Montag, 11. August 2025

Das, was ich fühle und empfinde, KANN niemanden verletzen

Rücksicht auf die Gefühle von anderen nehmen wollen, meint meistens, sie zu vermeiden. Das ist keine reife Empathie, das ist Schmerzvermeidung, Wundenmanagement, falsche Rücksichtnahme, die sehr wahrscheinlich beinhaltet, dass ich mich selbst verbiege, Themen ausspare, nicht meine Wahrheit spreche, nicht sage, was ich tatsächlich empfinde, weil es den anderen "verletzen" könnte.

Das, was ich fühle und empfinde, KANN niemanden verletzen. Es kann Verletzungen berühren, ja, die waren aber vor mir schon da. Ich bin nicht Verursacher der Wunde, ich komm bloß dran.

Will ich Gefühle vermeiden, Rücksicht nehmen, übernehme ich Verantwortung, die nicht meine ist. Bewege mich in Angelegenheiten, die nicht zu meinen gehören und ich bin nicht in meiner Wahrheit da.

Was tatsächlich verletzt ist, wenn jemand seine Gefühle in eine Aussage über den anderen packt, über sein Sein, und derjenige nicht in der Lage ist, zu reflektieren und zu bemerken, dass das nicht die Wahrheit des Moments ist. Wie in der Kindheit tausendfach passiert. Ich bekomme in mein offenes, filterloses Wesen einen Giftstachel nach dem nächsten geschoben mit Unwahrheiten über mich, weil der andere nicht die Verantwortung für seine Gefühle übernimmt. "Du bist anstrengend." Die Wahrheit wäre: "Es ist gerade anstrengend für mich." Ein himmelweiter Unterschied in der Botschaft.

In derlei Aussagen über den anderen, die eigentlich Aussage über mich sein müssten, passieren tatsächlich Verletzungen. Nicht aber, wenn ich meine Gefühle und Empfindungen ausdrücke und eine Aussage über mich treffe.

Auf was will ich also Rücksicht beim anderen nehmen und warum? Und will ich wirklich auf die Gefühle des anderen "Rücksicht nehmen" oder will ich eher auf meine Gefühle "Rücksicht nehmen" und vermeiden, wie ich mich fühle, wenn ich im anderen Gefühle ausgelöst habe?

Was ist die Motivation? Um was geht es dabei wirklich? Und wie sehr bin ich dabei in der Wahrheit über mich selbst, kann bei mir bleiben und das, was es tatsächlich in mir fühlt, ganz und ehrlich zum Ausdruck bringen? Oder tue ich mir bei dem Versuch, Rücksicht auf den anderen zu nehmen, eher selber ordentlich weh?