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Montag, 26. Februar 2024

Wenn Abstoßung nicht sein durfte

Ich habe so viel über mich ergehen lassen müssen. Vor allem das Zuhören müssen. Da bin ich echt geschädigter als ich bisher dachte. Auch die Pflicht mit Menschen sein zu müssen, die ich nicht mag, spült es gerade nochmal hoch. Und unter all dem brodelt das Verbot, jemanden nicht mögen zu dürfen und eben keine Zeit mit ihm verbringen zu wollen. Ich durfte nie jemanden nicht mögen. Ich konnte das zwar äußern, aber hin musste ich trotzdem. Dafür gab es nämlich Gründe.

▪️"Das ist doch deine Tante/Patin/Mutter/dein Cousin/Onkel/Opa!"
▪️"Mit denen hast du doch konfirmiert!"
▪️"Der freut sich doch, wenn du kommst!"
▪️"Der Junge hat doch dieses schlimme Handicap."
▪️"Dem würde das total gut tun!"
▪️"Geh da bloß hin, sonst beschweren die sich bei uns!"

In all dem war es egal, wie diese Menschen so drauf waren, wie scheußlich sie sich mir gegenüber verhalten haben. Es war egal, wie es mir damit ging. Wie ich mich fühlte. Was ich wollte.

Verpflichtet zum Wohlgefallen der anderen da zu sein, derer, die ich am schrecklichsten fand, schlicht abstoßend, egal was das für mich bedeutet. Lächeln, zuhören, Fragen beantworten, was Neues erzählen (und bitte das Richtige), mit den Kindern spielen, Interesse zeigen.

Da ist die Kleine in mir, die weint und wimmert und mich anfleht, sie da nie wieder hinzuschicken. Nie wieder zu Menschen, bei denen ihr Befinden, ihr Wille keine Rolle spielt. Nie wieder zu Menschen, bei denen sie sich schlicht nicht wohl fühlt, die sie beliefern soll, für die sie sich aufgeben muss, alles mit sich machen lassen muss.

Sie mag einfach mal JEMANDEN nicht mögen dürfen, das sagen und dieses Nein soll mal gelten und akzeptiert werden. Sie mag einfach mal ETWAS nicht mögen und damit sein gelassen werden. Sie mag andere unterbrechen und sagen dürfen, dass sie das nicht hören will.

Die Kleine hat so recht mit diesen Ansprüchen. Und ich bin diejenige, bei der dieses Nein an erster Stelle stehen darf. Wir zusammen - sie und ich - dürfen üben, ein Nichtgefallen auszudrücken. Eine Abneigung haben zu dürfen und ihr direkt zu folgen. Ohne mich selber innerlich hineinzudiskutieren. Mich selbst zum Hingehen, Zuhören, Bleiben zu überreden.

Hui! Eine Kunst, das von Angesicht zu Angesicht in Echtzeit zu machen. Eine Herausforderung, die mir wieder und wieder das Herz klopfen lässt. Eine große Übung. Und so not-wendig.

Es muss auch die Abstoßung ihren natürlichen Platz haben. Viel zu lange durfte sie nicht sein. Ich mag ihr genauso folgen wie der Anziehung.