Donnerstag, 11. Januar 2024

Einsam unter Menschen

Unverstanden sein. Nicht beantwortet werden. Ungehört. Niemand erreichbar. Das, was ich zum Ausdruck bringen möchte, kommt nicht an. Keine Worte finden. Zumindest scheinbar nicht die richtigen. Ohnmacht. Verzweiflung. Ungewollt sprachlos. Stumm, obwohl genügend Ausdruck da ist. Aber leider kein verstehender Empfänger. Niemand, wo die Worte landen können.

Ich spüre mein Entsetzen von damals. Die Einsamkeit. Die Trennung. Das Grauen, das sich täglich, ständig wiederholte.

Gefangen in einem Feld, das mich nicht sieht. Nicht hört. Nicht erkennt. In dem ich mich, meine Bedürfnisse, mein Befinden, mein Empfinden nicht platzieren kann. Einsam unter Menschen. Isoliert. Ohne Bezug. Ohne Beziehung. Ohne Halt. Ohne Verbindung. Ohne Kontext. Nichts greifbar. Niemand da. Nicht wirklich. Keiner zu Hause, obwohl alle zu Hause waren.

Gefangen in mir. Auf mich gestellt. Nur noch den anderen zugehört. Einbahnstraße. Selbst nicht existiert. Mich aufgegeben. Es hatte ja doch keinen Sinn.

Funktionieren und die anderen beliefern, für sie da sein, um ein Minimum an Kontakt zu bekommen. Runterregulieren. Mich dimmen. Mich zurücknehmen. Mich verlassen müssen, um "dazu zu gehören".

Immer wieder die Versuche, die anderen mit sich in Kontakt zu bringen, damit sie letztlich mit mir in Kontakt treten können. Vergebens. No way.

Da tobt ein Anteil in mir. Stumme Verzweiflung. Wahnsinnig. Panisch. Völlig von Sinnen. Schaum vorm Mund. Die Augen verdreht. Gefesselt mit dicken Tauen. Windet sich. Wund gescheuert.

Der Anteil, der nie gehört wurde. Der nie beantwortet wurde. Den ich wegsperren musste. Der nicht sein konnte. Der nur noch weg wollte und doch eigentlich, grundsätzlich, bleiben wollte, aber gesehen und gehört.

Die Qualen sind unerträglich. Diese Gefühle hätten mich als Kind umgebracht. Sie sind als Erwachsene schon kaum zu ertragen.

Ich bin mit diesem Anteil da. Fühle jetzt langsam, was verdrängt werden musste. Ich hab einen Heidenrespekt davor, spürt es sich doch nach Höllenschlund an. Ich bin bereit. Bereiter werde ich nicht.

Noch kratze ich gefühlt an der Oberfläche und ich habe keine Ahnung, wie es da jetzt weiter geht. Ich bleibe bei mir. In diesem Bild. In der Aufmerksamkeit. Im Körper. In der Wahrnehmung. In der Beobachtung. Wie immer. Es wird geschehen.

 

(Ich mag an der Stelle eins ganz deutlich sagen. Dieses Nichtbeantwortet werden hab ich als Kind erlebt. Der verletzte Anteil von damals darf gesehen, gefühlt und integriert werden. Meine Worte sind kein Vorwurf als Erwachsene an Erwachsene. Sie sind ein Ausdrücken und Benennen des nicht gesehenen Kindes in mir. Voller Bewusstheit, dass die Wunde von damals im Lichte der Bewusstheit heilen kann, dass alle damals etablierten Strategien erkannt und abgelegt werden dürfen. Mich muss nicht jeder verstehen. Es ist als Erwachsene okay, nicht beantwortet zu werden. Ohne die Verletzung von früher ist das überhaupt nicht schlimm. Wenn es jetzt dennoch noch weh tut, ist da noch eine Wunde nicht gesehen. Nach dem Erkennen und Fühlen, wende ich mich automatisch und ohne Groll denen zu, denen ich mich nicht erklären muss, die ganz selbstverständlich meine Sprache sprechen. Die Reinszenierung kann enden, wenn die Wunde erkannt ist.)