Montag, 6. September 2021

Ja, das ist jetzt gerade so

Der Satz "Ja, das ist jetzt gerade so" ist aus meiner Sicht ziemlich magisch. Ein Zaubersatz sozusagen. Er verursacht direkt eine Pause, in der man erstmal realisiert, was JETZT aktuell da ist und hilft, nicht direkt aus dem Affekt zu reagieren, sich sofort zu verurteilen, oder es anders haben zu wollen. Der Widerstand fällt weg. Es ist ein bloßes Anerkennen von dem, was schon ist.

Ja, das ist da und ja, das darf genau so sein. Fertig. Ich muss nichts damit machen. Gar nichts. Es ist wie es ist.

Der Satz deutet außerdem darauf hin, dass das, was da gerade da ist, eine Momentaufnahme ist. Ja, JETZT ist es so. Es kann aber im nächsten Moment schon wieder ganz anders sein. Alles ist vorübergehend. Einen Wimpernschlag später kann da ein neuer Erfahrungshorizont sein.

Mit dieser Haltung des JA zu dem, was ist, sind wir präsent mit dem, was ist. Wir SIND damit und mehr verlangen die Umstände meistens nicht. Sie wollen da sein dürfen. Das ist für meine Begriffe schon die Erlösung. Also mein Leben funktioniert zumindest so. 😉

Aber was rede ich... Probiert es doch einfach aus. Vielleicht erlebt ihr ja auch ganz andere Sachen damit. Hier mal ein paar Fühlproben:

Ja, der Nachbar hat mich gerade angeblafft.
Ja, ich habe gerade einen Kratzer ins Auto gemacht.
Ja, ich bin gerade überfordert.
Ja, ich habe gerade Kopfschmerzen.
Ja, das Konto ist gerade überzogen.
Ja, ich finde gerade alles zum Kotzen.
Ja, ich fühle mich gerade nutzlos.
Ja, ich bin gerade laut geworden.
Ja, ich bin gerade ungeduldig.
Ja, durch die Wohnung fliegen gerade munter die Wollmäuse.
Ja, ich habe gerade gelogen.
Ja, ich habe gerade diesen Termin vergessen.
Ja, ich fühle mich gerade unfrei.
Ja, ich traue mich nicht, die Kündigung zu schreiben.
Ja, meine Familie ist mir gerade zu viel.
Ja, das alles ist jetzt gerade so.

Und? Was macht das mit euch?


Foto: Canva
Text und Gestaltung: Anja Reiche