Montag, 14. September 2020

Das Schwert der Klarheit

Das Schwert der Klarheit durchtrennt alles, was du nicht bist, alles, was nicht zum Ausdruck bringt, wer du eigentlich wirklich bist. Es befreit dich von allem, was nicht deiner Essenz entspricht. Das Schwert der Klarheit ist auch das Schwert der Wahrheit - deiner Wahrheit. Es ist scharf und will mit Bedacht und weise geführt werden.

Klarheit ist frei von Kampf und Aggression. Klarheit ist ein Wissen darum, was du wählst, was du willst, wer du bist, was du zum Ausdruck bringen willst. Unumstößlich. Bereit jegliche Konsequenz zu erfahren, die diese Wahl nach sich zieht.

Deine Wahl wird nicht alle zum Applaus animieren. Deine Wahl mag andere in ihre Themen stürzen, die du durch falsche Rücksichtnahme bisher verhindert hast. Wie oft hast du deine Wahrheit nicht gesprochen, weil du andere nicht verletzen wolltest? Wie oft warst du nicht klar und deutlich, weil du eher im Verständnis für den anderen warst, anstatt im Verständnis für dich? Wie oft hast du damit dich selbst verletzt, verraten und verkauft, verdreht und verbogen?

Ist damit wirklich etwas gewonnen, wenn wir andere vor ihren Gefühlen und Prozessen beschützen wollen und uns gleichzeitig damit selbst bekämpfen? Wem ist damit gedient? Dir schon mal nicht und dem anderen auch nicht. Wer sagt dir, dass es besser ist, wenn der andere unangenehme Gefühle wie z. B. Enttäuschung nicht fühlen muss? Was gibt dir das Recht, besser zu wissen, was gut für den anderen ist? Ist das nicht eine Form von Überheblichkeit? Woher willst du wissen, dass es nicht viel heilsamer für den anderen wäre, diese Ent-täuschung endlich zu erfahren, damit die Täuschung ein Ende haben kann?

Ich habe auf meinem Weg zurück zu mir gelernt, es auszuhalten, dass meine Entscheidungen, meine Taten, die für mich absolut stimmig und richtig sind, in anderen etwas auslösen können, das nicht gerade mit Freude gleichzusetzen ist. Jede Wahl, die ich treffe, hat zweifelsfrei Auswirkungen auf mein Umfeld. Immer. Es gibt keine Wahl, die ohne Auswirkung bleibt. Wir sind alle verbunden. Ich kann immer nur das tun, was für mich stimmig ist. Immer in dem Bewusstsein, dass ich ALLES bin, dass WIR alle EINS sind.

Ich denke die Dinge zu Ende. Ich fühle die Dinge zu Ende. Ich kann die Gefühle fühlen, die andere ausgelöst durch mein Sein haben (werden). Und ich darf genau das aushalten. Ich treffe meine Wahl und weiß und fühle die Entrüstung, die Enttäuschung, die Wut, die Verachtung, die Verurteilung, die Ablehnung, etc.

Eine Wahl zu treffen, bei der ich weiß, dass sie gut ankommt, ist einfach. Eine Wahl zu treffen, die für mich das einzig Richtige ist und zu wissen, dass sie großteils nicht auf Zustimmung trifft, das ist die wahre Herausforderung beim Echt-Sein, beim sich selbst leben.

Ich kann die Stimmen schon wieder hören, die mir Egoismus vorwerfen. Ich sage euch eins, wer für sich sorgt und nicht von anderen erwartet, dass sie das für ihn übernehmen, ist wohl kaum egoistisch. Wer sich selbst um seine Gefühle und alles, was sich in seinem Leben zeigt, kümmert, reflektiert und mutig seine Schatten erforscht, weil er weiß, dass die anderen eben nicht am eigenen Erleben "schuld" sind, ist wohl eher nicht egoistisch.

Ich erwarte von niemandem ein bestimmtes Verhalten, damit es mir besser geht. Ich weiß darum, dass ich Schöpfer bin und dass mir nichts widerfahren kann, was nicht den Ursprung in mir hätte. Niemand ist schuld an irgendwas in meinem Leben. NIEMAND. Das soll Egoismus sein? Ich denke nicht.

Mein Schwert der Klarheit ist scharf, ich weiß. Bei flüchtiger Betrachtung könnte man sagen, es verletzt andere. Bei genauerem Hinsehen aber, zeigt sich, dass es nur das zum Vorschein bringt, was eh schon da war. Mit jedem Versuch, jemanden zu schonen, vor bestimmten Gefühlen und Erfahrungen zu bewahren, bin ich nicht in meinem Zuständigkeitsbereich. Ich mische mich damit in Angelegenheiten ein, die mich nichts angehen.

So stehe ich hier und wähle weise, was für mich stimmig ist, wissend, dass es Auswirkungen hat, dass es wirkt, dass ich niemals unabhängig vom großen Ganzen wählen kann. Ich stehe in Klarheit für mich ein, sage NEIN, wenn es dran ist, kenne meine Werte und vertrete sie, reflektiere fortwährend und weiß, wann etwas nicht meine Angelegenheit ist. Ich kann unterscheiden zwischen meinen Themen und denen der anderen. Ich kenne meinen Zuständigkeitsbereich ganz genau. DAS ist Klarheit für mich.

 

Foto: Canva
Text und Gestaltung: Anja Reiche