Montag, 20. Juni 2022

Es braucht die Komm-vor-Zone

Ich muss mal eine Lanze für die Komfortzone brechen. Es ist halt wie mit allem, die Sache an sich ist nicht das Problem. Die Frage ist, was wir draus machen und wie wir die Dinge definieren und bewerten.

Die Komfortzone ist ein sicherer, bequemer Raum, in dem wir angeblich nicht zwingend mit unseren Grenzen konfrontiert werden. Das Wort Komfortzone wird gerne leicht abwertend benutzt, wenn jemand vermeintlich nicht wachsen möchte oder seinen Themen ausweichen will.

Tatsächlich sehe ich das Ganze etwas anders und mit Majas alternativer Schreibweise der Komm-vor-Zone wird auch schon deutlich, in welche Richtung es geht.

Es braucht für mich - und für ganz viele, die ich kenne - genau diesen geschützten Raum, in dem ich sicher bin, wo das Überleben gewährleistet ist, in dem meine Grenzen gewahrt werden, damit ich mich Prozessen hingeben kann, damit Dinge, Gefühle hervorkommen können, die sich nicht zeigen, wenn ich "draußen" unterwegs bin. Ich brauche diesen Rückzugsraum immer wieder, meine vier Wände, mich, ein Dach über dem Kopf, gutes Essen, meinen Space, ein Bett, Gemütlichkeit und Ästhetik, meine eigene Energie.

Die Komm-vor-Zone mag bei jedem anders aussehen. Jeder kann und mag sich wo anders öffnen und verletzlich zeigen. Der eine hat einen wunderbaren Platz im Wald, der andere seine Couch, der nächste das Wohnmobil und wieder ein anderer hat diesen Raum in Begleitung von guten Freunden, in Gemeinschaft.

Ich mag nicht generell dafür plädieren, dass wir unbedingt raus aus der Komfortzone müssen. Ich mag viel mehr die Erlaubnis aussprechen, dass wir uns maximal in ihr wohlfühlen dürfen und sie nutzen dürfen. Überraschung: Für Wachstum! Was ihr ja nicht unbedingt nachgesagt wird.

Ich könnte mir vorstellen, dass sich so mancher fetten Druck macht, weil er sich die Geschichte erzählt, dass er doch endlich mal raus aus dieser bequemen Zone müsste, dass er sich ausweicht und selbst betrügt. Das mag manchmal stimmen, doch halt nicht immer. Und eins ist sicher: In dieser Komm-vor-Zone ist es manchmal ganz schön "unbequem", wenn ich mir überlege, was mir da schon alles um die Ohren geflogen ist, weil Platz dafür war. 😉💥

Wie wäre es, wenn du in der Komm-vor-Zone bleiben dürftest? Was wäre, wenn du genau da wächst, weil du dich da öffnest, eben weil du sicher bist? Weil da Raum ist, um Gefühle zu fühlen, zu meditieren, Visionen zu empfangen, sich deine Themen in der Stille überhaupt erst zeigen?

Ich liebe meine Komm-vor-Zone. Ich achte und ehre sie und bin unfassbar dankbar, dass ich sie mir immer und überall unterwegs ermögliche. Sie ist für mich essentiell. Genauso liebe ich es, immer wieder raus zu gehen und außerhalb dieser Zone Erfahrungen zu machen. Erfahrungen, die ich dann im Rückzug wieder reflektieren und integrieren kann. Für mich ist es dieses Sowohl-als-auch.

Und für dich so?


Foto: Canva
Text: Maja Siebel
Gestaltung: Anja Reiche