Dienstag, 26. Februar 2019

Selbstliebe - lass es sein!

Selbstliebe, was für ein großes Wort. Schon alleine dieses Wort führt so oft dazu, dass wir uns verurteilen, weil wir es eben nicht können - uns selbst lieben.

Dieses Thema scheint gerade extrem im Feld. Es begegnet mir quasi an jeder Ecke. Und ich mag was dazu sagen. ;) Wie viele Ratgeber es alleine zur Selbstliebe gibt. Und dabei reicht vielleicht ein einziger, neuer Blickwinkel. 

Oft denken wir, dass wir uns auf keinen Fall so zeigen können, wie wir wirklich sind. Wenn der andere nämlich sehen würde, wie wir tatsächlich sind, mit all unseren Ecken und Kanten, Fehlern und Mängeln, absurden Ideen, Wünschen, Träumen, Ängsten, Sorgen, mit unserer Kleinheit, dann, ja dann würde er direkt merken, dass wir gar nicht liebenswert sind. Dann würde er einsehen, dass er sich getäuscht hat und sich von uns abwenden. Das ist die einzige logische Konsequenz für uns. Etwas anderes können wir uns nicht vorstellen. 

Wir haben genau das so oft erlebt als Kind. Ständig haben wir erfahren, dass etwas an uns nicht richtig ist. Die Gefühle, die gerade da waren. Das, was wir gemacht haben.  

"Du brauchst doch keine Angst haben."
"Hör jetzt auf zu bocken!"
"Na den Vogel hast du aber nicht schön gemalt. Da fehlt ja ein Flügel."
"Du bist aber nicht schön, wenn du wütend bist."
"Jetzt hast du Mama traurig gemacht."
"Guck mal, der Teddybär weint, wenn du nicht aufisst." 

Ich könnte jetzt ewig weitermachen. Kennt ihr solche Sätze? Sie scheinen so lapidar und sind gleichzeitig so vernichtend. 

Wir haben gelernt, dass wir nur in bestimmten Situationen richtig sind. Dass nur bestimmte Gefühle richtig sind. Dass wir etwas falsch machen, wenn wir eben gerade nicht so sind. Diese Erfahrungen sind es, die das größte Hindernis darstellen, wenn es ums authentisch sein geht, ums echt sein. Wir durften nie echt sein, weil wir von unseren engsten, liebsten Menschen dafür verurteilt wurden. 

Wir haben gelernt, zu verstecken, zu verbergen, zu verdrehen, zu verdrängen, zu verurteilen. Und jetzt? Jetzt stehen wir da, unfähig uns im Spiegel in die Augen zu schauen. Unfähig, uns unserem Partner wirklich zu öffnen. Unfähig, uns selbst gut zu finden. Unfähig, uns zu lieben. Diese verdammte Selbstliebe und dass wir sie nicht beherrschen, macht uns fertig. Das nächste Urteil: Selbst dazu sind wir anscheinend zu blöd.  

Für meine Begriffe geht es ums "sein lassen". Sich sein lassen. Wir müssen uns nicht super großartig und toll finden. Wir dürfen uns einfach sein lassen. Mit der Angst, verlassen zu werden. Mit der Angst, nicht zu genügen. Mit all den Verurteilungen. JETZT! Genau jetzt darf alles sein. Genau JETZT sind wir gut genug. Egal, was sich in diesem JETZT zeigt. 

Die Vorstellung, dass wir uns erst dann lieben können, wenn das alles wegoptimiert ist, ist eine Illusion. Das macht Druck und Stress und führt uns noch weiter weg von uns.

Selbstliebe ist es, sich nicht lieben zu dürfen. Selbstliebe ist es, sich scheiße finden zu dürfen. Selbstliebe ist es, verzweifelt sein zu dürfen. Selbstliebe ist es, den Widerstand gegen sich selbst zu erlauben. Selbstliebe ist es, sich sein zu lassen. Immer, mit allem. Selbstliebe ist es, dich dir selbst zu erlauben, ganz. Dein "so sein" zu erlauben.

Foto: Canva