Sonntag, 9. Februar 2025

Wenn die Nöte des anderen mein Leben bestimmen

Du hast gegen die Monster der Vergangenheit des anderen keine Chance. Wenn sie von ihm selbst nicht wahrgenommen werden und vor allem als Monster der Vergangenheit erkannt werden, hast du keine Chance.

Eine echte Begegnung wird nicht möglich sein. Ein Zusammenleben auf Dauer schon gar nicht. Der "Alltag" wird euch killen und alles immer wieder sprengen.

Kleinste Kleinigkeiten lösen Nöte aus und wenn diese Nöte nicht als Verletzungen aus der Kindheit (oder noch älterer Wunden) erkannt werden - von demjenigen selber!!! - dann wird das immer alles bestimmen. Das ganze Leben ein falscher Film. Handlungen basierend auf Verzerrungen. Handlungen, die kompensieren müssen, die wegmachen wollen, statt hinschauen, die den anderen, den Auslöser, verändern wollen, beschuldigen, angreifen, Forderungen an ihn stellen.

Es reicht nicht, wenn ICH als Beteiligter/Auslöser realisiere, dass der andere gerade ausgelöst ist und ich werde es dem anderen auch nicht vermitteln können, wenn da keine Bewusstheit über alte Wunden, Heilung und Eigenverantwortung ist, wenn da keine Fähigkeit zur Selbstreflexion besteht, wenn da kein Anteil ist, der zur Beobachtung des eigenen Inneren in der Lage ist.

Ja, natürlich, ich kann mir immer auch das Meine anschauen. Das bringt nur für die echte Begegnung mit dem anderen bedingt etwas, denn es braucht nun mal beide in der Beobachtung und der Bewusstheit. Irgendwann ist mein Part erledigt und es braucht nun mal beide Parts für ein wirkliches Miteinander, für ein gesundes und erfüllendes Zusammensein.

Ein "normales" Leben, sprich ein Leben, das in dem Gewahrsein stattfindet, was WIRKLICH gerade da ist, ist nur möglich, wenn beide hinschauen können und auch aufräumen. Alles andere ist Wundenmanagement, was mindestens einen auf Dauer unglaublich unglücklich und unzufrieden macht.

Warum ich das alles schreibe? Ich erlebe Alltagssituationen am laufenden Band, kleinste Kleinigkeiten, die Christian auslösen. Ich sehe, was passiert, welche Nöte da sind, was für Filme laufen, die mit der Realität wenig bis nichts zu tun haben und ich sehe, was wäre, wenn er sie nicht realisieren würde seine Wunden.

Ich wäre komplett am Arsch. Die Beziehung absolut chancenlos. Ein Erreichen unmachbar. Echte Begegnung ausgeschlossen.

Ich erinnere mich an meine Kindheit, eben den gewöhnlichen Alltag, Kleinigkeiten, und begreife durch die „Wiederholung“ mit Christian noch einmal in einer ganz anderen Tiefe, wie hoffnungslos das mit meinem Umfeld war. Wie viele Ungerechtigkeiten mir passiert sind und in welcher Dichte. Wie oft mir etwas unterstellt wurde, was nicht wahr war. Wie sehr mein Leben von den Nöten der anderen dominiert war. Es hat quasi nur daraus bestanden. Ich war eigentlich dauerhaft im krass falschen Film und hatte keine Chance, da raus zu kommen, diese Hölle zu beenden.

Ich sitze hier und realisiere das Ausmaß. Damit bin ich heute schon den ganzen Tag mehr oder weniger. Ich weiß nicht, wie ich da durchgekommen bin. Ich weiß nur, dass ich unglaublich dankbar bin für einen jeden, der um die Tatsache weiß, dass es alte Wunden gibt und der bereit ist, sich selbst zu begegnen. Dankbar für einen jeden mit dieser Bewusstheit. Und ich weiß auch - mehr denn je, klarer denn je - wann jedes Wort des Begreiflichmachenwollens überflüssig ist, wann es Zeit ist, mich umzudrehen und zu gehen, weil da niemand ansprechbar ist.

Das hilft ungemein. So ganz ohne Ladung die Situation überreißen und gehen. Keine Akrobatik mehr, in dem ungesunden Versuch für den anderen den Abgrund zu überwinden. Keine Verrenkungen mehr, um es vielleicht doch noch rüberzubringen, im wahrsten Sinne des Wortes.

Die Lage erkennen und die Monster des anderen die Monster des anderen sein lassen.
Puh! Erleichternd. Seeehr erleichternd. Und unglaublich heilsam und befriedigend mit Menschen zu sein, die ganz selbstverständlichen ihren ganzen Teil zur Beziehung beitragen.

Danke, Christian, für deine radikale Ehrlichkeit, für deine Ausdauer, dein Wollen und Umsetzen, dein Dableiben, danke, dass es an keinem Punkt aufhört. Danke, dass du um deine Untiefen weißt und hinabsteigst.