Es ist Geben und Nehmen gleichermaßen. Das Nehmen ist leicht, bedingungslos, voller Liebe. Das Geben, ebenfalls bedingungslos, nährt. Es ist ein Geben, bei dem man hinterher mehr hat als vorher. Ein Geben, das nicht leer macht. Das Gefäß, aus dem ich schöpfe, ist unerschöpflich, weil ich selbst die Quelle bin. Ich bin angebunden an mich selbst. Ich gebe in diese Verbindung und beim Geben bekomme ich so viel zurück.
Diese Verbindung, die gleichzeitig frei ist, ist das Grundbedürfnis eines jeden Menschen. Das ist das, was schon jedes Kind einfach nur will und braucht. Wurzeln und Flügel. Da ist jemand, wenn man Halt braucht, eine Basis, zu der man immer zurück kann, wo man andocken und auftanken kann. Da ist aber auch Freiraum für eigene Erfahrungen, Platz für Individualität und Alleinsein. Ausschwärmen und zurückkommen. Draußen Erfahrungen machen, zuhause diese teilen und verarbeiten. Wir sind eins und trotzdem Individuen. Kinder werden auffällig, wenn eins dieser Grundbedürfnisse nicht befriedigt wird. Und Erwachsene?
Ist es zu eng in einer Verbindung, ist da keine Luft zum Atmen, findet ein Aufopfern statt, ist es genauso ungesund, wie wenn man sich komplett abspaltet und aus jeder Beziehung herausgeht, nur noch mit sich ist, keine Nähe zulässt und dicht macht.
Manche glauben, ohne Verbindung nicht sein zu können und verlieren sich darin, haben Angst vor dem "mit sich alleine sein", wissen gar nicht wer sie sind, ohne die anderen. Sie werden zur Last, weil sie sich selbst verlassen haben.
Wieder andere leben das krasse Gegenteil und sind nur noch in der Trennung, haben Angst vor Nähe, vor Verletzbarkeit, Angst sich zu verlieren, wenn da jemand zu nahe kommt, Angst benutzt zu werden, ausgesaugt und als leere Hülle zurückzubleiben. Mit ihnen wird man nicht warm, sie sind nicht greifbar, dabei und doch nicht wirklich "da". Eben auf Distanz.
Ich kenne beide Extreme. Erst wurde ich zum Versorgen anderer und zum Aufopfern "erzogen" und als ich darauf keine Lust mehr hatte - besser gesagt die Schnauze voll davon hatte - bin ich ins andere Extrem gegangen, habe dicht gemacht. Angriff die beste Verteidigung. Nur keinem zu nahe kommen. Das war beides nicht das gelbe vom Ei. ;)
Und heute? Heute schaue ich mich um, sehe all diese wunderbaren Menschen, meine Seelenfamilie und Herzensmenschen, diese grandiosen Zauberwesen, die ich so sehr liebe und grinse von einem Ohr zum anderen. Ein wohliges Seufzen entkommt mir. Ich sehe mein weit offenes Herz. Ich erlebe mich so nahbar, so tief in der Begegnung. Ich bin angekommen.
Da ist diese Gemeinschaft, die mir Wurzeln gibt und gleichzeitig Flügel verleiht. Wir nähren uns, inspirieren uns, halten uns, schubsen uns, waschen uns gegenseitig den Kopf. Wir leben Nähe und Freiheit gleichzeitig. Da sind diese Menschen, die mich wachsen sehen wollen und denen ich gleichermaßen beim Wachsen helfe. Da ist mein Zuhause. Da ist meine Heimat. In diesem Kreis.
Warum das jetzt geht? Ein jeder von uns ist komplett in der Eigenverantwortung. Ein jeder von uns sorgt für sich. Da sind keine Braucher, keine Ver-Braucher. Da sind Schöpfer, Göttinnen, Götter, Selbstversorger. Und weil wir wissen, dass der andere uns nicht braucht und alles, was wir geben, ein Guatsl oben drauf ist, macht es so viel Freude. Da ist kein Fordern aus einer Opferhaltung, kein Versorgen müssen. Da ist keine Trennung aus Angst vor Nähe, sondern ein alleine sein wollen, weil sich jeder genug ist.
Da sind komplett vollständige Menschen, in sich ruhende, in sich geschlossene Systeme, gesund, heil, die miteinander ein wieder vollständiges, neues, größeres, ebenfalls gesundes System ergeben. Pulsierend, lebendig, im Fluss, voller Liebe und Wertschätzung. Ohne Lecks, ohne Energieräuber, völlig verbunden mit sich selbst.
Dann geht Anbindung, dann geht Verbindung, dann geht Freiheit in der Verbindung, dann geht Gemeinschaft und Individualität gleichzeitig. Wenn jeder bei sich bleibt, muss sich keiner für den anderen verlassen. Wenn jeder bei sich bleibt, ist immer jemand zu Hause. Diese Menschen treff ich gerne.
Foto: Canva Text und Gestaltung: Anja Reiche |