Sonntag, 1. November 2020

Fühle die Trennung

Fühl die Trennung. Diesen Schmerz. Die Nicht-Verbindung!

Der Urschmerz, die Urwunde ist die Trennung, die Trennung vom Göttlichen, die Trennung von der Quelle, die Trennung von unserer Göttlichkeit, die Trennung von uns selbst. Ausgedrückt und erfahren durch die Trennung von anderen. Aber die eigentliche Trennung, die wir immer spüren, wenn wir glauben, dass wir von anderen getrennt sind, ist die Trennung von uns selbst .

Diese Worte fließen gerade durch meine Finger und ich habe keine Ahnung, woher sie kommen. Es passiert einfach.

Erwachen passiert für meine Begriffe nur durch Er-Wachsen werden, Ent-Wachsen, die inneren Kinder groß werden lassen. Durch Ent-Wicklung aus allen möglichen Verstrickungen. Dazu gehört es, Illusionen zu ent-decken, aufzudecken, was nicht wahr ist über die Natur des Menschen, über uns selbst.

Trennung ist eine solche Illusion, die Trennung von der Quelle, von der Natur, der Schöpfung selbst.

Mein eigener Prozess der vergangenen Woche, genau diese Trennung mal komplett zu fühlen, mit diesem kleinen Mädchen von früher zu sein, das diese Trennung endlich zu Ende gefühlt hat, den Schmerz endlich mal zugelassen hat und nicht aus Vermeidung heraus versucht, auf biegen und brechen in die Verbindung zu kommen, dieser Prozess war eine meiner größten Befreiungen. Vielleicht sogar DIE Befreiung überhaupt.

Dadurch, dass ich nun nicht mehr diese Verbindung auf Teufel komm raus BRAUCHE, kann ich sie erst wirklich erfahren. Es ist kein Zwang mehr, kein Muss, kein "ohne sterbe ich".

DAS ist Freiheit, weil ich nun auch wählen kann, frei wählen, ohne Muster, das da irgendwo tief drin auf Autopilot läuft. ICH kann frei wählen, mein höheres Selbst, mein Wachbewusstsein, und nicht das kleine Mädchen mit den alten Filtern und Verletzungen.

Die inneren Kinder dürfen groß werden, wenn wir wirklich erwach(s)en wollen.

Ein Aspekt wurde mir anschließend noch extrem klar. Ich kenne viele, die mittlerweile abwinken, wenn es um die Arbeit mit dem inneren Kind geht. Das wäre ja ein alter Hut und überhaupt nicht mehr nötig und man würde ja nur immer wieder in alten Wunden rumstochern und das würde ja alles nichts bringen. Da fühlt man nur Schmerz und es ändert ja doch nichts. Es gibt einen ganz entscheidenden Aspekt, der für mich so selbstverständlich war, dass ich ihn nie explizit erwähnt habe. Jetzt tue ich es aber.

Ich identifiziere mich in solchen Prozessen nicht mit dem kleinen Mädchen. Ich gehe in innere Bilder als die Erwachsene, die ich jetzt bin und besuche die Kleine. Ich bin Beobachter, führe mich selbst durch den Prozess mit inneren Fragen und Interventionen. Ich bin auf mehreren Ebenen gleichzeitig. Ja, ich fühle auch den Schmerz, aber es ist nicht MEIN Schmerz in dem Sinne, sondern mir ist klar, dass es der Schmerz des Mädchens ist. Ich gehe nicht in die Identifikation. Ich BIN nicht dieses Mädchen. Ich werde nicht zum Kind in dem Moment. Nein, ich bleibe wach und groß. Ich bleibe Schöpfer und Heiler, coache mich selbst. Bin die Mutter, die das Mädchen nie hatte.

Das ist ein himmelweiter Unterschied. So kann der Schmerz wirklich zu Ende gefühlt werden. Ich begleite die Kleine, die nie Begleitung in ihren Emotionen hatte. Ich bin mit ihr und helfe ihr, jetzt endlich zu lernen mit den Gefühlen umzugehen, die damals zu heftig waren, um alleine damit fertig zu werden.

Würde ich zu diesem Kind werden, wäre das aus meiner Sicht tatsächlich kontraproduktiv, weil da nur eine Retraumatisierung stattfinden würde und der Schmerz würde nicht enden, denn als Kind habe ich auch wieder nur die Handlungsmöglichkeiten eines Kindes und die sind nicht besonders vielfältig. Es ist so unabdingbar wichtig, als Beobachter da rein zu gehen und als dieser Beobachter geschehen zu lassen, da zu sein, zu begleiten, sich die Dinge ent-wickeln zu lassen im Sinne der Schöpfung. Durch das Beobachten aus einer neutralen Warte ohne Identifikation passiert Heilung automatisch.

Seit ich diesen heftigen Schmerz der Trennung tatsächlich gefühlt habe mit der Kleinen zusammen, seit ich die Trennung anerkannt habe, ist eine ganz neue Verbindung mit ALLEM Sein möglich. Ich glaube wahre Verbindung und Verbundenheit sind dann möglich, wenn wir die Trennung, die Nicht-Verbindung achten, ehren, da sein lassen, fühlen und sein lassen. Es gibt sie als Erleben auf unserer menschlichen Ebene. Es ist in Ordnung, diese Erfahrung zu machen.

Auf seelischer Ebene ist diese Trennung eine Lüge. Wir sind immer mit der Quelle verbunden. Wir SIND die Quelle. Wir SIND Quellenergiewesen, die einen Körper haben. Ich glaube, das ist erst in seiner Gesamtheit fühl- und begreifbar, wenn wir die Erfahrung der Trennung und die damit verbundenen Gefühle anerkannt haben.

Deswegen kann ich es nur empfehlen: Fühle den Urschmerz der Trennung. Befreie dich damit von dem "Zwang" in Verbindung zu gehen, damit du anschließend FREI in Verbindung sein kannst und erfahren kannst, dass du eigentlich nie getrennt warst.

Wenn die Erfahrung der Trennung damit abgeschlossen ist, kann sich ein neuer Erfahrungshorizont öffnen: Ein Leben im menschlichen Körper in dem kompletten Gewahrsein der immer währenden Verbundenheit. Das ist für mich Erwach(s)en!


Foto: Canva
Text und Gestaltung: Anja Reiche