Du und ich, wir waren mal eins.
Ganz konkret, als Mensch.
Eine Seele, im gleichen Körper.
Ich erinnere – die Zeit,
die Erfahrungen, den Menschen,
Gedanken, Entscheidungen,
Gefühle, die Art.
Weiß, dass das mein Leben war,
genauso aber auch das deine.
Es kam der Punkt, da war klar,
dass es eine Teilung gibt.
Ganz natürlich,
wie die Zellen sich vermehren.
Aus eins mach zwei.
Das Feld der Erfahrungen,
es verdoppelt sich.
Auch die Möglichkeit,
sich selbst zu sehen.
Im anderen. Ich in dir.
Ich schau dich an und sehe mich.
Ich hör dir zu und lausche mir.
Dann wieder bist du so ganz anders,
als ich es eben bin.
Wir haben auch den Gegensatz gewählt.
In dir erkenne ich in mancher Weise
den anderen Pol. Das andre Ende,
das für Spannung sorgt.
Für Magnetismus, Attraktion.
Was „wir“ damals gar nicht wollten,
hab ich jetzt gewählt zu sein.
Auf diese Weise können wir
beide Seiten der Medaille
zur gleichen Zeit erfahren.
Einssein und Andersartigkeit parallel.
Das gleiche Feld nun in zwei Wesen.
Ganz bestimmt sind „wir“ noch mehr,
denn das war gewiss nicht das erste Mal.
Schlussendlich sind aus Gott so viel‘ geworden.
Auf diese Weise, immer wieder.
So geht es weiter, bis wir dann,
irgendwann
uns alle wiederfinden
in dem einen
und den wilden Reigen
ganz von vorne starten
und auch wieder nicht,
denn was wir waren
ist gespeichert,
bleibt auf ewiglich.
So bist du ich
und ich bin du.
Auch der Nachbar gehört dazu,
die nette Frau von nebenan
und der Fremde, der so grimmig schaut.
Vielleicht nicht ganz so nah,
ist das, was wir gemeinsam hatten,
dennoch ist es wahr.
Wir waren eins.
Auf jeden Fall zu allererst
und wer weiß es schon,
wann er und ich
auch mal den gleichen Körper hatten,
um dann - genau an diesem Tag -
für diesen finst‘ren Blick
uns wiederfinden wollten.
Foto: Canva Text und Gestaltung: Anja Reiche |