Mittwoch, 31. Mai 2017

Das Weltbild wankt...

Nun ist er also gegangen mein lieber Freund, hat sich auf die Reise gemacht, aufgemacht in neue Abenteuer. Ich habe neulich schon darüber geschrieben. Ihn gehen zu lassen, fühlt sich für mich gut an. Ich bin damit im Reinen. Wir haben uns verabschiedet und wenn eine Seele gehen möchte, dann kann ich das voll und ganz so sein lassen.

Was mich allerdings sehr beschäftigt ist das, was ich immerzu wahrgenommen habe, seit er vor ca. 2 Jahren diesen Tumor diagnostiziert bekommen hat. Ganz tief in mir habe ich immer gespürt, dass er leben wird. Und es ging nicht nur mir so. Andere äußert spürige Menschen, haben das gleiche empfunden. Auch die letzten Wochen, als es ihm körperlich immer schlechter ging, war diese Gewissheit in mir, dass eine Heilung möglich ist. Bis zur letzten Minute war es da dieses tiefe Gefühl von Stärke, von möglicher Heilung, von möglicher "Auferstehung". Was habe ich da wahrgenommen? Hätte er sich wirklich heilen können, wenn er seine Größe entdeckt und endlich angenommen hätte, wenn er wirklich anerkannt hätte, dass er der Schöpfer seiner Welt ist und den Tumor nicht als Feind gesehen hätte, sondern als sein Werk? Wie großartig sind wir wirklich? Normalerweise habe ich einen unerschütterlichen Glauben an unsere Macht. Gerade wankt er ein wenig. Hildegard von Bingen hat einmal gesagt, dass jede Krankheit geheilt werden kann, aber nicht jeder Mensch. Trifft das hier auch zu? Habe ich seine Größe wahrgenommen, die er nicht sehen konnte?

Es fühlt sich an, als hätte er es nicht geschafft, als wäre sein Tod eine Niederlage, die Niederlage seiner Größe. Macht mir das zu schaffen? Dieses Urteil? Prinzipiell bin ich der Meinung, dass Sterben für die Seele ein Freudenfest ist und dass keine Seele geht, ohne es wirklich zu wollen. Ist sie gegangen, weil er sie nicht gehört hat? Oder wäre sie sowieso gegangen, weil es an der Zeit war? Hätte er wirklich leben können, oder gab es diese Möglichkeit nie? Nur was habe ich dann die ganze Zeit wahrgenommen? Wo bleibt unsere Macht und unser freier Wille, wenn es diese Möglichkeit nie gab? Dass ich die ganze Zeit etwas wahrgenommen habe, diese Kraft und die Macht, ist einfach nicht wegzudiskutieren. Nur was war es wirklich? War es wirklich seine Macht? Hat er es vielleicht gebraucht, dass jemand so felsenfest an ihn glaubt und seine Größe sieht, so wie ich es die ganze Zeit getan habe? War diese Erfahrung vielleicht schon großartig genug für ihn?

Irgendwie scheint mein Weltbild gerade zu wackeln und es gibt mehr Fragezeichen als Ausrufezeichen. Die Antworten werden kommen, wie immer und mit ihr neue Klarheit. Ich bin sehr gespannt, wie sich das alles sortieren wird.

Ich danke euch auf jeden Fall fürs "Zuhören".♥
 
Foto: Anja Reiche