Freitag, 8. Januar 2021

Nichts ist das, was es zu sein scheint

Die Wahrnehmung war gefühlt noch nie so sehr Thema wie in den letzten Monaten. Was nehme ich für wahr? Was fühle ich in mir bei gewissen Themen, Ereignissen? Wie beurteile ich Dinge und Umstände? Wo sortiere ich was ein und warum? Wie sieht mein Weltbild aus? Was halte ich von all dem? Was glaube ICH fernab von allen anderen Meinungen und vordiktierten Scheinwahrheiten?

Damit hat man erstmal zu tun. So ein Weltbild, eine eigene Meinung, eine Haltung, Werte, ein Glaubenssystem gestaltet sich nicht von jetzt auf gleich.

Dann kommen da noch all die verwirrenden "Schachzüge" dazu, Falschinformationen allerorten, auf allen Seiten. Jemand gibt scheinbare Fakten raus und ein anderer schreit sofort: "Fake!"
Ja, was denn nun? Was soll man denn noch glauben? Was kann man denn noch glauben?

Die jüngsten Ereignisse in den USA haben es mal wieder so schön gezeigt. Nichts ist das, was es auf den ersten Blick zu sein scheint. Und auch nicht das, was es auf den zweiten Blick zu sein scheint. Auch der dritte Blick vermag noch nicht alles zu zeigen. Wahrscheinlich ist Variante Y. Oder auch schon Q? 😉 😂 Sorry, das musste jetzt sein... 😂

Wenn ich auf meinem Weg und vor allem in den letzten Monaten etwas gelernt habe, dann, dass voreiliges, unbesonnenes Beurteilen und Bewerten völlig unzuträglich ist. Der erste Eindruck täuscht so oft. Ich habe mir angewöhnt einfach zu beobachten, sehr viel, sehr ausgiebig, sehr genau. Ich nehme einfach nur wahr, was passiert. Ich spüre in mich hinein, ob ich dazu ein Gefühl habe, einen Eindruck, eine Idee. Ich prüfe mein Weltbild, immer wieder. Ich prüfe Glaubenssätze, Meinungen. Ich bin jederzeit bereit, alles, was ich bis dahin für wahr gehalten habe, zu revidieren, wenn neue Informationen ein schlüssigeres, anderes Bild ergeben.

Meine Richtschnur ist meine Intuition. Wenn ich das Gefühl habe, dass irgendwas nicht stimmt, nehme ich das ernst, auch wenn ich erstmal keine Fakten dafür habe. Ich nehme MICH ernst. Ich nehme meine Wahrnehmung ernst und gleichzeitig glaube ich keinem Gedanken von mir. 😉 Klingt paradox, oder?

Ich beobachte mich beim Beobachten und Denken. Ich beobachte mich beim Bewerten und Urteilen. Mir ist bewusst, wenn ich urteile. Mir ist bewusst, wenn ich Schubladen aufmache. Und sollte es mir mal nicht bewusst sein, darf man mich gerne darauf hinweisen. Ich stelle mich selbst in Frage und lasse mich von anderen in Frage stellen. Gleichzeitig bin ich standhaft und stabil, eben weil ich so flexibel bin. Wie ein Baum im Wind. Er ist stark und doch biegsam, er schwingt mit und hält doch stand. Die Wurzeln sind tief, der Stamm richtig fest und die Äste sehr beweglich.

Da stehe ich und wiege mich im Strom, beobachte, stelle Vermutungen habe, gehe Gedankenspiele durch, weiß aber, dass ich eigentlich nichts weiß. Ich habe eine Idee und beanspruche niemals für mich, DIE Wahrheit zu kennen. Ich kenne meine eigene. Das ist auch schon alles und die kann jetzt ganz anders aussehen als morgen.

Es passieren Dinge und ich sehe es. Daraus ergeben sich wieder Dinge, die meistens niemand vermutet hat. Da wirkt eine Intelligenz, die ich mit meinem menschlichen Bewusstsein wohl niemals komplett durchdringen werde. Ich würde bersten von dieser Flut an Komplexität.

Ich muss auch gar nicht alles wissen. Ich weiß, dass da ein Plan ist, ein göttlicher, universeller Plan, eine Intelligenz, die mich demütig macht, die ich nicht ansatzweise erfassen kann. Ich weiß, dass niemals etwas wirklich falsch laufen kann. Die größte Eruption kann ich mir gelassen anschauen und beobachten, was nun daraus wieder entsteht, für was es gut war.

Beobachten ohne Werten. Beobachten und geschehen lassen. Beobachten und trotzdem bewerten und mich wiederum dabei beobachten. Beobachten und Sein lassen.

Beobachten öffnet den neutralen Raum, in dem alles geschehen kann, was sich die Schöpfung so ausgedacht hat. Beobachten ermöglicht dem Leben, einfach zu passieren. Wenn es eine Handlung von mir braucht, werde ich das wissen und sie ausführen. Wenn es keine Handlung von mir braucht, werde ich es wissen und eben nichts tun. Das ist etwas, was ich immer weiß. Und das ist alles, was ich wissen muss.

Was braucht es von mir? Was brauche ich? Wo ist gerade JETZT mein Platz? Welches Zahnrädchen soll ICH jetzt bedienen? Wo will mich das Leben jetzt haben? Was will durch mich in die Welt? Wo bin ich die größte Hilfe? Worauf liegt gerade die Kraft?

Und dann tue ich das, ohne zu werten. Oder ich tue es und werte und beobachte mich beim Werten. 😉 Aber auf jeden Fall tue ich es. 😉

 
Foto: Canva
Text und Gestaltung: Anja Reiche