Mittwoch, 18. September 2019

Radikal auf sein Gefühl hören - Teil 2

Heute war dann ich der "Spielverderber".

Es ist für mich immer wieder eine Challenge, in Franken, also meiner alten Heimat, zu sein und mich nicht mit Verabredungen zu überfrachten.

Eigentlich bin ich wie immer hier hin gefahren, um zu schauen, was sich entwickeln mag, was ich hier soll, warum ich hier hin "gerufen" wurde. Und dann sind vor Ort natürlich unzählige Menschen, die ich lange nicht gesehen habe, die mich lange nicht gesehen haben. Familie, Freunde, Nachbarn, Bekannte. So viele würden gerne wissen, was ich gerade so mache. So viele würden gerne ein Schwätzchen mit mir halten. Und mir geht es ja nicht anders. Mal eben hören, wie es so geht, was die Leute so machen. Und so beobachtete ich mich dabei, wie ich ein Treffen nach dem anderen ausmache und eigentlich schon beim Gedanken daran platt bin. Wörter verbraucht quasi. ;)


Von Ruhe und Hinspüren und die Dinge sich entfalten lassen, ist da keine Rede mehr. Die letzte Nacht hat es ganz schön in mir gearbeitet. Der Bauch wurde immer enger. Ich wollte mir einfach nur noch die Decke über den Kopf ziehen. Nix hören, nix sehen. Heute morgen dann der Entschluss: Ich brauche Luft zum Atmen. Das Leben braucht Platz für Entfaltung.

Also habe ich angefangen so einige Verabredungen wieder zu canceln. Es ist ein ewiges Ausprobieren und Wachsen, eine Gratwanderung, das gesunde Maß will gefunden werden, das gemacht werden, was wirklich wirklich wichtig ist und vor allem dran. Learning by doing.

In einem Feld für sich zu sorgen, in dem sowieso jeder in seiner Verantwortung ist und vollstes Verständnis dafür hat, wenn jemand gut für sich sorgt, ist das eine. Es zu tun, wenn man weiß, dass da das ein oder andere enttäuschte Gesicht dabei sein wird, weil da noch Erwartungen sind und nicht jeder Applaus klatscht, das ist wirklich eine Herausforderung.

Gleichzeitig haben mich schon die ersten lieben Worte erreicht, dass es sehr hilfreich ist, zu erleben, dass ich es einfach mache. Viele haben noch nicht den Mut. Wenn aber mal einer damit anfängt, dann macht das eine Tür auf. Wir enttäuschen also nicht nur Menschen, wenn wir gut für uns sorgen, wir geben anderen die Erlaubnis, es auch zu tun. Wir öffnen neue Räume, regen an, machen Mut. Es tut also nicht nur uns gut, sondern auch tatsächlich vielen anderen.

Foto: Canva
Text und Gestaltung: Anja Reiche