Donnerstag, 26. September 2024

Das Mitteilen meiner Wahrnehmung ist keine Grenzüberschreitung

Ich hab's lange gedacht bzw. eine Kleine in mir hat das geglaubt. Wenn ich etwas wahrnehme, was sich von dem unterscheidet, was mir der andere erzählt, dann hatte ich ein Problem.

Hab ich es gesagt, wurde meine Empfindung, meine Wahrnehmung abgetan, oder mir genau das Gegenteil erzählt, oder ich wurde verurteilt. Hat es im anderen sehr unangenehme Gefühle ausgelöst, wurde ich auch zum Täter erklärt.

Irgendwann war es dann so, dass ich nicht mehr wusste wohin mit meiner Wahrnehmung. Ich kam in Not. Konnte oder wollte sie nicht mehr platzieren. Was mir erzählt wurde, stimmte aber hinten und vorne nicht. Die Weltbilder zu eng. Nicht nur meine Wahrnehmung hatte darin keinen Platz, sondern auch meine Erfahrungen, die oft so sehr dem widersprachen, was mir über die Situation, die Welt, das Leben, die Menschen, Gott, mich erzählt wurde.

Als Erwachsene kam ich immer wieder in diese Not. Oft schwieg ich, wenn mein Empfinden, meine Sicht auf die Dinge, meine Wahrnehmung zu sehr von denen anderer abwich. Manchmal fing ich aufgebracht an, mich zu verteidigen oder ging direkt aus dem Kontakt.

Wenn ich dann manchmal nicht anders konnte und tatsächlich gesagt habe, was ich fühle, wahrnehme oder Fragen gestellt habe, dann kam die Angst. Angst, zu weit gegangen zu sein, übergriffig gewesen, mich eingemischt zu haben in Dinge, die mich nichts angingen.

Die Tage wurde mir klar, dass ich lediglich wahrnehme, was unter/mit dem Gesagten schwingt und dass es völlig in Ordnung ist, zu sagen, dass da was komisch ist, unstimmig, nicht zusammenpasst. Mir wurde klar, dass ich damit eigentlich von mir spreche und dem, was in mir spürbar ist. Dass meine Erfahrungen und mein Blick genauso berechtigt sind und gleichwertig zu sehen.

Wenn ich also meins, das ganz anders ist, erzähle oder Fragen an den anderen habe, weil etwas unstimmig ist oder ich andere Erfahrungen gemacht habe, einen anderen Blick habe und das sage, dann ist das keine Grenzüberschreitung oder Einmischung oder ein Zuweitgehen, wie mir das als Kind vermittelt wurde.

Nein, ich lege lediglich meins dazu, schaue mit meinen Augen, prüfe mit meinem Erleben und Spüren. Diese Kleine von damals hatte keine Ahnung, dass das ihr gutes Recht ist, sogar ein Beitrag sein kann. Quasi das Gegenteil von Grenzüberschreitung.

Manchmal bin ich baff, wie lange so etwas im Untergrund wirken kann, bis die Traumalüge erkannt ist und die Info bei der Kleinen wirklich landen kann.

Ich bemerke eine große Veränderung in mir. Eine Aufrichtung und eine tiefe Ruhe. Entspannung. Ausatmen. Die Bedrohung scheint in die Erlösung zu gehen, die Not in die Heilung.

Puh! Es seufzt in mir. Gnade! 😊❤️🙏🏼