Den anderen verstehen wollen und nicht können. Nachfragen und Antworten bekommen, die nicht klären, sondern noch mehr Fragen aufwerfen. Das Gefühl von Trennung und Ohnmacht. Mit keiner Frage bewirken können, dass ich begreife, um was es dem anderen eigentlich geht. Ungeduld und Unmut auslösen, vermittelt bekommen, dass ich das Problem bin, anstrengend, aufsässig, begriffsstutzig, unnütz, Zeit stehlend.
Ich ahne heute, dass ich chancenlos war im Verstehen des anderen. Da war keine Klarheit, keine Ahnung davon, was eigentlich ausgedrückt werden wollte, was der Kern, der Punkt war. Deswegen hat auch keine meiner Fragen zu etwas geführt. Da war Verwirrung und Unklarheit beim anderen und die war noch nicht mal bewusst.
Heute weiß ich, dass ich in meiner Unklarheit klarer bin, als mein Umfeld damals in ihren besten Zuständen. Ich weiß wenigstens, DASS ich nicht klar bin und dass der andere nichts dafür kann.
Da ist die Wut der Kleinen, die einfach nur Klarheit will. Die die Schnauze voll hat von Schwammigkeit und nebulösen, kryptischen Aussagen, von der tausendsten Verdrehung der Verdrehung, von falschen Schlüssen und dem "sich nicht ausdrücken können" des Gegenüber. Sie will Erwachsene, wo Erwachsene sein sollten. Echte Erwachsene. Reife. Sich selbst kennende und verstehende Erwachsene. Die sich sich selbst erklären können und damit mir.
Nicht verstehen ist bei ihr noch gekoppelt mit einsam sein, niemanden sonst haben, einem unsicheren Feld, mit "sich selbst nicht in Beziehung setzen können, weil da niemand ist", also letztlich mit Haltlosigkeit, Orientierungslosigkeit und einem sich selbst nicht definieren können. Nicht beantwortet werden. Geistiges verhungern. Unbefriedigt sein. Ungestillter Wissensdurst und Lebenshunger. Kein Futter bekommen. Nichts greifen können, ins Leere greifen, kein Gegenüber haben, von Phantomen und Schattenselbsten umgeben das einzig lebende Wesen, das nirgends andocken kann, nirgends landen kann, keinen echten Kontakt bekommt.
Die grausamste Form der Einsamkeit als Kind ist die, wenn eigentlich, theoretisch jemand da wäre, aber dann doch nicht ist, weil er sich selbst nicht hat und dem Kind dann noch vermittelt wird, dass es an ihm liegt, dass kein Kontakt stattfinden kann.
Ich kann es nicht machen, dass der andere da ist. Ich kann es nicht machen, dass der andere sich klar ist. Ich kann es nicht machen, dass der andere sich versteht. Ich kann nur meiner Kleinen sagen, das mit ihr alles in Ordnung ist. Schon immer war.