Freitag, 8. Februar 2019

Hör auf, dir Dinge abzugewöhnen!


Da schreibt mir doch gerade auf Facebook jemand, ich solle mir abgewöhnen zu fluchen und zu verdammen. Meine erste Reaktion: Ich verteile dieses "Like", das sich schlapp lacht und schreibe ihm, ohne groß drüber nachzudenken, dass ich mir ganz sicher nichts abgewöhne, was mir Freude macht und schon gar nicht, wenn sich das jemand anders wünscht. Zack! Fertig!

Tatsächlich wurde mir das neulich schon mal gesagt, dass meine kräftige Sprache, die manchmal schon in den Fäkalbereich geht, schlechte Energie aussendet, die mir irgendwann auf die Füße fällt (oder so ähnlich). Oder ein Ausdruck von Aggression ist und da wäre noch was unterdrückt.

Ich könnte mich tatsächlich gerade beömmeln. Ich amüsier mich so. ICH LIEBE MEINE AUSDRUCKSWEISE!!!! Und es ist wie ich es oben schon geschrieben habe. Ich werde sicher nichts lassen, was mir solche Freude macht. Ich liebe es, mich klar und deutlich auszudrücken. Ich liebe es, Dingen mit kräftiger Sprache Nachdruck zu verleihen. So vielen wurde als Kind verboten, zu schimpfen, zu fluchen, Kraftausdrücke zu verwenden. Warum? Nur lieb ist nicht normal. Da sind wir wieder bei den zwei Seiten, die beide da sein dürfen. Und wenn ich mir verbiete, meiner Energie und Kraft, meiner Wut oder was auch immer Ausdruck zu verleihen, dann richte ich das vor allem gegen mich selbst, wenn ich es schlucke und versuche "gewaltfrei" zu kommunizieren. Dann richte ich die Gewalt gegen mich selbst, weil ich die Aggression in mich hineinfresse. Dann fange ich an, zu unterdrücken.

Wenn ich in meinem Leben eins gelernt habe, dann meine Wut zu artikulieren, sie in Fluss zu bringen. Bei mir ist da alles, nur nix unterdrückt oder gestaut. Auch hier lebe ich beide Seiten voll bewusst. Ich spiele mit der Sprache. Ich kann in größter Liebe sprechen, in aller Sanftheit, mit vollem Mitgefühl. Und ich kann mich grob ausdrücken, kann wie ein Tsunami durchfegen und irgendwie bin ich selbst dann in der Liebe, nämlich der Liebe zu mir. Ich bin ehrlich zu mir, authentisch. Ich versuche nicht irgendjemandem was vorzumachen, niemanden zu schonen, keinem einen Gefallen zu tun. Das kommt 1:1 raus.

Das Ding ist, wenn wir uns etwas abgewöhnen wollen, dann sind es meistens Sachen, die wir eh tun, uns aber dafür verurteilen. Wir sind unser schärfster Richter. Die Veränderung, die wir wollen, ist erzwungen. Sie fühlt sich schwer an. Wir gehen gegen unsere Natur, die in dem Moment da ist.

Alles, was es an Veränderung in meinem Leben gegeben hat, sei es, dass ich aufgehört habe Alkohol zu trinken, dass ich auf intermittierendes Fasten umgestellt habe, dass ich ungesüßten Tee trinke, stilles Wasser, Vollwertkost esse oder vorwiegend fleischlos unterwegs bin, ist passiert, weil es mir ein Bedürfnis war und nicht weil ich dachte ich müsste. Die Veränderung ist quasi von alleine passiert, weil das, was ich umstellt habe, besser ausdrückt, wer ich wirklich bin. Ganz einfach. Da ist kein "ich sollte, müsste, das wäre aber besser", das vom Verstand kommt oder sogar mir jemand von außen diktiert. Nein. Das ist ein ganz natürlicher, sanfter, freiwilliger Übergang aus meinem Innersten heraus.

Alles andere, dieses abgewöhnen "müssen", ist Zwang, ist schwer, geht schwer. Wir zwingen uns, gegen uns selbst zu handeln und das hat mit Liebe mal so gar nichts zu tun.

Wenn wir Sachen eh schon tun, wie fluchen zum Beispiel 😁, dann können wir sie auch gleich feiern. Wir tun sie ja eh und es bringt sowas von gar nichts, uns hinterher rund zu machen, uns zu verurteilen und uns zu sagen, dass das jetzt falsch war. NEIN! Es war nicht falsch, sonst hätten wir es ja nicht gemacht.

Leute, entspannt euch. Da sitzt kein Gott, der Einträge ins Klassenbuch macht und Tickets für die Hölle reserviert. Es gibt kein Nachsitzen und keine Strafarbeit. Du bist der einzige der über dich richtet oder von anderen über sich richten lässt. Verhalte dich einfach so, wie du dich verhalten würdest, wenn kein Schwein dich beobachten würde, wenn du wüsstest, dass niemand sieht und bewertet, was du tust. Dann bist du echt. Und dann wirds leicht.

Text und Gestaltung: Anja Reiche