Montag, 6. Juli 2015

Wer bist du?

Die wahrscheinlich schwierigste Frage überhaupt... Wer bin ich? Drei kleine Worte mit einer enormen Bedeutung.

Wie oft habe ich mir diese Frage bisher schon gestellt, dachte dann, dass ich sie beantworten könnte, nur um dann einige Tage oder Wochen später festzustellen, dass ich es wieder nicht weiß. Immer wieder kam diese Frage hoch. Und mit jeder Antwort, die ich fand, näherte ich mich mir selbst wieder ein Stück. Ich denke, dass man diese Frage nicht wirklich auf einmal beantworten kann. Die Antworten kommen wellenartig, stückchenweise, nach und nach. Das Bild der Persönlichkeit zeichnet sich langsam, die Puzzleteile sortieren sich eins nach dem anderen. Nach jeder Phase, in der ich mich gefragt habe, wer ich denn nun wirklich bin, wer ich denn nun sein möchte, warum ich denn wohl hier bin, hat sich wieder ein Puzzleteil an die richtige Stelle gelegt und das Gesamtkunstwerk konnte wieder ein bisschen mehr erahnt werden.

Dieses "wer bin ich" setzt sich aus so vielen anderen Fragen zusammen, berührt so viele Themen und Lebensbereiche, da ist es kein Wunder, dass es Zeit braucht, um Antworten zu finden. Und dann ist da noch die Gesellschaft, die mich manchmal zweifeln ließ, ob meine Antworten sein dürfen.

Ich bin eine Frau, die Stand heute, in diesem Leben keine Kinder möchte. Das ist eine bewusste Wahl von mir. Kinder brauchen nun mal ganz viel Aufmerksamkeit und Zeit und das sollten sie auch bekommen. Kinder sind kein Hobby, Kinder sind eine Lebensaufgabe. Ich mag Kinder super gerne, bin fasziniert von ihrer Wahrnehmung, ihrem Wissensdurst, ihren kleinen Persönlichkeiten, ihrer Unvoreingenommenheit, ihrer Lebenslust, Unbeschwertheit und Freude am Sein. Dennoch weiß ich, dass eigene Kinder in diesem Leben nicht dran sind. Ich habe hier eine andere Lebensaufgabe zu erfüllen und möchte meine Zeit mit anderen Dingen füllen. Meine Berufung liegt wo anders.

So viele gehen wie selbstverständlich davon aus, dass auf eine längere Beziehung die Ehe und Kinder folgen müssen. Aber warum? Wo steht das? Jeder ist doch anders, warum soll das denn für alle gleich sein?

Ich fühle mich als kompletter, wertvoller Mensch in einer "wilden Ehe", ohne Kinder. Es ist gut so für mich, stimmig, passend. Heiraten mag ich nicht, weil ich ein freiheitsliebender Mensch bin. Ich entscheide mich jeden Tag neu für meinen Partner und bleibe nicht bei ihm, weil ich ihm mal ein Versprechen gegeben und eine Unterschrift geleistet habe. Und es mag Menschen geben, die selbst ohne Partner glücklich sind. Noch nicht mal eine Partnerschaft sollte selbstverständlich vorausgesetzt werden. Vielleicht passt diese Lebensform einfach gar nicht zu jedem. Und vom Geschlecht des Partners mal ganz zu schweigen. Jeder soll doch das leben können, was zu ihm passt. Die Welt ist so bunt, die Menschen sind so vielfältig. Wieso sollten alle in die gleiche Form gepresst werden?

Was ich sagen möchte, ist, dass ich es mir angewöhnt habe, wirklich alles, auch das scheinbar Selbstverständlichste, zu hinterfragen und mich zu fragen, was für MICH passt und nicht was wohl alle von mir erwarten oder was "man" eben so tut oder nicht tut.

Ich bin ein ausgeprägter Abendmensch, mag es nicht, früh aufzustehen, brauche morgens auch immer meine Zeit, bis ich bis drei zählen kann und wirklich beide Augen offen habe. Mein "Frühstück" gibt es vielleicht mal um zwölf, eher ein Uhr. Bis dahin war ich schon einige Stunden aktiv, aber essen mag ich vorher noch nichts. Ich bin kein Typ für drei feste Mahlzeiten am Tag. Ich möchte essen, wenn ich wirklich Hunger habe, nicht weil die Uhr eine bestimmte Zeit anzeigt. Und ich esse, nach was mir ist, was meinem Körper gerade gut tut und nicht das, was "gesund" ist, was "man" essen sollte. Ich spüre in mich rein und erforsche, auf was ich Appetit habe. Sicherlich esse ich bewusst und aus meiner Sicht vollwertig, aber wenn mir nach Chips ist, dann esse ich Chips. Punkt. Alkohol mag ich nicht mehr, den Geschmack ja, die Wirkung nein. Also lasse ich es. Jeder darf sich gerne betrinken. Ich mag es nicht mehr. Fleisch esse ich manchmal. Halt dann, wenn mir danach ist. Sport muss "man" auch machen, ist ja auch "gesund". ;) Wenn ich Lust habe, bewege ich mich, wie mir es gefällt, gehe spazieren, mache Yoga. Wenn ich mal keine Lust habe, dann mach ich halt nichts, weil es eben gerade nicht dran ist. Und so mache ich es mit allem. Ich schau immer, was MIR passt, was ZU MIR passt, was ich in jedem Moment brauche und erlaube mir selbst, dass es so ist und dass ich so empfinde.

Will ich gerade ans Telefon? Möchte ich die Einladung zum Geburtstag annehmen? Passt die langjährige Freundin noch in mein Leben? 

Das alles mag sich nach Kleinigkeiten anhören, aber es tut unheimlich gut, sich seinen eigenen Rhythmus und seine eigenen Neigungen zuzugestehen und sie zu leben, egal, wie alle anderen ticken. Eine Freundin von mir hat sich über Jahre hinweg für faul gehalten, weil sie nach einem Arbeitstag von 8 bis 16 Uhr zu nichts mehr in der Lage war. Nun wechselte sie in den Spätdienst und durfte feststellen, dass sie VOR der Arbeit, die nun am Nachmittag beginnt, unheimlich aktiv ist und alles mögliche geregelt bekommt. Sie hat IHREN Rhythmus gefunden und plötzlich gehts.

Jeder von uns ist ein Unikat. Jeder von uns ist eigen und speziell. Was für den einen passt, muss für den anderen noch lange nicht richtig sein. Und so ist es auch mit der Berufung, mit der Tätigkeit, die einen erfüllt und lebendig macht. Vielleicht findest du sie fernab von den "gewöhnlichen" Berufen, von den "herkömmlichen" Studiengängen und Ausbildungen. Nähere dich Stück für Stück dir selbst. Beobachte dich und finde heraus, was dir wirklich Freude macht, wann du erfüllt bist und schau außerhalb der Schubladen, außerhalb von dem, was "man" so macht und was angeblich geht und nicht geht.

Trete einen Schritt zur Seite, raus aus den alten Mustern und Normen und erkunde dich nochmal ganz neu. Schaue dich an, als ob du dich zum ersten Mal sehen würdest und frage dich:

Wer bin ich?


Viel Freude auf der Erkundungstour!
Anja

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Foto: Anja Reiche