Samstag, 30. März 2019

Ein Hoch auf die Wut, auf den heiligen Zorn

In mir brennt es. Es lodert. Und das ist gut so. Es ist heiliger Zorn. Absolut heilig. Er fühlt sich großartig an. Mächtig. Kraft spendend. Belebend. Bebend bis in die letzte Zelle. Alles in mir vibriert.

Ich spüre die Drachenkraft in mir, den Drachen, der Feuer speit. Meine Klarheit ist das Feuer. Und ich werde es nicht mehr bei mir, in mir halten, zurückhalten. Ich kann es nicht ändern, wenn sich jemand an meinem Feuer brennt. An meiner Klarheit brennt.

Was ich sage, meine ich tatsächlich auch. Ich spreche nicht durch die Blume. Nein, ich gehöre verdammt nochmal zu der seltenen Gattung Mensch, die meint, was sie sagt.

Ich spreche meine Wahrheit schon alleine deswegen, weil ich es mir schuldig bin. Viel zu oft und viel zu lange, habe ich mich versteckt, zurückgehalten, verbogen, war vorsichtig und wollte nur niemandem zu nahe treten. Viel zu oft, hatte ich Angst vor Ablehnung, hab ich an mir gezweifelt, habe Schuld angenommen, die nicht die meine ist. Habe Verantwortung übernommen, die nicht die meine ist.

Das hat mir nicht gut getan. In mir bäumt sich die Bärin auf und brüllt. In mir fletscht der Wolf seine Zähne und knurrt. In mir sträubt sich das Fell des Löwen, bereit zum Sprung. Da ist die Kriegerin, deren Augen blitzen und Funken sprühen.

Ich werde mich nicht mehr ducken. Ich werde mich nicht mehr zurückhalten. Was im tiefsten Inneren meine Wahrheit ist, weise und rein erspürt, das vertrete ich auch. Klar und deutlich. Und ich lasse sie mir nicht mehr absprechen.

Ich stehe nicht mehr zur Verfügung, die Themen anzunehmen und zu meinen zu machen, die andere in mich hineinprojizieren. Ich bin nicht mehr bereit, Erwartungen zu erfüllen, ob ausgesprochen oder unausgesprochen. Ich bin nicht dazu da, zwischen den Zeilen zu lesen und zu erahnen, was der andere vielleicht wirklich meint und will. Ich nehme mein Gegenüber beim Wort und wenn das Wort nicht mit dem Gefühl übereinstimmt, dann kann ich da einfach nichts dafür. Für mich ist ein Ja, ein Ja und ein Nein, ein Nein.

Die Zeiten, in denen ich anderen gefallen wollte, in denen ich auf biegen und brechen gemocht werden wollte, sind vorbei. Mir reicht es, dass ich mir genüge, dass ich mir morgens im Spiegel in die Augen schauen kann und dass ich das, was ich da sehe, mit Liebe anblicken kann. Und das kann ich weiß Gott.

Hier und heute gebe ich mir erneut das Versprechen, mir treu zu sein. Ich verspreche mir, in jedem Moment echt zu sein, aus tiefster Seele ehrlich zu mir und zu anderen, frei, frei von der Leber weg ich selbst. Das ist die einzige Verantwortung, die ich habe. Die Verantwortung für mich selbst. Ich schaue bei mir, ich reflektiere, ich prüfe mich. Immer wieder. Radikal. Für alles andere, stehe ich nicht zur Verfügung. Für alles andere habe ich keinen Auftrag.

Warum ich das schreibe? Diese Wut ist echt. Würde ich behaupten, dass ich jetzt nicht wütend wäre, wäre das eine Lüge. Ich schreibe, weil ich mich genau so zeigen will. Weil die Wut ein so wichtiger Teil vom Leben ist. Weil die Wut wieder ihren Platz in der Welt haben darf. Weil die Wut heilig ist und weil ich sie feiern will. Wut bringt Klarheit. Wut ist Lebensenergie. Wenn wir sie unterdrücken, frisst sie uns auf. Wut braucht Raum. Wut braucht Ausdruck. Wut will fließen. Das hier zu schreiben, hilft beim Fließen, beim Ausdrücken.

Und nein, ich muss diese Wut nicht wegoptimieren. Ich muss sie nicht so lange fühlen, bis sie sich auflöst. Ich muss nicht das Thema bearbeiten, damit der Trigger weg ist und die Wut überflüssig ist. Sie wird wieder kommen und wieder und wieder und das ist gut so. Wir wollen die Freude ja auch nicht wegoptimieren. Sie kommt auch wieder und wieder und wieder. Die Wut will einfach nur da sein dürfen, gefühlt werden, Achtung bekommen. Wut ist nichts besser oder schlechter als Freude. Deswegen feier ich sie hiermit. Und zwar so richtig. Der Auslöser ist Nebensache. Für den Auslöser kann ich nur dankbar sein.

Foto: Canva
Text und Gestaltung: Anja Reiche