Dienstag, 15. Oktober 2019

Danke an mich selbst

Heute nehme ich die junge Frau in den Arm, die sich damals mit Ende zwanzig auf den Weg gemacht hat. Die gekündigt hat, ohne zu wissen, wie es weitergehen soll. Die damals keine Ahnung hatte, was es bedeutet diesen Weg zu gehen.

Die sich nicht mit Standard und 08/15 zufrieden gegeben hat. Die jede Konvention hinterfragt hat, angezweifelt hat. Die ihrer inneren Stimme, die damals nur ein Flüstern war, gefolgt ist. Die sich durchgewurschtelt hat, durch die vielen Herausforderungen, körperlich wie seelisch. Die nie Ruhe gegeben hat, bis etwas in ihr gesagt hat: "Ja, DAS ist zu diesem Thema meine Wahrheit!".

Die sich auf eigene Faust aus dem Krankenhaus entlassen hat, keine Ahnung davon, wie Selbstheilung geht. Keine Ahnung, ob sie sich umbringt oder wirklich heilt.

Die junge Frau, die diesen Weg bis vor zwei Jahren weitestgehend alleine gegangen ist, die so oft verzweifelt war, so oft geweint hat, so oft nicht mehr weiterwusste und dennoch nicht umkehren wollte und konnte.

Die junge Frau, die damals nicht wusste, wo dieser Weg hinführt und ihn trotzdem gehen wollte, um jeden Preis. Die nie aufgegeben hat, immer wieder aufgestanden ist, ohne all das Wissen und das Vertrauen, das ich jetzt habe.

Diese junge Frau hat meinen höchsten Respekt. Diese junge Frau will ich heute in den Arm nehmen und sie halten. Sie soll sich ausruhen. Sie hat ihren Job großartig gemacht. Sie hat mich nach Hause gebracht, zurück zu mir. Sie hat mich mir selbst zurückgeschenkt und ist mehr als einmal dafür durch die Hölle und wieder zurück gegangen.

Dieser jungen Frau, die einst aufgebrochen ist, will ich heute danken, aus tiefstem Herzen. Ich will ihr jetzt zuflüstern, was sie damals noch nicht wusste. Nämlich dass sie alles ganz hervorragend machen wird, dass jeder Zweifel an ihr selbst völlig unbegründet war und ist, dass es dieses schöne, freie Leben, von dem sie geträumt hat, tatsächlich gibt und dass sie sich und damit mich genau dahin führen wird, auch wenn es manchmal so gar nicht danach aussah.

Diese junge Frau hätte mein heutiges ICH so oft so gut brauchen können, als Anker, als Halt, als fernen Punkt am Horizont, an dem man sich orientieren kann. Und wahrscheinlich war ich das auch irgendwie. Mein Zukunfts-Ich war wohl diese innere Stimme, die sie nie hat aufgeben lassen.

Meine junge Frau von damals hat großartige Arbeit geleistet. Sie darf sich jetzt erholen, sich bei mir anlehnen, sie darf heilen. Ich halte sie, ganz lange. Ich nehme sie in mein Herz, voller Liebe und Mitgefühl für jede ihrer Sorgen, für jede Träne der Verzweiflung, für jede Minute der gefühlten Einsamkeit. Sie hat so wenig gewusst, musste ihr Weltbild erst noch finden und hat doch zu jedem Zeitpunkt genau das Richtige getan, den einen nächsten Hinweis gefunden in diesem Labyrinth der Selbstfindung.

Ich bin mir unendlich dankbar! So, so dankbar, dass ich losgelaufen bin und mich durch nichts habe abbringen lassen von meiner Wahrheit, von meinen Visionen, von meinen Sehnsüchten. ♥ DANKE Anja! ♥

PS: Wir haben nicht nur innere Kinder, die unseren Halt brauchen. Wir haben auch die Jugendlichen in uns, die Erwachsenen, die wir mal waren. Auch sie brauchen manchmal einfach unsere Liebe und dass wir ihnen sagen, dass alles gut ist.

Wir haben übrigens auch immer unser Zukunfts-Ich, dass wir um Rat fragen können, das uns unterstützt und schon mehr weiß, als wir jetzt wissen. ;) Meins ist mittlerweile weit über 90 und ziemlich geil drauf.

Foto: Canva
Text und Gestaltung: Anja Reiche