Montag, 24. November 2025

eigen-ständig

Prozess-Schreiben 23.11.25:

Heute fühlt es sich an, als wäre alles umsonst gewesen, als würde all dieses "mich hin zu mir bewegen und ich sein" nichts gebracht haben. In mir schon. Äußerlich überhaupt nichts. Ich bin mit dem gleichen Chaos, dem nicht in der Ordnung sein, der gleichen Schwere, Verworrenheit, Nichtverbindung und Trostlosigkeit um mich herum konfrontiert, wie in der Kindheit. (Wohlgemerkt sind das sehr, sehr subjektive Eindrücke, ausgelöst durch kleinste Kleinigkeiten vom Außen und nicht im Mindesten Ausdruck des tatsächlichen Gesamtbildes der Gegenwart.)

Was nützt es mir, wenn ich noch so sehr in mir in der Ordnung bin und im Außen ist sie nicht erfahrbar, nicht mit den engsten Bezugspersonen? Um mich rum regiert der Wahn, im Miteinander keine Harmonie erfahrbar.

Ich sitze im Chaos und bin da. Und jetzt?

Ich stelle fest, dass gerade nichts in mir noch etwas von Christian will. Tatsächlich gar nichts. Da ist nicht einmal mehr ein Vermissen. Es ist wie es ist. Kein Warten. Kein Wollen. Kein Zetern. Kein Andershabenwollen. Es ist viel mehr die totale Anerkennung der "Vollkatastrophe" und die einzige Frage gilt mir: Und jetzt?

Es ist noch nicht einmal die Frage, was ich damit (mit dem Zustand des Außens) anfangen soll. Ich will gar nichts mehr damit anfangen. Ich hab es nicht mehr in der Hand, also im tatsächlichen Sinn. Der Teil in mir, der die ganze Zeit damit etwas anfangen wollte/dachte, dass er müsste, hat es aus der Hand gelegt. Anscheinend. Das fällt mir gerade erst auf. Ich hab's nicht mitbekommen. Er will es auch überhaupt nicht mehr nehmen der Teil. Nichts wäre gerade absurder. Ist ja alles nicht seins. Er hat sich schon umgedreht, ist mit der Aufmerksamkeit ganz wo anders. Mit sich. In sich versunken.

Anscheinend hat alles in mir kapituliert. Ich erwarte überhaupt nichts mehr. Weder vom Leben, noch von Menschen. Keine Nähe. Kein Verstehen. Kein zusammen Wirken. Keine Harmonie. Keine Verschmelzung. Ganz im Gegenteil. Ich bin bei mir mit allen meinen Sinnen. Auf mich besonnen. Wie der Anteil. Interessant. Bei mir. Fertig.

Ich werde sehen.


Fortsetzung 24.11.25:

"Da sind wir ja weit gekommen", sagt da jemand in mir. Die 16-Jährige.

Es fühlt sich an, wie wieder mit nichts dastehen. Vor allem mit niemandem. Alles auf Anfang. Auf Null. Ich steh mit nichts da, alleine, und hab doch alles, was ich brauche. Nicht wie damals, als ich von zu Hause ausgezogen bin. Da hatte ich zwar alles Materielle, aber mich nicht und keine Ahnung, wie Leben tatsächlich funktioniert. Da stand ich tatsächlich - innerlich eigentlich zutiefst verzweifelt und doch gehen müssend - mit nichts da. Keinen blassen Schimmer von mir und vom Leben. Alles, was in der Kindheit an innerer, emotionaler Reifung tatsächlich hätte passieren sollen, ist ausgeblieben und vor allem stand ich da mit der Idee, ich alleine (ohne Anbindung an was Größeres, ohne Einbettung) müsste alles wissen, machen, regeln. Jetzt, heute, fühlt sich dieses "wieder mit nichts dastehen" anders an. Ganz anders. Ich hab vielleicht materiell "nichts", aber mich und - Gott sei Dank - Gott und das tiefe Wissen, wie Leben geht, auf was es tatsächlich ankommt. Halleluja!!!

Ich steh wieder alleine da. Ja. Stehe für mich, auf eigenen Beinen. Stabil. Es gibt nur mehr mich als Bezugsperson für alles, was in mir los ist. Es braucht keine andere, gesunde Bezugsperson mehr, wie das in der Kindheit nötig gewesen wäre. So viele Kinder in mir wollten noch eine gesunde, tatsächlich für sie brauchbare Bezugsperson im Außen bekommen. Endlich, bitte, und Christian hat’s einfach nicht „geliefert“. So schrecklich schön heilsam.

Ich brauch mich jetzt nur mehr zu mir in Beziehung zu setzen, mich auf mich (Gott) beziehen. Natürlich steh ich "alleine" da - mit mir. So gehört das. Ein Partner ist keine Bezugsperson im eigentlichen (kindlichen) Sinne. Ich bin die Bezugsperson für meine inneren Anteile und meine einzige, tiefe, intime, lebenslange Beziehung, der einzige Mensch, der mich verstehen und nachvollziehen muss, auch und vor allem, wenn es einen Partner gibt.

Ja, es gibt natürlich auch von außen helfende Hände, Schultern zum Anlehnen, starke Arme, die halten, ganze Wesen, die zuhören und mich voll begreifen. Keine Frage. Total notwendig und gleichzeitig fühlt es sich gerade so an, dass das alles dazu führt, im wahrsten Sinne des Wortes „eigen-ständig“ zu sein. Reif. Nachgereift. Er-Wachsen. Eben all das, was eigentlich schon in der Kindheit hätte passieren müssen. Zentriert in mir und gleichzeitig tief verbunden mit dem All-Einen. Von dieser tiefen, weiten Mitte aus, ist eine ganz andere Begegnung - mit wem auch immer - möglich.

Das klingt alles nicht neu und dennoch so unfassbar bedeutend, in neue Tiefen vorgedrungen, weitere so arg verzweifelte Anteile in mir erreicht oder besser sie mich. Endlich jemand da. Es hat so unfassbar viel gebraucht, dass sie überhaupt zum Vorschein kamen. So viel Verwurschtelung über so lange Zeit… Was für ein krasser Prozess und natürlich keine Ahnung, wo genau ich mich insgesamt befinde. Der Umgang damit und das Zurechtfinden darin hat definitiv ein neues Level erreicht. Wow. Was für eine Heilbeziehung. Donnerlippchen.