Dass uns etwas fehlt, ist nicht unser Verschulden. Unsere Wunden und Bedürftigkeiten, unsere "Unarten" und "Endgegner" sind keine Unzulänglichkeiten von uns. Wir stellen uns nicht dumm an und wir sind auch nicht "selber schuld". Dass da Defizite sind und dass wir deswegen etwas brauchen, ist tatsächlich berechtigt. Die Lücken gibt es wirklich. Rein biologisch logisch und immer noch da, weil in den meisten Fällen keine Nachnährung stattgefunden hat.
Wir sind nicht verkorkst auf die Welt gekommen. Wir wurden vom Umfeld geformt, verformt und verbogen, (v)erzogen und verzerrt. Das haben nicht wir gemacht. Das wurde erstmal MIT uns gemacht.
Die wenigsten wurden ausreichend genährt und gesehen. Haben genug emotionales Futter, Zuwendung, Aufmerksamkeit, Körperkontakt bekommen. Die wenigsten durften in ihrer Ganzheit da sein. Da war immer etwas, was wir nicht durften und da war immer etwas, was wir unbedingt sollten.
Und diese Messlatten haben wir in uns aufgenommen, zu unseren eigenen Richtschnüren gemacht. Was anfangs von anderen mit uns gemacht wurde, haben wir irgendwann selber mit uns gemacht. Aus gutem Grund. Wir mussten irgendwie überleben. Das war alles richtig clever von uns.
Im Prinzip können wir uns für all das danken und anerkennen, was wir da geleistet haben. Jede Abspaltung, jede Kompensation, jede Ausweichstrategie, jede Flucht, jede Sucht, jede Auffälligkeit, jede Störung. Alles total (bio)logisch und sinnvoll. Weise und bemerkenswert.
Und da sind wir nun mit all den unterschiedlichen Stimmen in uns, die oft genug Krieg gegen einander und manchmal scheinbar auch gegen uns selbst führen. Da sind wir nun mit den Lücken und auch den anerzogenen Wucherungen, die gar nicht zu uns gehören, mit den Verbiegungen und Verziehungen. Da sind wir mit den Monstern und Dämonen in uns, mit dem Engel links und dem Teufel rechts auf der Schulter.
Jetzt ist es an uns, damit zu sein. Uns zu erforschen und zu begleiten, die inneren Stimmen zu hören, egal, welchen Ursprung sie haben. Es ist an uns, zu bezeugen, was da gerade ist und DASS es da ist. Es ist okay. So wie es jetzt gerade ist, ist es okay.
Wir müssen nicht anders werden und dürfen doch. Wir müssen nirgends hinkommen, außer da, wo wir eh gerade sind. Da dürfen wir sein. Mit uns. Egal in welchem Zustand.
Ich liebe diese Art der Liebe. Die Liebe, die mich sein lässt. Eine Liebe, die mich nicht anders haben will. Eine Liebe, die mich nimmt, wie ich bin. Sie wohnt in mir (neben all den anderen Geschöpfen 😉). Sie ist auch da. Immer schon gewesen. Sie sitzt immer mit am Tisch, wenn ich mal wieder mit einem meiner "Monster" Tee trinke und Kekse esse, ihm lausche und höre, was es mir zu sagen hat. Sie ist da und bezeugt, wenn ich mal wieder einen völlig verwahrlosten oder zutiefst verletzten, wütenden Anteil in mir finde. Sie ist da, wenn ich keinen Bock mehr habe. Sie ist da, wenn ich mich selbst vergesse. Sie ist da und bleibt, egal wie ich bin.
Die Liebe liebt. Fertig. Ob ich es merke oder nicht. Und irgendwie füllt diese Art des mit mir Seins meine Lücken von damals. Lässt die Wucherungen abfallen, die nicht zu mir gehören. Lässt all die bunten Anteile in mir nebeneinander da sein und holt die nach Hause, die ich fortschicken musste.
Ich liebe mich zurück ins Leben und irgendwie liebt ES mich zurück ins Leben, indem ich nichts mehr anders haben will, selbst wenn ich etwas anders haben will.
Danke an all die Zauberwesen, die sich begegnen und erforschen, die sich lassen und damit alles verändern.
Danke, dass du mit deinem Monster sitzt und dass du's lässt, wenn du's hasst.