Freitag, 17. April 2020

Ohne Urteile bin ich direkt im Frieden

Ich habe vollstes Verständnis für alle, die Angst haben. Auch ich hatte schon oft Angst vor Dingen, die andere belächeln würden.

Ich habe Verständnis für jene, die meinen betrügen zu müssen, um an ihr "Recht" zu kommen. Auch ich hab mich schon in solchen Situationen wiedergefunden, in denen mich anscheinend nur eine Lüge weiterbrachte.

Ich habe Verständnis für Menschen, die so wütend auf das Leben und auf andere sind, dass sie unterdrücken, wild um sich schlagen, kämpfen, töten. Ich selbst kenne die Wut sehr gut, die damit verbundene Ohnmacht und weiß wie rasend und blind sie einen machen kann.

Ich kann das Bedürfnis nach Macht absolut nachvollziehen. Ich selbst kenne die Unsicherheit und weiß, was man alles in Erwägung zieht, um nur annähernd das Gefühl zu haben, das Leben, die Menschen in seinem Umfeld unter Kontrolle zu haben.

Wenn du das nächste Mal entrüstet aufschreist und dich fürchterlich über jemanden aufregst, ihn richtest und verurteilst, dann frage dich erstens, was einem Menschen widerfahren sein muss, damit das, was er da tut oder unterlässt, das Beste ist, was er gerade zu bieten hat. Und zweitens frage dich, wo bist du das auch schon gewesen. Wenn vielleicht nicht in diesem Leben, in einem Vorleben ganz bestimmt.

Egal auf wen wir gerade mit dem Finger zeigen. Drei Finger zeigen auf uns selbst. Ich bin all das, was ich am anderen ablehne und verurteile auch. Zieh die Schuhe des anderen an und gehe seinen Weg, kämpfe seine Kriege und erlebe seinen Schmerz. Verstehen ersetzt Vergebung.

Ohne Urteile bin ich direkt im Frieden mit allem, was ist. Ohne Urteile über andere bin auch ich frei. Jedes Urteil, das ich einem anderen gegenüber zurücknehme, nehme ich auch mir gegenüber zurück. Spreche ich andere frei, spreche ich mich frei. Ich bin immer ALLES. Das Leben ist die Summe aus ALLEM.
Foto: Canva
Text und Gestaltung: Anja Reiche