Es ist, als würde mir das Leben diesen Satz in den letzten Wochen und Monaten dauerhaft zurufen. In den letzten Tagen nochmal um so intensiver.
Schau hin, so war's!!!!!
Situationen, Bemerkungen, Erfahrungen im Jetzt holen Erinnerungen und Gefühle an früher hoch. Wie wenn erkannt werden will, ausgelöst durch eigentliche Fliegenschisse in der Gegenwart, was damals für krasse Sachen erfahren wurden. Realisation deluxe. Oft verbunden mit Entsetzen, Fassungslosigkeit, Trauer, Wut, Schock.
Es ist, als würden jetzt die Gefühle gefühlt werden können, zu denen ich damals nicht in der Lage war. Jetzt, wo ich in Sicherheit bin und es tatsächlich vorbei ist, zeigt sich das wahre Erleben in Gänze. Jetzt brauche ich keine Überlebensstrategien mehr, keine Abspaltung, keine Kompensation, keine Negierung, kein Verdrängen.
Jetzt kann ich hinschauen, weil ich gehalten bin.
Mir kommt es vor, als würden damit die Erfahrungen von damals endlich ihre Vollendung finden. Das, was tatsächlich passiert ist, kann ich nun auch fühlen. Damit ist die Erfahrung abgeschlossen und das Leben muss mir im Außen nicht ständig etwas präsentieren, um mich daran zu erinnern, dass es so was auch in mir gibt und zwar noch unvollendet und ungesehen.
Ich bezeuge mich selbst in dem, was ich in all diesen früheren Situationen erlebt, erfahren, gefühlt habe. Meine Gefühle von Wut, Ohnmacht, Überforderung, Erstarrung, Sinnlosigkeit, Leere, Verzweiflung, Not waren alle komplett richtig und adäquat für die Begebenheiten.
Ich gebe mir recht in meinem Erleben und sage: "Ja, so war es!"
Ja, da war keine passende Unterstützung. Ja, da war kein emotionaler Halt. Ja, da war, was auch immer mir gerade gezeigt wird. So war es wirklich!
Ich habe mir nichts eingebildet. Ich war nicht zu empfindlich. Ich hab mich nicht dumm angestellt. Ich hab mich nicht zu wenig angestrengt. Es waren krasse Situationen, die für ein Kind, eine Jugendliche, einen jungen Erwachsenen, einen älteren Erwachsenen heftig sind, intensivste Gefühle auslösen, die zu Recht da sind, die erstmal gehalten werden wollen, gesehen, verarbeitet, durcherlebt.
Es ist ein Nachverarbeiten, ein Bezeugen, ein Wahrmachen durch Anerkennung dessen. Es ist Heilung pur. Es ist Vollendung. Es ist Ganzwerden und Richtigwerden im Sinne von Erkennen, nie falsch gewesen zu sein. Es ist Gnade pur. Es ist zum Kotzen. Es ist anstrengend, herausfordernd und gleichzeitig so herrlich klärend, erlösend, befreiend und befriedend.
Alter Schwede. Ich ziehe meinen Hut vor all jenen, die gerade auch diesen Pfad beschreiten. Ich kenne einige. Ich verneige mich vor euch, vor uns, vor dieser Courage, vor dieser Selbstbekenntnis, vor dieser Hinwendung zu sich und dem was wirklich war. Danke fürs Hinschauen. Danke für die Entschlossenheit und das Ja zu uns selbst.
Danke an alle, die mich ebenfalls bezeugen, mit mir weinen, da sind, mir zuhören, mich sehen, benennen können, was ist und wirkt. Allen voran Maja und Barbara. Danke an alle, die mir diese herausfordernd heilsamen Situationen im Jetzt schenken, die mich das von damals zu Ende bringen lassen. Manchmal hasse ich euch und am Ende liebe ich euch eh wieder - vielleicht auch dann eher aus der Ferne.
Christian, keiner tickt mich so intensiv an wie du. Keiner wirft mich so sehr rein in die alten Erinnerungen, die noch nicht fertig sind. Und gleichzeitig hält mich keiner so sehr wie du, wenn es mich dann schüttelt. Was für eine Challenge für uns beide. Du willst mich und du willst dich - so sehr. Danke für deinen unerschütterlichen Willen, dir selbst zu begegnen. Danke für deine radikale, so tiefe und ehrliche Selbstreflexion. Danke für all die Erlösung, bei mir, bei dir. Ich verneige mich.