Freitag, 9. August 2024

Männersehnsucht

Ich hab gerade Männersehnsucht. Ich vermisse so sehr tiefe, intime (emotional nahe, nicht körperlich nahe) Verbindung, Begegnung mit Männern. Nicht nur mit (m)einem Mann möchte ich das leben und erleben, sondern ganz natürlich auch mit anderen Männern.

Ich hab es oft erlebt, dass mein tiefes Sehen in die Flucht schlägt. Ich schaue durch die Schleier und Masken hindurch. Einfach so. Da bleibt nichts verborgen. Manchen Männern macht das Angst, vor allem, wenn sie selbst, das nicht sehen wollen, was ich in dem Moment erblicke, zu Gesicht bekomme.

Ich hab es oft erlebt, dass mein tiefes Fühlen abschreckt, nicht haltbar, aushaltbar für den Mann ist, er geht, die Situation verlässt oder versucht mich zu regulieren.

Ganz bestimmt hab ich an all den Erfahrungen meinen Anteil gehabt, sonst wäre es ja nicht passiert. Mir geht es auch gar nicht um Fingerzeigen, Schuld, Opfer-Täter-Schnickschnack.

Und natürlich kenne ich Gleiches auch mit Frauen, allerdings hab ich nun seit Jahren meine Schwestern im Geiste, mit denen ich so heilsame Erfahrungen machen darf, tiefe, echte Nähe, Offenheit, Selbstoffenbarung. Roh, nackt, pur, blank, direkt.

In der Begegnung mit Frauen bin ich satt, herrlich satt und erfüllt. Mir gehen die Männer ab. So sehr.

Heute, gerade jetzt, vermisse ich selbiges emotionale nackt und nah sein, diese Art der Intimität, wie ich sie mit Frauen kenne, mit Männern. Und dieses Vermissen ist alt, sooo alt. Ich bin ausgehungert.

Letzte Nacht hatte ich einen sehr berührenden Traum. Ein Mann, den ich tatsächlich schon sehr lange kenne, und der sich - aus meinem Erleben heraus - überhaupt nicht gerne in die Karten schauen lässt, kam plötzlich auf mich zu, küsste mich und war da, bereit nackt zu sein - im übertragenen Sinne.

Es fühlte sich für mich an, als hätte ich Jahre genau auf diesen Moment gewartet, als hätte ich gewusst, dass er kommt, der Moment der echten Nähe, der Moment seiner Öffnung. Ich war da, schon so lange. Bereit, schon so lange. Konnte nichts tun, als warten. Bleiben. Selber weiter reifen.

Da sag ich gerade was. Selber weiter reifen. Von wegen, ich konnte nichts tun. Das tiefe Sehen und Fühlen braucht im Umgang mit anderen Reife, Weisheit, Achtsamkeit, Sensibilität und Bewusstheit. Ganzheit. Mich in der vollen Präsenz, im Wahrnehmen der Ordnung. Trauma verzerrt Wahrnehmung. Wunden verführen zu Manipulation.

Wenn sich mir jemand nackt zeigt, wenn ich tief schaue und wahrnehme, muss klar sein, dass ich das, was sich mir da offenbart, nicht missbrauche. Dass ich absichtslos, rein und ergebnisoffen bin.

Ich weiß nicht, ob mir das früher im Umgang mit mir nahestehenden Männern unbedingt gelungen ist. Wohl eher nicht.

Vielleicht deutet der Traum gar nicht nur darauf hin, dass "der Mann" jetzt bereit ist, mir nackt zu begegnen, sondern eben auch sehr darauf, dass ich bereit bin, mit der männlichen Nacktheit behutsam und rein umzugehen.

Interessant, wo ich da jetzt wieder rausgekommen bin beim Schreiben. Jetzt ist da Stille in mir. Das Vermissen ist nicht mehr da. Eher ein erkannt haben. Und Freude. Das Gefühl aus dem Traum. Tiefe Berührung. Erleichterung. Dankbarkeit. Liebe.

Liebe für den Mann aus dem Traum.
Liebe für Männer überhaupt.
Liebe für meinen Mann, der mich so sehr reifen lässt.
Liebe ohne für.