Donnerstag, 18. Dezember 2025

Über das notwendige Sterben der Hoffnung

Im Grunde gehört die Hoffnung den inneren Kindern. Sie sind es, die in uns hoffen, die warten, auf die Erfüllung von all dem, was ihnen tatsächlich zugestanden hätte. Die hoffen, dass es bitte nicht wieder so schlimm wird oder irgendwann doch endlich gut.

Das Krasse ist, dass diese alten Hoffnungen tatsächlich sterben müssen. Die inneren Kinder müssen eines nach dem anderen anerkennen, dass es nie mehr kommen wird, was sie wollen, dass die Katastrophe, die verhindert werden sollte oder abgewandt oder zumindest abgemildert, tatsächlich wahr ist. Damals schon wahr war.

Diese inneren Kinder versuchen unser Leben lang etwas zu vermeiden, was schon geschehen ist. Der Schmerz darüber ist schon wahr und genau in diesem Schmerz, der unaushaltbar war, sind die inneren Kinder stehen geblieben, ist der Moment eingefroren. Es konnte damals nicht gefühlt werden. Die kleinen Körper waren dafür nicht ausgelegt. Die Unterstützung der Erwachsenen dabei ist ausgeblieben. Sie waren ja auch noch die Verursacher des Ganzen.

Nun ist da dieses Programm aktiv, dass diese inneren Kinder niemals wieder das fühlen wollen, was damals unaushaltbar und schrecklich war. Dass sie das erleben wollen, was stattdessen korrekt gewesen wäre, in der Ordnung, natürlich, gesund. Sie wissen, dass da noch Rechnungen offen sind, Bedürfnisse unbefriedigt, dass Leben sich anders anfühlen müsste.

Eine ewige Suche nach dem Nichterhaltenen. Ein Habenwollen. Ein total berechtigtes Danachlechzen. Ein NiewiederDAS. Ein ewiges Hoffen.

Das nächste Krasse ist, wenn diese inneren Anteile mit meiner beobachtenden sowie mitfühlenden Unterstützung und Begleitung die Vollkatastrophe anerkennen und wir gemeinsam jetzt das fühlen können, was damals einfach unmöglich war, dann stirbt tatsächlich diese kindliche Hoffnung und das Suchen, das Getriebensein, Habenwollen tief im Inneren hört nach und nach auf. Es braucht keine Hoffnung mehr. Es ist gesehen und anerkannt was wirklich war und was für dieses Kind nie mehr sein wird.

Dann geschieht nach meiner Erfahrung Magie. Das, was die Kinder gebraucht hätten und nicht bekommen haben, existiert ja trotzdem, denn so ist das Leben selbst, wenn die Bezugspersonen den Zugang dazu nicht verhindern. Mit der Befriedung der inneren Kinder kommt das Leben in seinen natürlichen Fluss. Die inneren Kinder sind mit der Aufmerksamkeit nicht mehr bei anderen, sondern behütet bei mir. Sie strecken innerlich die Arme nicht mehr nach Menschen aus. Ich bin somit im wahrsten Sinne des Wortes in meiner Mitte, der Anbindung und stehe selbst im Fluss. Ich als Erwachsene habe Zugang zu all dem, kann erfahren, wie es als Kind schon hätte sein sollen. Ich BIN das Leben selbst.

Nun bin ich nicht mehr das Kind meiner Eltern, das diese gebraucht hätte, um in die Welt zu kommen, sondern nach und nach bin ich zum erwachsene Kind des Kosmos geworden, das voll in der Welt IST. Die Versorgung all meiner menschlichen und natürlichen Bedürfnisse kommt aus dieser Beziehung - aus der Beziehung zum Leben selbst. Die Zuständigkeit hat sich geändert. Der "Zwischenhändler" Eltern ist rausgenommen. Ich stehe in direkter Beziehung zum Leben. In dieser Beziehung braucht es keine Hoffnung mehr. Diese Beziehung ist. Sie ist eine Tatsache. Sie ist ein Statement. Sie wird erfüllt. Und ich bekomme darin alles, was ich brauche. Das ist Gewissheit.

Ich mag behaupten, dass jede Hoffnung einem inneren Kind (oder anderem Anteil) gehört, das noch auf die Erfüllung von damals wartet, das noch eine unangenehme Wahrheit anerkennen darf, das noch aus der Warteposition befreit werden möchte, mit dem Warten und Darumkämpfen aufhören und fühlend nach Hause zu mir kommen darf. Zu dem Wesen, das jetzt tatsächlich mit dem Leben selbst in Beziehung steht.

Wenn die Hoffnung stirbt, heißt das nicht, dass ich (die Erwachsene) niemals das erleben kann, worauf ich (das innere Kind) hoffe. Das Realisieren und Differenzieren dieser unterschiedlichen Ebenen in mir ist entscheidend.

Wenn die kindliche Hoffnung stirbt, ist Platz für erwachsene, reife, bewusste Gewissheit. Meine Erfahrung ist, dass die Hoffnung tatsächlich aufhört, wenn die inneren Kinder versorgt sind, es gar keinen Grund mehr für "Hoffnung haben müssen" gibt.

Ich brauche die Hoffnung nicht mehr, um zu überleben. Ich hab schon überlebt. Ich lebe schon.

Es ist also irgendwie wahr - anders als gemeinhin verstanden: Die Hoffnung stirbt zuletzt. Sie stirbt dann, wenn ich wahrhaft lebe (was auch meint, dass ich zum Sterben bereit bin). Die Hoffnung kann getrost sterben. Sie hat ihren Dienst getan. DANKE!