Dienstag, 31. August 2021

Wir sind nicht hier, um fertig zu werden

Endlich mal fertig werden mit allem. Endlich mal die To-Do-Listen abgearbeitet haben. Endlich mal alles sauber und aufgeräumt haben. Endlich mal alle Nachrichten beantwortet haben. Endlich mal alle Aufträge erledigt haben. Endlich mal alles transformiert haben. Endlich mal alle Ausbildungen haben, um loslegen zu können. Endlich mal fertig sein.

Puh... Ich hab schon Stress nur vom Tippen bekommen.😳😂 Diese Idee vom Fertigwerden macht ganz schön Schnappatmung, oder? Immer rennen wir etwas hinterher, sind nie da. Das Ziel ist nie erreicht, weil wir halt irgendwie nie fertig werden.

Das Haus ist nie ganz sauber. Bis du von vorne bis hinten einmal durch bist mit Putzen, ist vorne schon wieder der erste Dreck, vor allem dann, wenn da auch noch andere Menschen wohnen oder Haustiere. Wir leben nun mal. Wenn wir keine Spuren hinterlassen wollen, dürfen wir uns nicht mehr bewegen. Es ist eine Illusion, mal alles auf einmal sauber zu haben, von dauerhaft ganz zu schweigen.

Genauso ist es mit allem anderen. Der To-Do-Liste, den Aufträgen, den unbeantworteten Nachrichten, der Entwicklung, der "Ausbildung", der Erleuchtung. Wir sind nie ganz fertig und dafür sind wir auch gar nicht hier. Wir sind im steten Prozess, in Rhythmen und Zyklen unterwegs. Und mal ehrlich, was wäre denn, wenn wir wirklich fertig wären? Wir sind fertig und dann? Dann können wir hier abtreten, weil was sollten wir noch hier?

Wird die Natur jemals fertig? Eher nicht, oder? Warum haben wir diese Vorstellung vom Fertigwerden? Wenn erstmal das und das, dann... Ja, dann haben wir ein besseres Leben, mehr Ruhe, mehr Zeit, mehr Geld, mehr blablabla... Und jetzt? Dieser Moment? Ist der noch nicht richtig? Bin ich noch nicht richtig?

Wenn ich jetzt zum Beispiel mal meine lange Liste mit ausstehenden Sprachnachrichten hernehme (Seelenlesen, you know😉🔮) , könnte ich mich total verrückt machen und rackern wie eine Doofe, damit ich endlich alle Anfragen erledigt habe und fertig bin. Und dann? Mach ich das alles nur, um irgendwann endlich fertig zu sein? Echt?

Nein, ganz bestimmt nicht. Ich mache es, weil es mir um die Sache an sich geht, um jede einzelne Begegnung, um den Moment. Es geht mir darum, mich beim Wirken zu erleben, mich zu erfahren, andere zu spüren, die Freude, die ich beim Tun habe, zu erleben, was diese Nachrichten mit den Menschen machen. Was hätte ich davon, wenn ich fertig wäre? Was würde ich denn dann tun?

Also welche Vorstellung haben wir denn vom Fertigsein? Können wir dann endlich das machen, wozu jetzt keine Zeit ist, weil wir ja noch nicht fertig sind? Wie wäre es denn, jetzt schon das zu machen, was wir uns für "danach" aufheben?

Also für mich ist ganz klar der Weg das Ziel. Für mich ist klar, dass ich nie fertig bin, selbst wenn ich hier abtrete und mit der Erde fertig bin, dann geht meine Reise ja trotzdem weiter, halt woanders. Ich bin sogar ziemlich froh, nie fertig zu sein, kein Ziel erreichen zu müssen, immer weiter zu wachsen und Neues zu erfahren. Das erlaubt mir komplett im Moment zu sein, weil ich ja nirgendwo anders hin muss. Ich bin ja schon da. Immer. Immer genau am richtigen Platz. Mir ist kein Ziel im Weg. Ich kann den Moment voll und ganz genießen.

Wir sind nicht hier, um fertig zu werden. Wir sind hier, um lebendig zu sein, aus den Vollen zu schöpfen und das vom prall gefüllten Erfahrungsbuffet zu nehmen, was gerade schmeckt. Dafür darf der Tisch reich gedeckt sein und die Auswahl groß. Mit dem Blickwinkel stresst mich die große Auswahl überhaupt nicht, sie lässt viel mehr jede Zelle freudig britzeln und die Augen leuchten. Was koste ich als nächstes??? 😍😍😍🎉🎉🎉


Foto: Canva
Text und Gestaltung: Anja Reiche