Echt? Warum?
Ich halte es für "sinnvoll", weil natürlich, wohlwollend mir selbst gegenüber und authentisch, dem Aufmerksamkeit zu geben, was sich zeigt, was damit auch gesehen und benannt werden will, was in die Bewusstheit möchte, sonst wäre es nicht da. Durch das Hinschauen und Hinspüren muss es nicht mehr unerkannt im Untergrund sein Unwesen treiben, bis es endlich bemerkt wird und ins Licht der Erlösung darf. Es kann aufhören immer wieder anzuklopfen und darf seinen Platz einnehmen in der Ganzheit meines Seins.
Ich gebe dem Aufmerksamkeit, was eh schon da ist, in mir lebendig. Es wird nicht verschwinden, in dem ich es ignoriere und mich dem "Licht" zuwende.
Und bei dir? Wer in dir möchte sich denn unbedingt aufs "Gute" konzentrieren, damit es sich mehren möge? Wer in dir möchte denn das "Schlechte" unbedingt vermeiden und was ist dieses Schlechte überhaupt? Ist es ein Teil, der Angst vor Mangel, Krankheit, der ewigen Depression, dem inneren Schweinehund, Armut, Ohnmacht, Kontrollverlust hat? Angst vor dem Hass, dem Biest in dir, der Anteil, der Angst vor der Angst selbst hat? Der Anteil, der endlich richtig sein möchte, gemocht, anerkannt, erfolgreich, belohnt, gut?
Ich kann's verstehen. Ein altes Programm. Ein innerer Anteil, der den Auftrag hat, dafür zu sorgen, das du die Erwartungen der anderen erfüllst, um endlich zu bekommen, was du so dringend brauchst, an was es dir als Erwachsener immer noch mangelt. Die Lücke gibt es wirklich. Nur schließt sie sich dadurch nicht, das "Böse" zu verbannen. Die Lücke schließt sich durch liebevolle Zuwendung dir selbst gegenüber in einem jeden Zustand und mit jedem Gedanken. Radikale Annahme von allem in dir.
Sag mir eins: Bringt dich dieses "sich aufs Gute konzentrieren" - was immer dieses Gute sein mag - hin zu dir, in die liebevolle Verbindung mit dir, wie du gerade bist oder führt es dich weg von dir und dem, was gerade tatsächlich in dir stattfindet? Bringt es dich näher an dein wahres Sein, deine Natur oder eher zu einem gewünschten Scheinbild von dir, das erst noch werden muss und dem du seit Jahren hinterher läufst wie der Esel der Karotte?
Fühlt es sich anstrengend an oder entspannt sich alles in dir und du kannst ausatmen? Musst du es künstlich aufrecht erhalten, dieses Gute im Fokus zu behalten oder fällt es dir leicht? Wird dieser Fokus schnell gestört und du musst "falsche" Gedanken immer wieder wie lästige Fliegen abschütteln?
Ich halte nicht viel von einem Fokus auf etwas, das nicht mit dem übereinstimmt, was in mir da ist. Wenn da Angst ist, ist da Angst. Wenn da Trauer ist, ist da Trauer. Wenn ich jemanden nicht mag, mag ich ihn nicht. Wenn ich fluche, fluche ich. Wenn ich lache, lache ich.
Ich mag dich einladen, dich sein zu lassen und wenn das nicht geht, zu beobachten, was dann da in dir los bricht. Die Stimmen zu hören, die dich vielleicht antreiben wollen, die dich und deine Gefühle und Gedanken korrigieren wollen. Beobachten, ohne etwas damit machen zu müssen. Vielleicht alles aufschreiben, was es da in dir spricht und denkt und fühlt. Ohne Wertung und wenn da Wertung ist, auch die wahrnehmen und notieren.
Ich mag dich einladen, dich zu erforschen anstatt dich zu verbiegen. Dich anzuschauen statt zu korrigieren. Ich mag dich ermutigen, zu deinem wahren Wesen zurückkehren, zu deiner Ganzheit und die Aufmerksamkeit auf das zu richten, was wirklich wachsen und erblühen soll, was wirklich wesentlich ist: Du selbst.