Mittwoch, 4. Mai 2022

BEantwortung statt VERantwortung

Mich beschäftigt immer wieder das Thema Verantwortung. In den letzten Tagen wieder verstärkt. Für meine Begriffe gibt es da ein grundsätzliches Missverständnis, eine Fehldeutung von Verantwortung. Die meisten verbinden damit Schwere, Last und Druck. Erleben vor allem auch eine Idee von Verantwortung FÜR andere, die nicht minder schwer ist als die Verantwortung für sich selbst.

Ich beobachte Erwachsene, die sich - meist unbewusst - regelrecht weigern, tatsächlich erwachsen zu werden, weil sie keine Verantwortung übernehmen wollen. Ich denke da an ewige Studenten, an jene, die keine Führungsposition übernehmen wollen, an jene, die keine Kinder in die Welt setzen möchten. Sie wollen nicht ersticken. Sie wollen von der Last der Verantwortung nicht erdrückt werden. Sie wollen nichts tun müssen, was sie nicht wollen, was sie freiwillig nicht geben würden, die Verantwortung es aber augenscheinlich von ihnen verlangt.

Es scheint nur zwei Wahlmöglichkeiten zu geben. Entweder ich übernehme Verantwortung und übernehme damit eine riesige Bürde, muss mich verbiegen und buckeln, leisten und mit ganz viel Schwere den Alltag meistern, oder ich verweigere jegliche Verantwortung, gehe keine Verpflichtungen und Verbindungen ein und erhalte mir damit die Leichtigkeit, den LeichtSinn, die Freiheit.

Verantwortung und Leichtigkeit, Verbindlichkeit und Freiheit scheinen irgendwie unvereinbar zu sein. Und ich glaube genau da ist der Denkfehler. Dieses "entweder oder".

Aus meinem Erleben, aus meinen Erfahrungen heraus, ergibt sich ein ganz anderes Bild. Liegt wohl daran, dass ich eine grundsätzlich andere Wahrheit dazu habe. Ich gehe in die Verantwortung für mich, was bedeutet, zu erkennen wer und was ich wirklich bin, begreife mein spirituelles Wesen, das geistige, kraftvolle Mitschöpferwesen, das geführt ist, von der kosmischen Intelligenz durchdrungen. Meine Verantwortung ist es, dem inneren Ruf zu folgen und so bin ich immer zur rechten Zeit am rechten Ort. Es ist keine Verantwortung FÜR mich und meinen "Lebensunterhalt" oder FÜR andere und deren Versorgung und Wohl, sondern die Verantwortung der Wahrheit meines Herzens zu folgen und das Leben selbst durch mich geschehen zu lassen.

Nicht ich trage die Verantwortung für mein Überleben, sondern das Leben trägt und lebt mich, wenn ich den Antworten folge, in die Verbindung, in die Verbindlichkeit meinem göttlichen Wesen gegenüber gehe, die Schöpfung höre und dem folge. Ein solches Leben ist leicht. Da ist der LeichtSinn. Da ist Weite und Freiraum.

Ich kann jegliche Verbindlichkeit in Leichtigkeit eingehen, für andere und Kinder da sein, für Projekte und Gruppen eine Führungsrolle übernehmen, wenn ich aus der Anbindung zum Kosmos agiere, mich selbst führen lasse und es im Herzen stimmig ist, wenn ich mich vom Leben, vom Energiefluss bewegen lasse, dahin, wo ich hin soll. Ich werde aus dieser Verbindung heraus automatisch meinem und dem höchsten Wohle aller dienen, meine Aufträge erfüllen, ohne Druck zu erleben. Wirken in Freude. Führen aus dem Selbstgeführtsein heraus.

Nicht ich muss wissen, wie wann wo was zu geschehen hat. Ich darf es mir zufließen lassen. Nicht ich muss tragen, ich darf mich tragen lassen. Nicht ich muss antworten, ich darf beantworten lassen. Vielleicht ist VERantwortung eher eine BEantwortung durch die Schöpfung selbst. Mich in der Offenheit hinzugeben und mir alles vom Leben beantworten und schenken zu lassen, was es braucht, um das tun, wofür ich hier bin, um dienen zu können, um meinen Platz einzunehmen.

Für mich geht der Weg raus aus der alten Definition von Verantwortung hinein in die Bereitschaft, sich der Beantwortung durch höhere, göttliche Instanzen zu öffnen. Dafür darf ich begreifen, wer ich wirklich bin. Dafür darf der übergeordnete Blick her. Dafür darf ich verstehen, was da wirklich durch uns und um uns wirkt. Das ist das Einzige, wofür ich mich tatsächlich im herkömmlichen Verständnis verantwortlich fühle.


Foto: Canva
Text und Gestaltung: Anja Reiche