich in Beziehung war, und das war ich fast immer. Es ist so krass, das im Nachgang so zu erkennen. Schockierend auf eine Art. Dieses Gefühl von Zugehörigkeit, von Zusammengehören, das ich jetzt empfinde, kenne ich sonst nicht. Und das ist auch keine Bedürftigkeit, die da spricht oder wirkt. Das ist sowas von erwachsen und nicht von dieser Welt, überirdisch sozusagen.

Da saß ich also vorhin und habe geweint, die Tränen des bisher unerkannten Vermissens, des Fehlens ohne Namen. Tränen der Dankbarkeit, dass er endlich da ist, dass dieses Alleinesein trotz Beziehungen aufgehört hat, dass der Platz neben mir endlich gefüllt ist mit dem, der da immer hin sollte. Der halt nicht früher da sein konnte und durfte.

Es stimmt ja alles übergeordnet. Das hätte keine Sekunde früher sein können und dennoch ist es irdisch menschlich einfach oft so karg und elendig gewesen. Tausend Leben ohne ihn. Er war noch nicht mal auf der Erde in all dieser Zeit. Jetzt erst ist er hierher gekommen.

Zu mir. Will da sein. Mit mir sein. Mit mir tatsächlich Leben gestalten, wie ich es schon so lange als richtig empfinde. Das tun und sein und verkörpern, wozu wir hergekommen sind, wozu wir verabredet sind.

Wenn ich das alles schreibe, bemerke ich wie wenig die Worte ausdrücken können, was ich fühle, was das IST. Oberflächlich gelesen klingt das so profan, schmalzig, verklärt, nach rosaroter Brille und Großer-Liebe-Blabla, wie wenn das kleine Mädchen endlich den Prinzen zu haben scheint, der sich ein halbes Jahr später als der größte Griff ins Klo erweist, weil eben das Mädchen etwas sehen wollte, was nicht da war.

So ist das hier aber nicht. So überhaupt gar nicht. Ich bräuchte Worte, die nicht von dieser Welt sind und entweder, diese Verbindung, das zwischen den Zeilen, wird erkannt und wahrlich gesehen oder halt eben nicht.

Wer Augen hat zu sehen, der sehe. Wer Ohren hat zu hören, der höre. Die Zeit kehrt wieder.