Sonntag, 27. Februar 2022

Der beste Weg, um unglücklich zu sein

Wenn du so richtig unglücklich sein möchtest, glaube alle nachfolgenden Sätze und folge ihnen ausnahmslos:

Krank sein ist falsch. Gesund sein ist richtig.

Freude ist super. Wut muss weg.

Ich muss immer nett sein. Es geht nämlich gar nicht, wenn andere blöde Gefühle wegen mir haben.

Lieben darf ich nur einen, alles andere ist Fremdgehen.

Wenn es in einer Partnerschaft keinen Sex gibt, ist sie gescheitert.

Wenn ich keine Lust auf Sex habe, ist eh was verkehrt mit mir.

Partner müssen immer im gleichen Bett schlafen und natürlich in der gleichen Wohnung leben.

Wenn eine Beziehung auseinander geht, hat man ES nicht geschafft.

Wenn die Firma pleitegeht, hat man versagt.

Wenn ein Projekt nicht zum Laufen kommt, hat man was falsch gemacht.

Wenn jemand stirbt, muss man traurig sein.

Wenn jemand ein Kind bekommt, muss man sich freuen.

Wenn eine Frau schwanger ist, hat sie glücklich zu sein.

Mama sein ist nämlich das Schönste auf der Welt.

Seine Kinder muss man lieben. Am besten alle gleich.

In einer Familie müssen sich eh immer alle lieb haben und sich regelmäßig zu allen Feiertagen treffen.

Wenn man mit jemandem nichts mehr zu tun haben will, dann hat man nur noch nicht genug vergeben oder sonst wie an sich gearbeitet.

Die Familie von meinem Partner muss mich mögen und ich sie.

Einladungen muss man annehmen.

Nach Geld darf man nicht fragen. Nach anderer Hilfe nur bedingt.

Wenn ich aber um Hilfe gebeten werde, muss ich helfen.

Man muss ans Telefon, wenn‘s klingelt und die Haustür aufmachen, wenn jemand davorsteht.

Man muss allen Verwandten, Freunden und Bekannten zum Geburtstag gratulieren.

Auf Nachrichten, Emails und Anfragen muss man antworten – wohlgemerkt auf ALLE.

Man muss lächeln und grüßen, wenn einem jemand beim Spazierengehen entgegenkommt.

Im Urlaub darf man nicht krank sein.

Gutes Wetter ist nur, wenn die Sonne scheint.

Seinen Geburtstag muss man feiern – einen runden sowieso.

An Weihnachten und Silvester darf man nicht alleine sein.

An Ostern und Weihnachten hat man allen schöne Feiertage zu wünschen.

Als Single macht man was verkehrt, sonst wäre man ja nicht alleine.

Am Hochzeitstag muss man gut drauf sein. Karneval sowieso. Und Silvester erst recht.

Seinen Kindern muss man was bieten, mindestens irgendwas Materielles vererben.

Über Geld spricht man nicht und schon gar nicht, wenn man keins hat. Wenn man viel hat, auch nicht. Mittelmäßig Geld haben ist gut, aber dann hält man trotzdem die Klappe und lebt still vor sich hin.

Wenn’s den Eltern/Kindern schlecht geht, hat’s mir nicht gut zu gehen.

Zu gut darfs einem sowieso nicht gehen, dann wird man nur übermütig und keiner will mehr was mit einem zu tun haben.

Genügsam sein ist eh gut. Nur nicht nach den Sternen greifen und auf keinen Fall Träume haben, schon gar keine großen.

Sich selbst gut finden, geht auch gar nicht. Lass das bloß sein, da wird man nur egoistisch und überheblich.
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Soll ich weitermachen, oder wird der Irrsinn deutlich?


Foto: Canva
Text und Gestaltung: Anja Reiche